Finanzen Bad Tölz:Tölzer Kämmerer schlägt Alarm

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Der Tölzer Kämmerer Hermann Forster. (Foto: Manfred Neubauer)

Wegen der Coronavirus-Krise ist der von Hermann Forster erarbeitete Haushalt der Stadt nicht mehr zu halten

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vor gut einem Monat war die Welt noch in Ordnung. Damals präsentierte Stadtkämmerer Hermann Forster die Eckdaten das Haushalts 2020, die Steuereinkünfte, die Ausgaben, die Schulden, die Rücklagen, die Liste mit den Investitionen in den nächsten Jahren. Das Übliche eben. Nach dem Ausbruch der Coronavirus-Pandemie ist das Zahlenwerk jedoch auf vielen Seiten nurmehr Makulatur. "Wir werden den Haushalt in keiner Weise halten können", sagte Forster im städtischen Haupt- und Finanzausschuss am Donnerstagabend. Sicher sei nur, dass die Stadt einen Nachtragshaushalt aufstellen müsse.

Ihre beiden Großprojekte - die Umgestaltung der Jahnschule samt neuem Kindergarten und der Bau des Mehrfamilienhauses mit günstigen Wohnung an der Königsdorfer Straße - wird die Stadt nicht stoppen, da die Bauarbeiten begonnen haben und Aufträge vergeben sind. Ansonsten ist fast alles unklar geworden. Wie hoch die Einnahmen aus der Gewerbesteuer noch ausfallen dürften, sei völlig ungewiss, so Forster. Dies gilt auch für den Anteil an der Einkommenssteuer, falls die Arbeitslosigkeit dramatisch ansteigt. Ein großes Fragezeichen steht beispielsweise auch hinter den Einnahmen aus den Parkgebühren. Oder hinter der Pacht für die Sportjugendherberge, die derzeit leer ist. Geschlossen ist die Tölzer Jugendförderung. Die Mitarbeiter dort werden Forster zufolge nun in einem Bringdienst für Senioren eingesetzt. Das Heimat- und Bürgerhaus ist ebenfalls zu, der Betrieb in der Stadtbibliothek läuft hingegen normal weiter. Ebenso in den Stadtwerken, die systemrelevant sind. "Das ist kein größeres Problem", sagte der Kämmerer.

Auf den neuen Stadtrat kommt eine Menge Arbeit zu. Er soll eine neue Prioritätenliste erstellen und die unbedingt notwendigen Maßnahmen von jenen trennen, die verschoben werden können. Dieser Forderung von Anton Mayer (CSU) pflichtete der Kämmerer bei. Das habe man ohnehin vorgehabt, sagte er. Allerdings gab er zu bedenken, dass die Hälfte der Mandatsträger neu gewählt seien und erst einmal genug Informationen bräuchten, um "eine Wissensbasis für alle" aufzubauen. Und vor allem: "Bevor wir nicht wissen, wie es mit der Corona-Krise in zwei Monaten ausschaut, ist alles, was wir jetzt machen, Aktionismus - das ist ins Blaue geschossen." Ähnlich äußerte sich Bürgermeister Josef Janker (CSU). Erst in zwei, drei Monaten werde man erkennen, wohin der Weg führt, "dann stellen wir einen Nachtragshaushalt auf". Ansonsten plädierte Janker dafür, "Normalität so lange wie möglich aufrecht zu erhalten". Dem widersprach Mayer. Derzeit sei ja etwa völlig unbekannt, wie lange überhaupt noch Baumaterial zu erhalten sei, zum Beispiel "für den Sanitärbereich, das aus Italien kommt". Mayers Prophezeiung: Manche Investitionen werde man einfach streichen müssen. Das müsse die Stadt der Bevölkerung dann auch "klar kommunizieren", betonte Christof Botzenhart (CSU). "Wir müssen die Bevölkerung von Anfang an dabei mitnehmen, zu welchen Schritten wir gezwungen sein werden."

Für Forster kommt es nun erst einmal darauf an, die Entwicklung der Corona-Pandemie und ihre Folgen für Bad Tölz ständig zu beobachten. Fahre alles völlig in den Graben, habe man noch das Instrument der Haushaltssperre, sagte er. Aber soweit ist es nicht. Der Stadtkämmerer warnte auch davor, jetzt ganz in den Sparmodus zu verfallen. Dies sei auch nicht der Weisheit letzter Schluss, meinte er.

Die Stadträte stimmten dem Zahlenwerk des Kämmerers für 2020 trotz aller Unwägbarkeiten zu - ganz einfach deshalb, um verwaltungstechnisch die haushaltslose Zeit zu beenden. Auch wenn der Nachtragsetat aufgestellt und die Pandemie abgeklungen ist, werden die finanziellen Folgen nach Forsters Dafürhalten lange zu spüren sein. "Die Krisenbewältigung wird Jahre dauern."

© SZ vom 21.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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