Dietramszell ringt um Lösung:Flüchtlingsunterkunft in Bairawies kaum zu verhindern

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Trotz massiven Widerstands in Bairawies sieht eine Rechtsanwältin kaum Chancen, den Bau eines Containerdorfs für Geflüchtete zu verhindern. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Gemeinderat sucht nach rechtlichen Wegen, um ein geplantes Containerdorf zu stoppen. Eine juristische Expertin macht indes wenig Hoffnung auf Erfolg.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Die Gemeinde Dietramszell will sich gegen die umstrittene Flüchtlingsunterkunft im Ortsteil Bairawies wehren und hat juristischen Rat eingeholt. Rechtsanwältin Anna-Katharina Kaiser von der Münchner Kanzlei Labbé & Partner machte den Gemeinderatsmitgliedern am Dienstag allerdings wenig Hoffnung: Weder die Aufstellung eines Bebauungsplans, in dem Flüchtlingsunterkünfte ausgeschlossen würden, noch eine Veränderungssperre könnten den Bau verhindern, weil das Landratsamt sich über die Vorgaben kurzfristig hinwegsetzen könne. Zeit würde man dadurch nicht gewinnen, sagte Kaiser.

Grundlage ist eine Änderung im Baugesetzbuch, das den Bau von Asylunterkünften erleichtern soll: So wurde Paragraf 246 für befristete Vorhaben gelockert, wenn der Bedarf für eine Unterkunft nachgewiesen werden kann und der anschließende Rückbau zugesichert sei. „Eine Rückbauverpflichtung für Bairawies hat der Bauwerber bereits unterschrieben“, erklärte Bürgermeister Josef Hauser (FW). Denn zwar hatte der Bauausschuss im Oktober einstimmig dessen Vorbescheidsantrag für eine Containerunterkunft mit 128 Plätzen abgelehnt. Anfang März sei aber vom Kreisbauamt die Mitteilung gekommen, dass der Investor trotzdem einen Bauantrag eingereicht habe, erklärte Hauser.

In Bairawies ist der Widerstand gegen das Containerdorf groß, die Einflussmöglichkeiten der Gemeinde sind gleichwohl begrenzt. Der Aufstellung eines Bebauungsplans, der das Areal als reines Wohngebiet festlegt, räumte Juristin Kaiser wenig Chancen ein. Ebenso einer Veränderungssperre während der etwa zweijährigen Verfahrenszeit. „Wir haben in den vergangenen Wochen geprüft, ob das Sinn macht“, sagte Kaiser. Vor allem die Befristung einer Containerunterkunft auf drei Jahre ab dem Zeitpunkt des Bezugs, die maximal bis 2030 verlängert werden könnte, spreche dagegen.

Die Juristin berief sich auf ein Urteil des VGH München vom Juni 2024, das in einem ähnlichen Fall mit einer unzulässigen „Verhinderungsplanung“ der Kommune argumentiert hatte. Sinnvoller sei es, den „dringenden Bedarf“ der Unterkunft zu widerlegen. Aus Sicht der Gemeinde ist dieser ohnehin nicht gegeben, weil die ehemalige Öko-Akademie in Linden, die zu einer Unterkunft für 113 Geflüchtete umgebaut wurde, immer noch nicht belegt sei. Außerdem erfülle man mit weiteren 27 Plätzen in Wohnungen die Unterbringungsquote.

Michael Häsch (CSU) regte an, die Menschen besser zu verteilen. „Vier Standorte mit jeweils 30 Plätzen“ - das wäre aus seiner Sicht besser. Thomas Bachmeier (CSU) wies darauf hin, dass sich auf den Appell der Bairawieser Bürgerinitiative der bayerische Innenminister Joachim Herrmann eingeschaltet und eine erneute Prüfung gefordert habe, weil nach einer ersten Begehung des Standorts „bestehende Zweifel an der Eignung nicht ausgeräumt werden konnten“.

Bürgermeister Hauser gab zu Bedenken, dass der Investor womöglich Schadensersatz für einen „entgangenen Gewinn“ fordern könnte, falls der Bau verhindert oder verzögert würde. Zahlen müsste der Steuerzahler, aber verantwortlich wäre er als Bürgermeister, fürchtet Hauser. Er habe „massiv Bauchweh“, dass die Gemeinde eine Schlappe erleiden könnte, „weil das rechtlich sehr wackelig ist.“

Wie will man also nun verfahren? „Wenn das Landratsamt die Baugenehmigung erteilt hat, werden wir klagen“, erklärte Hauser. Eine aufschiebende Wirkung habe dies allerdings nicht, betonte Kaiser. Ein entsprechendes Beispiel gibt es am Isarleitenweg in Bad Tölz: Dort wurde trotz laufender Klageverfahren eine Unterkunft mit 96 Plätzen gebaut. In zweiter Instanz bekam der Anwohner vor dem Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vorläufig Recht; die Containerunterkunft steht nun, darf aber nicht bezogen werden. All das koste den Steuerzahler viel Geld, sagte Hauser.

Seine Hoffnung sei, dass der Freistaat in Bezug auf weitere Unterkünfte „die Großwetterlage“ und die Entscheidungen der neuen Regierung abwarte. Der Gemeinderat lehnte schließlich die Bebauungsplanänderung mit einer Gegenstimme ab, auch ein Vorschlag von Ludwig Gröbmaier (CSU), das Areal als „dauerhafte Grünfläche mit integriertem Spielplatz“ festzulegen, fand keine Mehrheit. Über eine Veränderungssperre, die nur in Verbindung mit einem Bebauungsplan sinnvoll ist, wurde nicht mehr abgestimmt.

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