Flüchtlinge:Besorgte Fragen in Schäftlarn

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Auf großes Interesse stieß die Informationsveranstaltung zur Flüchtlingsunterkunft in Schäftlarn. (Foto: Hartmut Pöstges)

Zum Infoabend über eine neue Asylbewerber-Unterkunft kommen an die 300 Bürger. Die Stimmung ist gereizt.

Von Wolfgang Schäl, Schäftlarn

Mit einem solchen Ansturm hatte Matthias Ruhdorfer nicht gerechnet - an die 300 Gemeindebürger mögen es gewesen sein, die am Mittwoch einer Einladung des Bürgermeisters zu einem Informationstreffen mit dem Thema "Asylbewerberunterkunft in Schäftlarn" gefolgt waren. Ein nicht geringer Teil der Gäste musste in der "Schäftlarner Einkehr" mit einem Stehplatz vorlieb nehmen, selbst die Nebenräume platzten aus allen Nähten. Die Stimmung war spürbar gereizt, anders als bei einem ersten Informationsabend vor knapp zwei Jahren, als vor allem Hilfsbereitschaft spürbar war.

Gemeinsam mit Vertretern aus dem örtlichen Helferkreis und dem Münchner Landratsamt, darunter der stellvertretenden Landrätin und Pullacher Bürgermeisterin Susanna Tausendfreund, bereitete Ruhdorfer die Bevölkerung darauf vor, dass eine weitere, größere Asylbewerber-Unterkunft eingerichtet wird, die rund 130 Flüchtlinge aufnehmen soll, vorrangig Familien. Genutzt werden soll ein ehemaliges Bürogebäude zwischen Benediktstraße und Münchner Straße (B 11), das derzeit leer steht, vom Eigentümer aber umgebaut und saniert wird. Die Verhandlungen mit dem Investor sind allerdings ebenso wenig abgeschlossen wie der Umbau der 2200 Quadratmeter großen Bürofläche selbst. Gleichwohl sollen die Familien im Juli oder August dort einziehen. Vorgesehen sind unter anderem Sozialräume im Souterrain, in denen unter anderem Sprachkurse stattfinden können. Falls alles läuft wie geplant, wird die Gemeinde einen Mietvertrag mit zehnjähriger Laufzeit abschließen. Ruhdorfer appellierte an die Bürger, der Gemeinde weitere in Frage kommende Gebäude zu melden und sich im Helferkreis zu engagieren.

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Aus der Perspektive des Landkreises München artikulierte Tausendfreund die "riesige Herausforderung", die es zu bewältigen gelte. Im Jahr 2016 werde die Zahl der unterzubringenden Menschen in den Kreisgemeinden zusammengerechnet etwa 9000 betragen. Um diesen Zustrom zu bewältigen, sind Tausendfreund zufolge 90 neue Stellen ausgeschrieben worden. Als besonders schwierige Aufgabe führte sie die Betreuung der minderjährigen Flüchtlinge an. Für sie habe man den Jugendherbergsbetrieb auf der Pullacher Burg Schwaneck eingestellt. Die Zahl der Flüchtlinge in Schäftlarn steige im laufenden Jahr gemäß dem sogenannten Königsteiner Schlüssel auf 151 an, wie sich die Dinge in den kommenden Monaten entwickeln, könne niemand exakt vorhersagen.

Einigen Versammlungsgästen waren die Angaben zu vage, zumal es ja auch um erhebliche Kosten gehe. Die Frage, wer die übernehme, beantwortete der Bürgermeister mit dem Hinweis, dass der finanzielle Aufwand für die Unterbringung von der Bezirksregierung zurückerstattet , dem Landkreis und der Gemeinde also nicht aufgebürdet werde. Damit waren die Skeptiker indes nicht zu überzeugen: Schließlich seien dies alles Steuergelder, und somit werde letztlich jeder zur Kasse gebeten, hieß es. In diesem Zusammenhang wurde auch die Frage laut, wieso der Mietvertrag denn gleich auf zehn Jahre abgeschlossen werden müsse. Genau wissen wollte ein Anlieger, wo der Eingang des Gebäudes geplant sei: Ob zur B 11 oder in Richtung seines Hauses. Dies habe der Architekt noch nicht geklärt, beschied Ruhdorfer. Eingehend erkundigten sich einige Schäftlarner nach der Kindergarten- und Schulsituation, da man ja immer wieder lese, dass sich Schulen überlastet fühlten. Tausendfreund erklärte dazu, "dass Kitas und Schulen der Schlüssel zur Integration" seien. Derzeit verfüge man über eine Übergangsklasse, eine zweite sei geplant.

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Weitere Fragen, die angesprochen wurden: Mit welcher Lärmbelästigung zu rechnen sei, und wie es im Falle von Sachbeschädigungen mit der Haftung aussehe. Letzteres sei tatsächlich ein Problem, räumte Katrin Wischnitzki von der zuständigen Stabsstelle der Kreisbehörde ein. Mittlerweile gebe es aber günstige Haftpflichtversicherungen für Flüchtlinge.

© SZ vom 19.02.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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