Süddeutsche Zeitung

Freizeit im Oberland:"Das wird nicht weniger"

Die Bayern-SPD entdeckt das Zwei-Seen-Land und dessen Verkehrsprobleme - und verspricht Hilfe aus München.

Von Alexandra Vecchiato

Alles braucht seine Zeit. Auch eine Busfahrt von Walchensee nach Kochel. So heißt es zunächst warten am Mittwochabend. Florian von Brunn und Markus Rinderspacher haben sich angekündigt. Thema sollen die akuten Verkehrsprobleme durch Übertourismus an Walchen- und Kochelsee sein. Die beiden SPD-Landespolitiker wollen sich mit den hiesigen Genossen austauschen. Der Freistaat dürfe die Landkreise mit den Verkehrsproblemen in Tourismusregionen infolge der Corona-Krise nicht allein lassen, zieht Brunn, der Umweltexperte seiner Fraktion, das Fazit.

Mit Zug und Bus sind die beiden SPD-Politiker an diesem Tag unterwegs - sozusagen ein Selbstversuch, ob öffentlicher Personennahverkehr eine echte Alternative zum eigenen Pkw im Zwei-Seen-Land sein kann. Das Experiment glückt gerade so. Mit 15 Minuten Verspätung kommt Brunn in Kochel zum Pressetermin an. Rinderspacher ist gar nicht mehr dabei. Er hat von Walchensee aus die Rückreise gen München angetreten. Wer mit öffentlichen Verkehrsmitteln auf dem Land unterwegs ist, braucht halt Geduld - und eben viel Zeit. Kaum angekommen, hat es Florian von Brunn eilig. Eine Dreiviertelstunde kann er erübrigen, um sich mit Vertretern des Kochler SPD-Ortsvereins und Sebastian Salvamoser, dem Organisator der für Samstag im Ort geplanten Demo "Ausbremst is", auszutauschen. Dann muss er zum Zug.

Harsche Kritik übt der SPD-Umweltexperte am amtierenden Kochler Bürgermeister Thomas Holz (CSU). Er rede wohl nur viel, handle aber nicht, sagt er. Das sieht der ehemalige Ortsvereinsvorsitzende Bernhard Schülein ebenso. Seit Langem verschärfe sich die Verkehrsproblematik in der Gemeinde. Auch wenn sich die Lage besonders durch die Corona-Pandemie und die einhergehenden Reiseeinschränkungen zugespitzt habe, wie die Grande Dame der hiesigen SPD, Monika Hoffmann-Sailer, zugibt.

Einig sind sich die Sozialdemokraten, dass es der falsche Weg sei, weitere Parkplätze auszuweisen. Mehr Stellflächen zögen nur mehr Ausflügler an. Dass an der sogenannten Blessing-Kurve weder ein Kreisverkehr noch eine Ampelanlage in der Vergangenheit errichtet worden sei, versteht Brunn nicht. In früheren Jahre habe es stets geheißen, dass solche Maßnahmen dort nicht machbar seien, erzählt Schülein.

Dass sich in einer Post-Corona-Zeit die Verkehrsprobleme wieder legen könnten, mag keiner der Anwesenden glauben. Die Menschen, die früher nach Mallorca flogen, hätten nun die eigene Heimat für sich entdeckt, ist sich Brunn sicher. Salvamoser verweist auf das stetige Wachstum im Ballungsraum München. "Das wird nicht weniger", sagt er.

Also braucht es Lösungsansätze. Dass die nicht schnell umsetzbar sein werden, wird ebenso schnell deutlich. Die Polizei müsse personell aufgestockt werden, um regelmäßige Kontrollen an Kochel- und Walchensee durchführen zu können. Denn ein Beamter in Uniform mache mehr her als ein Walchensee-Ranger. Brunn sagt zu, er werde das Gespräch mit den Bayerischen Staatsforsten suchen, in deren Zuständigkeit weite Teile des Walchensee-Südufers liegen. Eventuell müsse Druck aufgebaut werden, damit was geschehe. "Es kann nicht angehen, dass 4000 Autos auf Parkplätze gelassen werden, die nur für 900 ausgelegt sind."

Bis all die Ideen greifen, steht zunächst die Demo zur Verkehrswende im Oberland an diesem Samstag (10 Uhr, Trimini-Parkplatz) an. Florian von Brunn will auf alle Fälle dabei sein.

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Quelle:
SZ vom 21.08.2020
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