Freie Wähler Geretsried:G 9, Wahlrecht, Asyl

Freie Wähler Geretsried: Einmal im Monat bieten die Freien Wähler Geretsried einen Diskussionsabend; diesmal mit dem Landtagsabgeordneten Florian Streibl (3.v.r.).

Einmal im Monat bieten die Freien Wähler Geretsried einen Diskussionsabend; diesmal mit dem Landtagsabgeordneten Florian Streibl (3.v.r.).

(Foto: Hartmut Pöstges)

Mitglieder diskutieren mit ihrem Abgeordneten Florian Streibl

Von Wolfgang Schäl, Geretsried

Die Asylpolitik, der Wahlrechtsstreit zwischen der CSU-Landtagsfraktion und Ministerpräsident Horst Seehofer sowie Bildung und Ausbildung, speziell die Dauerdebatte um das acht- beziehungsweise neunstufige Gymnasium (G 9) in Bayern: Die Freien Wähler Geretsried haben am Donnerstag einen ausgedehnten, zweistündigen Streifzug durch kommunal- und landespolitische Themen unternommen. Gesprächspartner im Geltinger "Neuwirt" war der Landtagsabgeordnete und FW-Bezirksvorsitzende Florian Streibl, der sich veranlasst sah, mit Blick auf den Streit zwischen Seehofer und seiner Fraktion die Vor- und Nachteile der verschiedenen Auszählverfahren zu erläutern.

Wie in den vergangenen Tagen allseits berichtet, strebt es die Unionsfraktion an, im Rahmen einer Wahlrechtsreform vom jetzt praktizierten Hare-Niemeyer-Verfahren zum Auszählmodus nach D'Hondt zu wechseln, das tendenziell größere Parteien bevorzugt. Dies kritisiert Seehofer scharf, er wirft den Mandatsträgern seiner Partei vor, verantwortungslose Politik ausschließlich zum eigenen Nutzen zu betreiben, was zu einem Vertrauensverlust durch die Wähler führen werde. So sehen es auch die Freien Wähler. "Denen ist das nicht peinlich, die nutzen das System gnadenlos aus nach dem Grundsatz: Mia san die Mehrern," kritisierte Streibl. Der Ministerpräsident rege sich zu Recht über die Pläne seiner Fraktion auf.

Zum Thema Kollegstufe sagte Streibl, hier gehe in Bayern wie in anderen Bundesländern der Trend wieder zum G 9. Kultusminister Ludwig Spaenle strebe bis zum Sommer eine Entscheidung an, äußere sich aber nur sehr ungenau. Vermutlich laufe die Entwicklung zum neunstufigen Gymnasium "mit Überholspur", die es guten Schülern ermögliche, eine Klasse zu überspringen. Weniger Stress werde dies für die Kollegiaten aber kaum bedeuten, wenn, wie dies offenbar geplant sei, auf das G 9 nun wieder "zusätzliche Stunden draufgesattelt" werden, sagte Streibl. Das G 8 sei mittlerweile "weitgehend tot, aber Spaenle eiert weiter". Der Abgeordnete versicherte, "dass das G 9 zwar Sinn macht", dass es aber nicht darum gehen könne, jetzt wieder zu viel Stoff "durchzupeitschen". Den Schülern müsse "mehr Zeit zum Reifen" gegeben werden. Durch den Bologna-Prozess, der Studiengänge europaweit normiert, werde auch der Universitätsbetrieb total verschult. "Da generiert man Fachidioten."

Die Diskussionsteilnehmer äußerten mit Blick auf die anhaltend unklare Situation Mitleid mit den Schuldirektoren - das seien wirklich "arme Säue". Und für viele Studienanfänger sei es ein Schock, plötzlich in Hörsälen mit 600 Studenten zu sitzen, ganz zu schweigen von der dann folgenden rücksichtlosen Auslese, hieß es. Da stelle sich die Frage, ob denn wirklich so viele Gymnasiasten auf die Universitäten wechseln müssten. Hier beobachte er tatsächlich "ein Umdenken in der Bevölkerung", bestätigte Streibl. Man dürfe nicht alles "verakademisieren", das hierzulande praktizierte Duale System bei der Berufsausbildung sei auch aus wirtschaftlicher Sicht "eine wahnsinnige Stärke".

"Viele Ungereimtheiten" gibt es nach Streibls Worten beim Fragenkomplex Asylsuchende und Ausbildung. Auf die Frage eines Diskussionsteilnehmers erläuterte der Abgeordnete die Rechtslage, die darauf hinauslaufe, dass ein eigentlich abgelehnter Asylsuchender, der über einen unterzeichneten Ausbildungsvertrag verfüge, vom Landratsamt jederzeit eine Duldung erwirken könne. Er müsse nur hingehen. Vielen aber sei das nicht klar. Ohne einen solchen Ausbildungsvertrag drohe die Abschiebung. Weil dieses Verfahren in Bayern "ziemlich holprig" ablaufe, werde die Integration immer wieder erschwert, was nicht nur für die Betroffenen - meistens Afghanen - höchst problematisch sei. "Sowohl der Flüchtling als auch der Arbeitgeber braucht Rechtssicherheit", sagte Streibl.

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