Freizeit und Natur:Alle ins Boot

Isar - Isarschnellen - Isarburg

Für 2019 hat Landrat Josef Niedermaier eine Verordnung angekündigt, um Fahrten mit Kajaks, Kanus oder Schlauchbooten auf der Isar zu reglementieren.

(Foto: Manfred Neubauer)

Damit die Isar nicht weiter die Balance zwischen Touristenattraktion und Naturschutz verliert, setzt der Verein "Rettet die Isar" auf einen Gedankenaustausch mit Tourenanbietern. Strittig bleibt die Frage der Kontingentierung, im Raum stehen Lizenzen ähnlich der "Pickerl"

Von Klaus Schieder, Lenggries

Die Isar soll für Karl Probst und seine Mitstreiter alles andere als eine Event-Arena sein. Im Grunde genommen ist sie das aber schon seit Jahren. An schönen Tagen kommen zunehmend Freizeittouristen aus dem wachsenden Großraum München in den Landkreis, immer neue Sportarten wie das Stand-up-Paddeln entstehen, von kommerziellen Anbietern werden immer mehr Touren organisiert. "Ich glaube, dass unser Gebiet zu klein ist, um ein Kleinkanada abzubilden für Leute aus München", sagt der Vorsitzende des Vereins "Rettet die Isar". Deshalb hatte er drei Anbieter gewerblicher Bootstouren zu einem Gedankenaustausch nach Lenggries eingeladen. Die Schnittmengen zwischen Naturschützern und Firmenvertretern waren in diesem Diskurs größer als erwartet.

Für die Saison 2019 hat Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler) eine Verordnung angekündigt, um die Fahrten mit Kajaks, Kanus oder Schlauchbooten auf der Isar zu reglementieren und zu beschränken. Die gewerblichen Anbieter haben grundsätzlich nichts gegen solche Regeln auf dem Fluss einzuwenden. Ihre Sprecher Martin Held von der Montevia GmbH aus Lenggries und Sibylle Braune von der Eventagentur "Sport-Piraten" aus München verwahrten sich allerdings gegen die Rolle als "Sündenböcke für alles, was auf der Isar passiert". Eine Regelung sei gut für alle, meinte Held. "Aber diese Regelung sollte mit uns Profis gemacht werden - das ist etwas, was bisher zu wenig geschieht." Ähnlich äußerte sich Braune. "Wir wollen Regeln, wir wollen gemeinsam etwas erreichen, aber wir sind nicht die Buhmänner der Nation", sagte sie.

Seine Vorstellungen, wie die Isar vor dem zunehmendem Freizeitdruck geschützt werden soll, hatte der Verein dem Landratsamt bereits in einem Schreiben mitgeteilt. "Irgendwo muss es ja ein Limit geben", sagte Probst. In der Debatte mit den Tourenanbietern gab es mehr Konsens als Dissens zu den einzelnen Forderungen. So sind sich beide Seiten grundsätzlich einig, dass Bootsfahrten im Winterhalbjahr verboten sein sollen. Einig waren sie sich auch darin, dass die obere Isar zwischen der Landesgrenze und dem Sylvensteinsee unangetastet bleibt. Dieses Naturschutzgebiet sei ein Juwel, sagte Probst. Deshalb solle es eine Wild- und Ruhelandschaft bleiben, auch für Tiere. "Da sind wir voll bei Ihnen", erwiderte Heiko Fröhlich von der Montevia GmbH. Eine weitere Übereinstimmung herrschte auch darin, dass die Isar nachts nicht genutzt wird. In der Dunkelheit sei sowieso keiner auf dem Fluss unterwegs, so Fröhlich. Das Gebot der Nachtruhe müsste also vor allem für Partygäste gelten.

An einer Lizenzierung der Freizeitfirmen, die Bootsfahrten anbieten, hatte Sprecher Held im Prinzip auch nichts zu beanstanden. "Diese Idee halten wir für sinnvoll, denn Qualität und Standards müssen festgelegt sein, da geht es auch um die Sicherheit", sagte er. Schwieriger ist die Frage der Kontingentierung. Die Naturschützer wünschen sich eine solche Beschränkung, was die Zahl der Boote und Fahrten angeht. "Wir sind in Lenggries darauf angewiesen, dass wir nicht alle touristischen Möglichkeiten nutzen", sagte Probst. "Wir sind nicht Ischgl." Dem hielt Held entgegen, dass er es für "nicht in Ordnung" fände, wenn eine Firma, die 5000 Gäste habe, gesagt bekäme, sie dürfe nur 3000 haben. "Dann können wir zumachen." Für Isarranger Kaspar Fischer wäre eine solche Regelung nicht zu überprüfen. "Ich kann nicht kontrollieren, ob eine Firma 5000 Gäste die Isar runterfährt", sagte er.

Uneins waren sich beide Seiten, ob das Bootfahren bei einem niedrigen Pegelstand untersagt werden soll. "Bei Niedrigwasser ist das schon ein Problem", meinte Probst. Vor allem dann, wenn die Boote über Flachwasserzonen gezogen würden, was die Bodenstruktur des Flusses störe. Oder auch über Laichgebiete von Fischarten wie der Mühlkoppe. Dann müsse man die Isar komplett sperren, entgegnete Held. Auch Badegäste könnten ja darüber trampeln. Außerdem, so der Sprecher, müsse man erst mal "den Beweis bringen, dass Boote den Fischbestand wirklich gefährden". Held befürchtet, dass Argumente wie Niedrigwasser oder Kontingentierung schlussendlich dazu dienen sollen, das Bootfahren überhaupt zu verbieten.

Wie die Balance zwischen Naturschutz und Touristen gelingen kann, zeigt für Heiko Fröhlich das Beispiel des Flusses Soça (Sotscha) in Slowenien. Dort würden Lizenzen fürs Bootfahren verteilt, auch an Einzelpersonen, erzählte er. Wer kein solches Pickerl habe, zahle ein saftiges Bußgeld. Mit den Einnahmen würden beispielsweise Ranger angestellt, die an jeder Ein- und Ausstiegsstelle stünden, oder auch Wege angelegt. Dieses Modell stelle er hierzulande schon seit Jahren vor, stoße aber damit nur auf taube Ohren, kritisierte Fröhlich.

Die Tourenanbieter verwiesen obendrein auf ihre Bildungsarbeit, die sie ihren Kunden angedeihen lassen, und auf ihren Stellenwert in einer Region, die vom Tourismus lebt. "Wir sorgen auch dafür, dass hier Gaststätten überleben", meinte Daniela Werner von "Ferien und Freizeit Isarwinkel" (FFI) aus Lenggries. Das mochte Probst den Freizeitfirmen gar nicht absprechen. "Aber das ändert nichts daran, dass sie erheblich zur Vermehrung und Vermassung beitragen, denn die Leute kämen gar nicht her, wenn es diese Events nicht gäbe", sagte Probst.

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