Felix Leipold ist auf dem Sprung. Nicht in den Bundestag, sondern in einen neuen Job. Der heute 26-Jährige, der schon als Teenager kommunalpolitisch engagiert war, wird persönlicher Referent des Landtagsabgeordneten und Fraktionsvorsitzenden der Freien Wähler (FW), Florian Streibl. Dafür gibt Leipold zum zweiten Mal eine andere Laufbahn auf. Seine Arbeit als Morgen-Nachrichtenmann bei Radio Charivari hat er bereits gekündigt. Aktuell ist er intensiv mit seinem Wahlkampf beschäftigt, ist stolz darauf, seine Plakate selbst zu kleben - und frisch zu überkleben, wenn die AfD-Schmierer wieder einmal zugeschlagen haben. Der junge Mann bewirbt sich als Direktkandidat im Wahlkreis 222 Bad Tölz-Wolfratshausen/Miesbach.
Felix Leipold war 13 Jahre alt, als er in den Jugendbeirat des Geretsrieder Stadtrats berufen wurde. Seit 2020 ist er Stadtrat der Freien Wähler und Jugendreferent. Die Stadt nennt er seine Heimat. Er fühle sich ihr stark verbunden, seit der Großvater, ein Heimatvertriebener, ihm sonntagabends immer von der Geretsrieder Gründerzeit nach dem Zweiten Weltkrieg erzählte. „Das hat mich politisiert“, sagt er. Früher habe man sich immer gegenseitig geholfen, ist sein Eindruck. Es habe coole Faschingsbälle gegeben - und sogar Kneipen, an denen es heute in Geretsried so mangelt: „Man konnte damals richtige Kneipentouren machen.“
Leipold ist gelernter Verwaltungswirt, war bereits bei der Stadt München als Beamter angestellt, verzichtete aber nach zwei Jahren zugunsten des Radios auf den Staatsdienst. Und im vergangenen Jahr begann er, stundenweise in Streibls Abgeordnetenbüro in Oberammergau zu arbeiten. Schon damals war klar: „Ich ziehe in Erwägung, es im Laufe des nächsten Jahres in Vollzeit zu machen.“ Heute sei er „glücklich, dass wir zueinander gefunden haben“. Die Referententätigkeit für Streibl mache ihm Freude: „Ich lerne, wie politische Arbeit funktioniert, und habe Spaß daran.“
Der Bundestag als „Upgrade zum Kommunalen“
Die Bundespolitik war bisher nicht sein Thema. Leipold findet „das Kommunale“ am wichtigsten, eben dafür stünden ja die Freien Wähler, und dafür schätze er sie: „Ich kann vor meiner Haustür mitgestalten.“ Den Bundestag würde er sich als „Upgrade zum Kommunalen“ wünschen - mit mehr Leuten von der politischen Basis und mit einer größeren Berufsvielfalt: „Zum Beispiel Handwerksmeister, die sich nicht in der Bubble befinden.“ Aktuell sei es doch so, dass die meisten Abgeordneten nach einem Studium direkt in die Politik gingen.
Eines der drängendsten Probleme seiner Region sieht Leipold im Verkehr. Jeden Morgen wälze sich eine Blechlawine über die Bundesstraße 11, sagt der Geretsrieder; dies könne durch den lange schon diskutierten Umbau der B11 und die noch länger ersehnte S-Bahn nach Geretsried geändert werden. Beim Thema S-Bahn wird der junge Mann sarkastisch: „Ich weiß nicht, ob ich einst mit dem Deutschlandticket in der S7 fahren werde oder mit dem Seniorenticket.“ Zur Regiobahn, die Bayrischzell, Lenggries und Tegernsee mit München verbindet, sagt Leipold, sie müsse so schnell wie möglich elektrifiziert werden: „Die fährt immer noch mit Diesel.“
Auch auf die globale Wirtschaftslage angesprochen findet Leipold einen kommunalen Aspekt. Er sagt, es gebe in seinem Wahlkreis durchaus Betriebe, die von überregionaler Bedeutung seien, speziell Autozulieferer: „Federn, Teile, Türen braucht auch ein E-Auto.“ Damit ist er beim Thema Förderung kleiner und mittlerer Betriebe, die er stärken möchte.
Unter den Zielen, die Leipold auf seinem Wahlkampf-Flyer auflistet, stehen 25 Prozent Unternehmensteuer und sieben Prozent Mehrwertsteuer in der Gastronomie. Außerdem wünscht er sich eine Sicherung der heimischen Lebensmittelversorgung durch Erhaltung der Bauernhöfe und der regionalen Ernährungswirtschaft.
„Ich bin sehr sozial eingestellt“
Auch deshalb würde sich der FW-Kandidat im Bund eine schwarz-rote Koalition wünschen, mit einem Akzent auf „rot“, denn Leipold bezeichnet sich selbst als „sehr sozial eingestellt“. Dem Kanzlerkandidaten der Union, Friedrich Merz, traue er keine Politik für den Mittelstand, für Handwerksbetriebe, Rentner und Alleinerziehende zu, sagt er und nennt Merz' einstiges Engagement für die US-amerikanische Investmentgesellschaft Blackrock und sein privates Vermögen als Gründe. „Ob ein Mensch, der so viel Wohlstand hat, eine Politik für kleine Leute machen kann?“, fragt er rhetorisch. „Ich weiß nicht, ob er die Probleme der Leute versteht.“
Die Freien Wähler in Geretsried können stolz auf eine gute Frauen-Quote verweisen: Die Ortsvorsitzende ist Ann-Kathrin Güner, und von fünf Stadtratssitzen sind drei mit Frauen besetzt. Leipold sagt, er würde es mehr Frauen wünschen, sich die politische Arbeit zuzutrauen. Dass es auch mit Kind gut möglich sei, könne man in Geretsried sehen: „Unsere Ortsvorsitzende hat auch schon ihr Kind in der Stadtratssitzung gestillt.“
Bodenhaftung musste Felix Leipold selbst erst einmal lernen. Als er im Jugendrat aktiv war, schien er einigen zu ehrgeizig nach vorn drängend. Er kennt diesen Vorwurf, findet aber, er habe sich geändert. „Ich bin noch immer ehrgeizig, aber ich stecke meine Ziele anders - ich möchte nicht egoistisch wirken.“ Er sei sich bewusst, dass er sich gern mal über Dinge allzu sehr aufrege, habe aber gelernt, „vom Gas zu gehen, nicht unter Emotionen zu handeln, eine Nacht drüber zu schlafen“.
Frühes politisches Engagement empfiehlt der junge Mann aber auch anderen. Auf seinem Flyer liest sich das so: „Kinder und Jugendliche stärken, sie schon im Schulalter an die Politik heranführen.“ Da liegt die Frage nahe, ob er, der so früh mit dem politischen Engagement begonnen hat, denn immer noch Bürgermeister von Geretsried werden will, wie er es als Teenager angekündigt hatte? Bei der nächsten Wahl noch nicht, sagt er und lässt alles Weitere offen.