Flussfestival Wolfratshausen II:Kreative Krachmacherbande

Die Alpin Drums alias Bodo Matzkeit, Hans Mühlegg, Jörg Regenbogen und Raimund Bierling zweckentfremden, was Stall und Küche hergeben für eine mitreißende und groovige Percussion-Show

Von Petra Schneider, Wolfratshausen

Die Loisach fließt an diesem Dienstagabend gemächlich und lässt sich kein bisschen aus dem Rhythmus bringen. Obwohl an ihrem Ufer der Bär steppt: Die Alpin Drums haben die Flussbühne erobert und mit allerhand wunderlichen Gerätschaften belegt. Sensen und Milchkannen, Bettpfannen und Heizungsrohren, Blumentöpfen und Werkzeugkästen. Eins nach dem anderen ziehen die vier Burschen aus einer großen Wunderkiste. Klopfen, schlagen, drücken, stampfen, blasen, bis sie den Schlag-Werkzeugen ein tschack tschack, bum bum entlocken oder sogar eine Melodie. Dann fegt ein Milchkannen-Samba über das friedliche Loisachufer, eine Kuhglocken-Sinfonie oder ein Quietschtier-Rap, dass sogar die Lampen auf der Bühne vor Freude auf und ab hüpfen. Auch die Zuschauer, darunter einige Kinder, sind schnell rhythmifiziert; Erklärungen braucht es nicht, sie treten spontan mit einem Conga-Rhythmus in einen klatschenden Dialog. Gesprochen wird wenig auf der am Dienstag nicht ausverkauften Flussbühne - und wenn, dann oft auf Französisch.

4. Flussfestival Wolfratshausen 2019

"Der Berg groovt" hieß es, als die Alpin Drums beim Flussfestival auftraten - und das Ufer der Loisach groovte mit.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Dabei haben sich Bodo Matzkeit, Hans Mühlegg, Jörg Regenbogen und Raimund Bierling das Alpenländische quasi schon im Namen auf die Fahnen geschrieben. Eine Jodel-Show machen die vier freilich nicht, trotz Lederhosen, Sensen und Milchkannen. Die Alpin Drummer, alle aus dem Münchner Raum, wollen keine Bayerntümelei. Ihre Musik ist universell und international.

Auch bei den Instrumenten kennen sie keine Grenzen: Sie zweckentfremden so ziemlich alles, was Stall, Baumarkt oder Küche hergeben. Seit dem Jahr 2011 spielt die kreative Krachmacherbande unter der Regie von Toni Bartl zusammen, der auf einer Alm bei Garmisch-Partenkirchen aufgewachsen ist und für die abgefahrenen Instrumentenkreationen verantwortlich zeichnet. "Der Berg groovt" heißt das zweite Programm, das die vier ausgebildeten Perkussionisten ebenso druckvoll wie einfühlsam spielen, clownesk und mit einer fast kindlich-anarchischen Freude am Ausprobieren. Da werden Blasebälge mit Rohren unter die Achseln geklemmt und gedrückt wie ein Dudelsack. Akkuschrauber in Betrieb genommen, bis eine schüchterne Melodie aufscheint. Oder Sensen mit Wetzsteinen bearbeitet und auf den Boden geklopft.

4. Flussfestival Wolfratshausen 2019

Ob mit Teller, Milchkannen (hier im Bild) oder Zahnbürsten, die Perkussionisten verwandelten alles in puren Rhythmus.

(Foto: Hartmut Pöstges)

"Gmahde Wiesn" heißt das Stück, das am Dienstag ebenso wenig fehlen darf wie der Werkzeugkastenknaller "Blechlawine", mit über 30 Millionen Klicks quasi ein Welthit. Witzig auch das Pfeifkonzert für Fußbälle, die gedrückt werden und so "La Cucaracha" säuseln. Technische Versiertheit ist vermutlich bei Stuhlgitarre, Spachtel-Xylophon oder Stabmixergeige vonnöten, damit sich Geräusche zu Melodien verdichten - When the Saints go Marching in, Lustig ist das Zigeunerleben, Frère Jacques - die sich anschließend in einem fetzigen Samba auflösen. Ein bisschen Hokuspokus gibt es auch bei der Bühnenshow: Wie von Zauberhand tauchen Sitzflächen auf, Nebel wabert aus der Wunderkiste, Blitzlichtgewitter erhellt ein tolles Löffelsolo von Mühlegg. Nach zwei Stunden klatscht dann auch das Publikum nicht einfach drauflos - rhythmisch einwandfrei wird mit den Füßen getrampelt, bis die vier Alpin Drummer zurückkommen. Nach zwei Zugaben ist Schluss, da können die Leute noch so toben. Zum Abschied gibt es ein Schlaflied: "Guten Abend, gute Nacht", ein Bläserstück für Tube und Zahnbürsten.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: