Soziales Engagement nach der Schule:Junge Menschen dringend gesucht

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Die Volunteers bei Don Bosco unterstützen Kinder und Jugendliche mit individuellen, sozialen oder gesellschaftlichen Problemen. (Foto: Don Bosco Volunteers / Annette Hempfling/oh)

Die Einführung des G9 an bayerischen Gymnasien führt 2025 zu weniger Abiturienten – und damit zu weniger, die einen Bundesfreiwilligendienst absolvieren. Die Politik soll’s richten.

Von Tim Jost, Bad Tölz-Wolfratshausen

Durch die Rückkehr zum neunstufigen Gymnasium stehen die Freiwilligendienste in Bayern vor einer Herausforderung: Mit dem G9-System gibt es 2025 deutlich weniger Abiturienten und damit auch weniger Kandidaten für einen solchen Einsatz. Nach Angaben des Kultusministeriums werden statt der normalerweise üblichen 35 000 bis 40 000 Abiturienten lediglich 5000 bis 10 000 im nächsten Jahr ihr Abitur absolvieren. Das hat gravierende Folgen für alle, die junge Leute im Freiwilligen Sozialen Jahr (FSJ) brauchen. Sie wünschen sich nun Hilfe aus der Politik.

Magdalena Wiesinger, Sozialarbeiterin der „Don Bosco Volunteers“ in Benediktbeuern, unterstreicht die Bedeutung der Freiwilligendienste. Bei dieser Arbeit handele es sich um einen „wichtigen gesellschaftlichen Beitrag“, die auch die persönliche Entwicklung junger Menschen fördere, sagt sie. Die Don Bosco Volunteers setzen sich im In- und Ausland für Kinder und Jugendliche ein, die aufgrund von individuellen, sozialen oder gesellschaftlichen Problemen Unterstützung benötigen. Ihnen stehen die FSJler mit Spielangeboten, Hausaufgabenbetreuung, Fahrdiensten und Alltagsbegleitung zur Seite.

Magdalena Wiesinger ist Sozialarbeiterin bei Don Bosco. (Foto: Don Bosco Volunteers / Christoph Sachs/oh)

Etwa die Hälfte der Volunteers in Benediktbeuern sind junge Menschen, die nach dem Abitur kommen. Magdalena Wiesinger befürchtet, dass viele Zusatzangebote wegfallen müssen, weil diese Schulabgänger nun fehlen. Das wirke sich auch negativ auf die Qualität der angebotenen Leistungen aus, warnt sie: „Es fehlt dann jemand, der Zeit zum Spielen hat, der das Mittagessen in der Berufsschule austeilt oder der sich auch mal individuell um ein Kind kümmern kann.“

Auch der „Erinnerungsort Badehaus“ in Waldram bietet Freiwilligendienste an, 90 Prozent der Freiwilligen sind dort zurzeit Abiturienten. Wie der stellvertretende Vorsitzende Jonathan Coenen erklärt, befürchte man einen Rückgang der Bewerbungen. Um das Problem zu lösen, setzt die Erinnerungsstätte verstärkt auf Werbung in den Real- und Mittelschulen und möchte auch junge Leute, die schon etwas älter sind, für ein soziales Jahr begeistern.

Höheres Taschengeld und kostenlose Fahrt im öffentlichen Nahverkehr

Die Freiwilligendienste fordern nun eine Reaktion der Politik. Es sollen Anreize geschaffen werden, um das FSJ attraktiver zu machen. Magdalena Wiesinger schlägt vor, dass die jungen Teilnehmenden den öffentlichen Nahverkehr kostenlos nutzen dürfen und ein höheres Taschengeld erhalten sollen. Das fordert auch die deutschlandweite Petition „Freiwilligendienst stärken“, die beim Petitionsausschuss um eine Erhöhung der Mittel von Bund und Ländern kämpft. Der Bund hatte geplant, die Zuschüsse für die Angebote zu kürzen, dies konnte jedoch durch den Druck der Kampagne verhindert werden.

Aus dem bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales heißt es auf Anfrage, dass die Thematik bekannt sei. Das Ministerium stehe im ständigen Austausch mit den Trägern, um gemeinsam Lösungen zu erarbeiten. Außerdem seien schon Maßnahmen getroffen, um den Freiwilligendienst reizvoller zu machen. Die FSJler erhielten ein um 20 Euro ermäßigtes Deutschlandticket. Zudem können sie die Bayerische Ehrenamtskarte beantragen, mit der sie bei verschiedenen Anbietern Vergünstigungen erhalten und kostenlos die bayerischen Schlösser und Museen besichtigen können.

In der Bundespolitik gibt es bei der Debatte um die Rückkehr zur Wehrpflicht auch die Forderung nach einem verpflichtenden Gesellschaftsjahr. Die CSU fordert, dass Frauen und Männer für mindestens sechs Monate bei der Bundeswehr, in Vereinen oder in sozialen Einrichtungen einen Dienst leisten müssen. Dies würde mehr Menschen zu den Trägern der Freiwilligendienste bringen. Für die Rekrutierung von Freiwilligen, die 2025 die ausbleibenden Abiturienten ersetzen, dürfte dies allerdings kaum rechtzeitig kommen.

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