Franziskanerinnen vor dem Auszug:Streit um die Heimat der letzten Schwestern

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Die Kontroverse um die Zukunft des Klosters Reutbergs spitzt sich zu: Das Erzbistum treibe die Auflösung des Ordens aus Interesse an Gebäuden und Ländereien voran, sagt Sachsenkams Bürgermeister. Das Ordinariat dementiert.

Von Klaus Schieder, Sachsenkam

In der Kontroverse über die Zukunft des Klosters Reutberg wird der Ton schroffer. In seiner Rede beim Josefifest hatte Johann Schneil darauf hingewiesen, dass das Klostergebäude und sämtliche Ländereien an das Erzbistum München und Freising fielen, wenn die beiden betagten Franziskanerinnen ausziehen müssten. Damit ließ der Bürgermeister von Sachsenkam deutlich anklingen, warum die Erzdiözese aus seiner Sicht an der Auflösung des Konvents interessiert sei. Diesen Verdacht weist Gabriele Rüttiger vehement zurück. "Wir wünschen uns, mit den Menschen vor Ort konstruktiv an der Zukunft des Klosters zu arbeiten", sagt die Leiterin des Ressorts für Grundsatzfragen im Erzbischöflichen Ordinariat. Dies sei jedoch nicht möglich, wenn man als Gegner wahrgenommen werde. "Oder der Erzdiözese gar öffentlich vom Bürgermeister von Sachsenkam unterstellt wird, sie wolle den Orden auflösen, um an den materiellen Klosterbesitz zu kommen."

Das Kloster Reutberg besteht heuer seit 400 Jahren. Im Moment leben darin nur noch Schwester Maria Augustina, die mit 86 Jahren der Pflege bedarf, und Maria Faustina, die ebenfalls nicht mehr jung ist und sich um ihre ältere Mitschwester kümmert. Es ist kein Geheimnis, dass die beiden Ordensfrauen gerne auf dem Reutberg bleiben und nicht in ein Seniorenheim umziehen möchten. "Das ist ihre Heimat", sagt Gerald Ohlbaum, Vorsitzender des Vereins "Freunde des Kloster Reutberg".

Aber es sieht nicht danach aus, dass sich der Wunsch der beiden Nonnen erfüllt. Schon 2013 habe die Religiosenkongregation, die im Vatikan für die Orden zuständig ist, den Schwestern mitgeteilt, dass eine Auflösung des Konvents unvermeidlich, sei, berichtet Bettina Göbner, Pressesprecherin des Erzbischöflichen Ordinariats. Die Ordensfrauen seien damals aufgefordert worden, eine Entscheidung über ihre Zukunft zu treffen. Aber noch drei Jahre später hätten sie "keine Bereitschaft gezeigt, an der Entscheidung mitzuwirken", weshalb die Religiosenkongregation dies im nächsten Schritt für die zwei Franziskanerinnen tun werde. Das mag Ohlbaum so nicht stehen lassen. Maria Augustina und Maria Faustina seien durchaus zur Mitwirkung bereit gewesen, sagt er. Aber eben nicht im Sinne des Erzbistums. "Sie wollen halt da oben bleiben."

"Die Auflösung des Ordens bedeutet nicht das Ende des Klosters", sagt Rüttiger

Auf dem Reutberg soll es auch künftig einen Konvent geben - dies ist das Ziel, das sich die Kommune, die Pfarrgemeinde und der Verein der Klosterfreunde in den Gesprächen mit dem Erzbistum gesteckt haben. Allerdings, sagt Bürgermeister Schneil, hege man im Ordinariat nicht die Absicht, Schwestern aus anderen Orden auf den Reutberg zu entsenden. Dabei habe es durchaus welche gegeben, die dem nicht abgeneigt waren, beispielsweise aus Salzburg. Gabriele Rüttiger weist hingegen darauf hin, dass sich kaum noch Menschen für den Eintritt in ein Kloster entscheiden - und wenn doch, dann in einen apostolisch tätigen Orden. "Es ist ein Irrglaube, wenn man meint, ein anderes Kloster könne einfach einige Schwestern auf den Reutberg schicken, und alles wäre gut." Wer dies denke, zeige "eine gewisse Ignoranz" gegenüber dem Ordensleben und seinen ganz eigenen Bedingungen.

Die Zukunft des Klosters Reutberg stellt sich die Erzdiözese anders vor. Zum einen soll eine Priester-Gemeinschaft einziehen, die in der Seelsorge in den Pfarreien und Pfarrverbänden ringsum mitarbeitet. Zum zweiten soll das Kloster auch ein geistliches Zentrum werden, das Pfarreien und kirchliche Träger für Veranstaltungen nutzen können: für Klausuren von Pfarrgemeinderäten, für Treffen von Ministranten oder Firmlingen, für Fortbildungen, für Begegnungstage. "Ein Schwerpunkt ist dabei in der Familienpastoral geplant", teilt Sprecherin Göbner mit. In der Klosterkirche sollen weiterhin Gottesdienste gefeiert werden, überdies soll es spirituelle Angebote geben.

Die Ordensgemeinschaft sei mit nur zwei Schwestern hingegen zu klein, um ihr geistliches Leben weiter zu pflegen, betont Rüttiger. "Es schmerzt uns sehr, dass im Kloster Reutberg eine lange Tradition zu Ende geht." Mit ihrer franziskanischen Spiritualität hätten die Schwestern den Reutberg vier Jahrhunderte lang "als geistlichen Ort geprägt und zu einem wichtigen Identifikationsort für die Menschen in der Umgebung gemacht". Das soll er auch künftig sein. Niemand müsse sich Sorgen machen, dass das Klostergebäude zum Beispiel an einen privaten Investor verkauft werde, teilt Rüttiger mit. "Die Auflösung des Ordens bedeutet nicht das Ende des Klosters." Schneil stellt indes klar, dass er beim Josefifest keineswegs behauptet habe, "dass die Kirche das Kloster verkauft".

Der Bürgermeister freut sich allerdings, dass seine Rede jetzt eine so deutliche Reaktion des Ordinariats nach sich zog. "Es hat doch Bewegung reingebracht, da kann man sehr zufrieden sein", erklärt Schneil. Die Verhandlungen zwischen Kommune, Pfarrgemeinderat und Freundeskreis einerseits und der Erzdiözese andererseits seien "nicht immer Gespräche auf Augenhöhe" gewesen. Das nächste Treffen soll nun im April oder Mai stattfinden. "Dafür hat man uns gleich sechs Termine genannt", sagt der Bürgermeister.

© SZ vom 28.03.2018 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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