Süddeutsche Zeitung

Frisch vereidigt:Hüter der Grenzsteine

Hans-Günter Mangold ist Obmann der Feldgeschworenen in Greiling

Von Monika Großkopf, Greiling

Mit der Vereidigung von drei neuen Feldgeschworenen wird in Greiling eine bayerische Tradition weitergeführt. Was nach mittelalterlichem Geheimbund klingt, ist ein modernes kommunales Ehrenamt: Feldgeschworene helfen bei der Kennzeichnung von Grundstücksgrenzen mit. Sie sind quasi die Hüter des Wissens um Gemeindegrenzen und arbeiten eng mit dem Amt für Digitalisierung, Breitband und Vermessung in ihren Landkreisen zusammen.

Hans-Günther Mangold ist seit zehn Jahren Obmann der Feldgeschworenen in der Gemeinde Greiling. Dem pensionierten Ingenieur für Feinwerktechnik ist es zu verdanken, dass die Tradition im Jahr 2009 wiederbelebt wurde. "Ich war Mitglied im Gemeinderat und habe öfters Ortsgrenzbegehungen angeregt", erzählt der 70-Jährige. "Da sind wir die Gemeindegrenzen abgelaufen und haben überprüft, ob noch alle Grenzschilder in Ordnung sind." Dabei zeigte sich, wie wichtig das Überwachen der Markierungen noch immer ist. Und so bestellte und vereidigte der Gemeinderat auf seine Initiative hin neue Feldgeschworene.

Mit einem Seminar im Vermessungsamt Bad Tölz werden die Helfer auf ihre Aufgaben vorbereitet. "Mit dem Eid verpflichten wir uns zur Gesetzestreue und zur gewissenhaften und unparteiischen Erfüllung der Aufgaben und Verschwiegenheit", fasst Mangold die Ansprüche an das Ehrenamt zusammen. In der Praxis leisten Feldgeschworene zum Teil schwere Arbeit. Erst vergangene Woche war Mangold bei einer Neuvermessung im Einsatz. Ein Landwirt wolle einen Freilaufstall auf einem Wiesengrundstück bauen, erzählt er. "Wir haben uns mit den Vermessern, dem Grundstückskäufer und dem Verkäufer vor Ort getroffen." Die Feldgeschworenen haben dort nach den Angaben der Vermesser die schweren Grenzsteine gesetzt. Das Besondere an diesem Einsatz war laut Mangold: "Eine Wiese wird ja gemäht. Damit der Granitstein nicht das Mähwerk beschädigt, wird er fünf Zentimeter unter die Grasnarbe gesetzt - da heißt es tief graben." Der Obmann der Feldgeschworenen wird auch gebraucht, wenn ein Landwirt versehentlich Grenzsteine ausackert. Denn die müssen dann ganz genau wieder eingesetzt werden.

Das Amt der Feldgeschworenen hat eine lange Geschichte. Bereits im 13. Jahrhundert schlichteten sie in Feldgerichten die Streitigkeiten um Grundstücksgrenzen. Zusätzlich zu den Grenzsteinen legten sie nur ihnen bekannte Zeichen in die Erde, eine Tonscherbe oder ein Stück Glas. So konnten sie nachweisen, dass ein Stein illegal versetzt worden war. Die Feldgeschworenen waren die Garanten dafür, dass kein Bauer heimlich den eigenen Acker vergrößerte und ungestraft davonkam.

"Vor allem am Berg ist es früher bestimmt öfter vorgekommen", vermutet Mangold. "Wenn durch Starkregen mal ein Grenzstein verrutscht ist und dann dem Rutschen auch noch nachgeholfen wurde." In solchen Fällen konnten die Feldgeschworenen mit Hilfe ihrer geheimen Zeichen beweisen, dass die Grenze tatsächlich anders verlaufen ist.

In seiner Amtszeit ist es Obmann Mangold aber niemals untergekommen, dass ein Grenzstein absichtlich versetzt wurde. Diese Zeiten seien lange vorbei, sagt er. "Heutzutage sind die Grenzen mit Laser millimetergenau festgelegt und alle im Computer. Da braucht es keine geheimen Zeichen mehr."

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Quelle:
SZ vom 16.05.2019
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