Festival:Märchenhaft

Festival: Ursula Weber versteht es, große wie kleine Zuhörer zu fesseln.

Ursula Weber versteht es, große wie kleine Zuhörer zu fesseln.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Ursula Weber zieht mit lebendiger Erzählkunst Zuhörer in ihren Bann

Von Sabine Näher, Bad Tölz

Ihre Auftritte gehören mittlerweile in die Vorweihnachtszeit wie Adventskonzert und Christkindl-Markt: Alle Jahre wieder bezaubert Ursula Weber mit ihrem "Drachengold-Festival" kleine (und große) Kinder mit ihren Geschichten. Was verblüfft: Ohne großes Brimborium steht sie vor der Zuhörerschar und hält diese nur mit ihrer Erzählkunst bei der Stange. Und das gibt zugleich Hoffnung, dass in unserer von elektronischen Medien überhäuften Zeit bei vielen die Fähigkeit, Bilder im Kopf entstehen zu lassen, noch nicht ganz verloren gegangen ist.

Nachdem Weber die Auftritte in der Tölzer AOK und der Stadtbibliothek, bei denen üblicherweise ein Gedränge wie in der Sardinenbüchse herrscht, bereits absolviert hat, kommt sie am Donnerstagnachmittag in die Geschäftsräume der Raiffeisenbank auf der Flinthöhe. Hier ist der Andrang nicht ganz so groß: Alle Besucher können tatsächlich auf Stühlen sitzen. Gleichwohl sind die Reihen gut gefüllt. Mit Musik geht es los. Eva Frauenrieder spielt Gitarre, Lugh Harrison Akkordeon und Martin Regnat ist der Percussionist. Sofort zaubern sie eine heimelige Stimmung im eher nüchternen Konferenzraum. Und als Weber zu erzählen anhebt, ist die Umgebung sowieso vergessen.

Ihre erste Geschichte gilt der Frau mit den Zwillingssöhnen, deren einer ein Sonnenschein, der andere ein Griesgram ist. Zu Weihnachten wagt die Mutter ein Experiment: Dem griesgrämigen Sohn baut sie einen Geschenketurm bis zur Zimmerdecke, der andere bekommt nur einen Karton - mit einem Pferdeapfel. Und während der erste grantelt ("Wo soll ich das alles unterbringen? Bestimmt geht das Schönste als erstes kaputt"), jubelt der andere über sein kurioses Geschenk: "Da muss doch irgendwo ein Pony sein?!" Der Moral dieser Geschichte können die Erwachsenen vermutlich noch mehr abgewinnen als die Kinder ...

Flöte, Gitarre und Fagott stimmen darauf exotisch-fröhliche Klänge an. Philosophisch angehaucht kommt die nächste Geschichte daher: Ein um sein Gut betrogener Bauer lässt die "gestorbene Gerechtigkeit" so lang betrauern, bis der König sich der Sache annimmt und das salomonische Urteil fällt: "Ich glaube, sie schläft - und es wird gut sein, sie aufzuwecken!" Wären alle Könige so weise, man sollte die Demokratie glatt abschaffen.

Ein mit Flöte und Fagott sehr apart besetztes ruhiges Stück leitet über zur Geschichte von Selma Lagerlöff, in der ein zunächst recht ruppiger Hirte Zeuge des Weihnachtswunders wird und dem frierenden Jesuskind bekehrt und überwältigt sein Schaffell schenkt. Hier kommen Webers Talente besonders zum Tragen: Erst malt sie eine schaurig-bedrohliche Nacht, baut eine tolle Spannung auf und führt so zum ergreifenden Ende.

Das war für die Kinder wohl die gelungenste Einstimmung auf das Fest. Und die Raiffeisenbank spendiert ihnen einen großen Korb mit Äpfeln, Orangen und Mandarinen.

Weitere Auftritte: Geretsried, 14.12.: 15 Uhr Jugendtreff Einstein, 16 Uhr AOK, 17 Uhr Stadtbücherei; Bad Tölz, 17.12.: 16 Uhr, Christkindlmarkt

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