Feiertage im Lockdown:Festmahl zum Mitnehmen

Feiertage im Lockdown: Josef Penzkofer fischt für seine Kunden Forellen, Karpfen und Saiblinge aus seinen Becken an der Mangmühle in Ascholding.

Josef Penzkofer fischt für seine Kunden Forellen, Karpfen und Saiblinge aus seinen Becken an der Mangmühle in Ascholding.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

In den Gasthäusern bleiben an diesen Feiertagen die Tische leer. Dafür stehen die Leute Schlange, um sich frische und geräucherte Fische, Gänse und Enten nach Hause zu holen. Dabei sind sie entspannter als sonst, hat der Züchter Josef Penzkofer festgestellt.

Von Marie Heßlinger

Josef Penzkofers Gesicht verschwindet für einen Moment in einer Wolke aus Buchenrauch. 20 Saiblinge und Bachforellen baumeln in dem kleinen Ofen neben dem Bachlauf zur Mangmühle in Ascholding. "Jetzt muss ich ein paar auf Vorrat haben, weil in der Weihnachtszeit komme ich nicht mehr hinterher", sagt Penzkofer. Es ist eine Woche vor Heiligabend. Und in diesem Jahr, im Corona-Jahr, bestellen die Menschen Enten, Gänse und Fische wie kaum zuvor.

Es war bereits an Ostern so: Die Bestellungen wurden mehr und mehr. "Und ich dachte: Oh Gott, was ist denn da los", erinnert sich Monika Preis, Penzkofers Partnerin. "Bis mir einfiel, dass die Gaststätten zu haben." Wer sonst an den Feiertagen ins Gasthaus zu gehen pflegte, holt sich heuer Fisch und Fleisch nach Haus. "Mein Verdacht ist, dass die Leute häuslicher geworden sind und für sich selber wieder mehr kochen", sagt Penzkofer. Für den 55-Jährigen, der die Fischzucht an der Ascholdinger Mangmühle mehr als Hobby denn als Beruf betreibt, bedeutet das mehr Arbeit - und Freude zugleich.

Es sind elegante, lange Tiere: Störe. Manche strecken ihre spitzen Schnauzen aus dem Wasser, sie erinnern an Füchse, oder Delfine. Andere tragen Zacken auf den Rücken, und einer von ihnen wirkt so groß und schwer, als wäre er hundert Jahre alt. Tatsächlich, sagt Monika Preis, können die Urzeitfische über 80 Jahre alt werden. Penzkofers Störe müssten demnach bald ihre erste Midlife Crisis bekommen. Sein Vater kaufte sie, als er ein Kind war. Von den Hunderten Fischen, die in Penzkofers vier Weihern schwimmen, sind sie die einzigen, welche nicht auf den Tellern landen werden.

Feiertage im Lockdown: Auch Penzkofers Räucherkammer ist gut gefüllt.

Auch Penzkofers Räucherkammer ist gut gefüllt.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Dafür aber Karpfen, Saiblinge und Forellen. Noch am Donnerstag werden Penzkofer und Preis sie von 8 Uhr an bis zur Mittagszeit an die Schlange der Wartenden verteilen.

Jeder der Fische hat seine Eigenheiten. Karpfen zum Beispiel, sagt Penzkofer, wühlen gerne im Schlamm. Deshalb setzt er sie eine Woche bevor sie gefischt werden in fließendes Gewässer - ihre Kiemen müssen durchgespült werden, sonst wäre ihr Fleisch moorig und nicht genießbar, sagt Penzkofer. Karpfen schmeckten auch geräuchert gut, fügt er hinzu, die wenigsten wüssten das. Die meisten seiner Kundinnen und Kunden ordern aber lieber Räucherforelle. Mehr als 40 Bestellungen für die Weihnachtstage gingen bei Penzkofer schon ein - bis zum 24. Dezember werden es vermutlich noch deutlich mehr sein. Josef Penzkofer empfiehlt, sie vorsichtig aufzuwärmen, "dann kommen die Geschmacksaromen raus". Zu lange dürfe die geräucherte Forelle jedoch auch nicht im Ofen bleiben, sonst werde sie trocken.

Wer seine frische Forelle hingegen in Essigwasser kocht, sollte sich freuen, wenn es sie "zerreißt", sagt Penzkofer, "dann heißt das, dass sie am selben Tag geschlachtet wurde." Forelle blau nennt sich die klassische Zubereitung in Wasser. Monika Preis und Josef Penzkofer werden sie an Heiligabend essen, mit Salzkartoffeln. Das Tolle an Fisch sei, sagt Penzkofer, dass er eine schnelle Hauptspeise hergebe: "In zehn Minuten ist der fertig."

Während Penzkofer und Preis sich an Weihnachten über ihre schnellen Fische lehnen, wird sich Johann Oberhauser über seine schnellen Würstel beugen. Der gelernte Metzger und Koch betreibt ein Gasthaus, eine Metzgerei und ein Hotel in Egling. In all den Jahren zuvor war sein Lokal an den Feiertagen voll mit Gästen. Im Corona-Jahr hingegen werden sich auch bei ihm die Wartenden am Morgen vor Heiligabend vor der Metzgerei reihen: Bauernenten und Hafermastgänse sind besonders beliebt. Oberhauser bietet sie zum Mitnehmen an, wahlweise mit Blaukraut und Bratapfel.

Feiertage im Lockdown: Johann Oberhauser darf in seinem Gasthaus niemanden bedienen. Seine Köche bereiten aber Gänse, Enten und viel Soße für die Kunden vor.

Johann Oberhauser darf in seinem Gasthaus niemanden bedienen. Seine Köche bereiten aber Gänse, Enten und viel Soße für die Kunden vor.

(Foto: Harry Wolfsbauer)

Beifuß, Sellerie, Karotten und Äpfel füllen Oberhausers Köche in die Weihnachtsgänse. Das Besondere, laut Oberhauser: die reichlich vorhandene Bratensoße. "Wenn du zu Hause eine Gans brätst, hast du meistens zu wenig Soße." Seine Küchenteam bereite mindestens 40 Liter schmackhaften Bratenjus für die Feiertage vor.

Besonders wichtig sei es in diesem Jahr jedoch, die Speisen vorab zu bestellen, betont Oberhauser. Denn anders als sonst hat er ja heuer kein Gasthaus in Betrieb, welches das übrig gebliebene Fleisch aus der Metzgerei verwerten könnte. Genaue Kalkulation sei diese Weihnachten schwierig aber wichtig, sagt er, "weil so ein Vogel viel Geld kostet".

Dem Corona-Jahr etwas Gutes abzugewinnen, fällt Oberhauser schwer. Eine Sache gefällt ihm aber dann doch daran: die Ruhe. "Ich habe mit meinen Kindern sonntags gefrühstückt", sagt der 61-Jährige und lacht. "Das habe ich noch nie gemacht." Auch Penzkofer und Preis ist etwas Positives aufgefallen: Die Stimmung unter den Wartenden habe sich verändert. Während früher geschimpft und gedrängelt worden sei, nähmen sich die Menschen in diesem Jahr Zeit. "Sie sind stressfreier, geduldiger", hat Penzkofer festgestellt. "Sie verstehen, wenn es auch mal ein bisschen länger dauert." So könnte das Pandemiejahr vielleicht einen Lerneffekt haben, der auch in besseren Zeiten anhält.

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