Freizeitdruck an Seen und Bergen:"Wer Straßen sät, wird Verkehr ernten"

Freizeitdruck an Seen und Bergen: Immer mehr Autos wälzen sich von Kochel am See über die Kesselbergstraße bis zum Walchensee.

Immer mehr Autos wälzen sich von Kochel am See über die Kesselbergstraße bis zum Walchensee.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Kreisvorsitzende des Bund Naturschutz kritisiert in einem "Brandbrief" die Pläne zur Entlastung des Oberlands.

Von Petra Schneider

Dass mehr Parkplätze zu einer Entlastung der Verkehrssituation am Walchensee beitragen, bezweifelt Friedl Krönauer. Die Pläne, an den Endpunkten der Mautstraße insgesamt weitere 400 Parkplätze zu schaffen, die kürzlich auch bei einem Ortstermin mit Staatssekretär Gerhard Eck (CSU) vorgestellt wurden, führen nach Ansicht des Kreisvorsitzenden des Bund Naturschutz (BN) eher zu einer Verschärfung der Situation. Die Walchenseeregion leide nicht an einem Defizit von Parkplätzen, es fehle "schlichtweg an autofreien Bereichen, die einzig der Erholung dienen". Krönauer warnt grundsätzlich vor einem Ausbau von Straßen und Parkmöglichkeiten. Denn "wer Straßen sät, wird Verkehr ernten".

Kopfzerbrechen macht dem BN nicht nur die Situation am Walchensee. "Wegen der besorgniserregenden Entwicklung hinsichtlich des Besucheransturms auf unsere Region", hat Krönauer in Absprache mit der Kreisgruppe deshalb einen fünfseitigen "Brandbrief" an die Presse versandt. Viele Probleme werden geschildert und entschlossene Maßnahmen ohne "Denkverbote" gefordert. Es gäbe "genügend Instrumente", um sensible Naturräume zu schützen und Erholungssuchenden trotzdem Naturerlebnisse zu ermöglichen. Welche das sein könnten, wird in dem Schreiben allerdings nicht genannt. Der BN sei bereit, "hier aktiv mitzuwirken", heißt es.

Freizeitdruck an Seen und Bergen: Der Platz am Walchensee wird rar.

Der Platz am Walchensee wird rar.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Aktuell verschärfe die Corona-Pandemie die Situation, schreibt Krönauer. Aber auch jahrelange "touristische Publikationen" hätten dazu beigetragen, dass die Region mit den Folgen ihrer zunehmenden Popularität zu kämpfen habe. Staus und übervolle Parkplätze, voll gestellte Straßenränder und Siedlungen bedeuteten nicht nur eine "optische Zumutung", sondern schränkten auch das Leben der Einheimischen ein, die dasselbe Anrecht auf Ruhe und Erholung hätten wie die Besucher. Krönauer nennt diverse Brennpunkte: etwa die Heckenbachklamm unterhalb von Jochberg und Graseck, die als Canyoningroute ausgebaut wurde und nun als eine Art "Freizeitpark" vermarktet werde. Steigender Andrang herrsche auch auf den Wanderwegen, was dazu führe, dass Wanderer auf einsame Steige ausweichen. Die Mountain-Bike Szene habe die Kochler Berge regelrecht "okkupiert", findet Krönauer. Tritte würden durch fehlende Fahrtechnik "weggefräst" und Wegverläufe zersplittert. Verschärft werde das Problem durch die gestiegene Zahl von E-Bikern. Kritik übt der BN-Kreisvorsitzende auch an Klettersportlern. Seit Jahrzehnten gelte Kochel als Dorado der Kletterszene. In jüngster Zeit seien allerdings zu den vorhandenen mehr als 500 Routen immer neue hinzugekommen. Teilweise würden Wände mit dem Dampfdruckreiniger "geputzt" und Leitern und Stege auch in FFH-Gebieten in den Fels geschlagen.

Kiter und Stand-Up Paddler am Kochelsee, Wandererscharen in den Loisach-Kochelseemooren - die Liste ist lang. Was der BN an den bisherigen Diskussionen "und dem Lamento wegen der Überbeanspruchung" vermisst, sind die nachhaltigen Auswirkungen auf die Naturräume. Wenn überhaupt, dann werde dies höchstens in Zusammenhang mit der Müllproblematik thematisiert. Die negativen Auswirkungen müssten aber die Naturräume verkraften, warnt Krönauer. Entschiedenes Handeln sei nötig, sonst leide mittel- und langfristig auch die touristische Attraktivität der Region.

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Freizeitdruck an Seen und Bergen: Wegen Überfüllung geschlossen.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

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