Freizeit:Die gefährlichsten Stellen für Radfahrer

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Immer mehr Menschen im Landkreis treten in die Pedale, immer mehr werden aber auch verletzt. Einige Brennpunkte sollen bald entschärft werden.

Von Arnold Zimprich und David Costanzo, Bad Tölz-Wolfratshausen

Der Landkreis ist ein Traum für Radfahrer - Hunderte Kilometer geht es an Isar und Loisach entlang, über die Felder, Berge hinauf und wieder hinunter. Freizeitpedalisten, Berufspendler und Fernfahrer in alle Himmelsrichtungen kreuzen ihre Wege. Doch nicht überall zwischen Icking und Lenggries läuft es rund. Die Zahl der verletzten Radfahrer steigt von Jahr zu Jahr - zuletzt waren es 164. Mancherorts beklagen Experten wie etwa vom Allgemeinen Deutschen Fahrrad-Club (ADFC) Brennpunkte und Gefahrenstellen. Viele davon sind bekannt, einige werden entschärft. Ein Überblick:

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Der Isarradweg quert in Geretsried die Staatsstraße.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

In Bad Tölz teilen sich Kurgäste und Radler die Promenade.

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(Foto: Harry Wolfsbauer)

An der Penzberger Autobahnauffahrt müssen Radler stoppen, obwohl sie auf der Hauptstraße kommen.

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(Foto: Hartmut Pöstges)

Eng ist es in Wolfratshausen an der Sauerlacher Straße.

Gefährliche Straße in Geretsried

Ausgerechnet die wohl gefährlichste Stelle im Landkreis ist gleichzeitig eine der meistbefahrenen: An der Kreuzung des Isarradwegs mit der Staatsstraße 2369, der Tattenkofener Straße, wurde 2009 ein Radfahrer von einem Kleinbus erfasst, der 56-Jährige starb. 2014 überlebte ein Rentner einen Unfall schwer verletzt. Der ADFC warnt in seinen Tourenbeschreibungen in roter Schrift vor der Stelle, die an manchen Wochenenden 1000 Radfahrer queren, während die Autofahrer auf der pfeilgeraden Staatsstraße mit bis zu Tempo 100 vorbei rasen. Zumindest vom kommenden Jahr an soll die Strecke entschärft werden: Das Geretsrieder Rathaus will eine Unterführung bauen. Die Kosten von 1,2 Millionen Euro sollen zur Hälfte vom Leader-Projekt der EU bezuschusst werden. "Diese Unterführung rettet Leben", sagt Andreas Wüstefeld, der die Leader-Gruppe im Landratsamt koordiniert.

Innerhalb der Stadt sieht Nikolaus Wiedemann vom ADFC nur kleinere Probleme: Er fordert weitere Tempo-30-Zonen und die vollständige Absenkung von Straßeneinfahrten - speziell in den Wohngebieten. Die Randsteine seien zwar nur wenige Zentimeter hoch. "Das reicht aus, um für Radler zur gefährlichen Falle zu werden." Ein Beispiel dafür sei die Einmündung der Grund- auf die Jeschkenstraße.

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Schlaglöcher im Isarradweg

Neben der Querung der Staatsstraße in Geretsried sollen zwei weitere Stellen der "Via Bavarica Tyrolensis" Richtung Tirol, die bis nach Venedig weiterführt, sicherer werden. Die Leader-Gruppe hat dazu eigens ein Paket "Gefahrenbeseitigung Isarradweg" geschnürt: Königsdorf will auf seinem Gemeindegebiet für 27 000 Euro Schlaglöcher und Schotterabschnitte ausbessern, berichtet Wüstefeld. Und Gaißach will den Isarsteg in Obergries für 52000 Euro mit höheren Geländern ausrüsten. Beides wird zur Hälfte gefördert. "Das sind echte Gefahrenstellen", sagt Wüstefeld, es gehe nicht um Verschönerungen oder Asphaltierungen. "Das wird ein alpiner Radweg bleiben, der nicht mit dem Rennrad befahrbar ist." Das Paket sei auch nicht ein für allemal geschnürt. "Es könnte sein, dass weitere Projekte folgen."

Studie für Wolfratshausen

In der Loisachstadt gibt es laut dem Wolfratshauser ADFC-Chef Werner Grimmeiß mehrere Brennpunkte für Radfahrer. Zwei davon sollen jedoch auf absehbare Zeit entschärft werden - die Königsdorfer Straße und die Sauerlacher Straße. "Es gibt dicke Bretter zu bohren", gibt Susanne Leonhard vom städtischen Bauamt zu, denn das Weilheimer Straßenbauamt stellt sich beim Radweg in der Sauerlacher Straße zwischen Bahnübergang und Friedhof bis dato quer. Doch eine Machbarkeitsstudie mit der Aktionsgemeinschaft fahrradfreundlicher Kommunen läuft.

Entlang der Königsdorfer Straße habe die Stadt schon vor Jahren Grund erworben, berichtet Leonhard. Ursprünglich sollte ein zwei Meter breiter Streifen je zur Hälfte der Straße und dem Gehweg zugeschlagen werden, um Platz zu schaffen. Noch sei auch hier nicht ganz klar, wie es für Radler letzten Endes aussehen wird.

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Es bleiben Problemstellen, beispielsweise die Kreuzung der Königsdorfer Straße mit der Schießstättstraße/Pfaffenrieder Straße. Wer mit dem Rad zur Hauptverkehrszeit vom Radweg nach links in das Gewerbegebiet am Hans-Urmiller-Ring abbiegen möchte, sieht sich gleich mehreren Hürden gegenüber: den hohen Bordsteinen, der unübersichtlichen Unterführung der B 11 sowie der Herausforderung, sich mit dem Rad zwischen die meist dicht an dicht stehenden Autos hindurchquetschen zu müssen. "Um Abhilfe zu schaffen, müsste man tief in die Radverkehrsführung eingreifen", sagt Grimmeiß.

Vorfahrt achten in Penzberg

Wer auf dem Radweg entlang der Staatsstraße 2063 Richtung Iffeldorf die Garmischer Autobahn A 95 unterquert, steht vor einem Widerspruch: Autos auf der Staatsstraße haben Vorfahrt vor Fahrzeugen, die von der Autobahn kommen, die Radfahrer in gleicher Richtung aber nicht - entgegen der üblichen Regelung im Straßenverkehr. Noch dazu ist der Radweg kaum erkennbar. Im Juni wurde das einer 31-jährigen Rennradlerin zum Verhängnis: Sie übersah das Auto eines Münsingers und wurde schwer verletzt. Die Gefahrenstelle ist bekannt. "Wir sind aktuell dabei, in Zusammenarbeit mit dem Landkreis ein neues Radwegekonzept zu erstellen. 2018 soll es bereits umgesetzt werden", sagt Manfred Broichhaus vom ADFC Weilheim-Schongau. "Dabei kommen auch Konfliktpunkte wie die Autobahnauffahrt zur Sprache." Der Impuls sei von höchster Stelle gekommen: "Landrätin Andrea Jochner-Weiß regte das Konzept an."

Auf engstem Raum in Bad Tölz

In der Kurstadt gibt es nach Ansicht von Camilla Plöckl vom Arbeitskreis Radeln und Gerhard Krapp vom Tölzer ADFC manches zu verbessern. "Tölz ist ein Knotenpunkt für den Radverkehr. Die Via Bavarica Tyrolensis kreuzt hier den Bodensee-Königssee-Radweg, dazu haben wir noch kürzere lokale Radwege und Fitness-Routen", sagt Plöckl, die auch für die SPD im Stadtrat sitzt. Sie wünscht sich eine klarere Beschilderung und eine bessere Routenführung - zum Beispiel in der Karwendelsiedlung oder an der Isarpromenade, wo das Nebeneinander von Kurgästen, Urlaubern, E-Bikern und Fernradlern regelmäßig zu heiklen Situationen führe. "Der Weg ist hier schlicht zu schmal", sagt Plöckl. "Würde man ihn verbreitern sowie Fuß- und Radverkehr trennen, wäre schon viel passiert."

Auch mit der Situation in der Marktstraße sind die Tölzer Radl-Strategen noch nicht glücklich. Zwar stelle die Öffnung der Fußgängerzone für Radfahrer zwischen 21 Uhr und 9.30 Uhr eine Verbesserung dar. Wer jedoch untertags die Stadt durchqueren will, hat es schwer. "Die Osterleite ist steil und vom Autoverkehr stark belastet." Man könnte am oberen Ende des Schulgrabens einen Radaufzug installieren - das norwegische Trondheim macht so etwas vor. "Viel ist schon angesprochen worden", resümiert Plöckl. "Aber zu wenig wurde auch umgesetzt."

© SZ vom 22.07.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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