Josef Urban gestorben:Packlhof in Trauer

Mit nur 59 Jahren stirbt Josef Urban, Bio-Pionier und Gründer der bekannten Metzgerei in Eurasburg. Seine Familie will den Betrieb weiterführen. "Er hätte nicht gewollt, dass wir aufgeben", sagt seine Frau Regina Urban.

Von Claudia Koestler, Eurasburg

Zunächst fällt der Blick nur auf die zahlreiche Kunden, die sich zwischen Regalen oder an der Theke des Eurasburger Packlhofs mit Weißwurst, Wiener, Butter, Brot oder anderen pflanzlichen Spezialitäten versorgen. Eine Alltagsbeobachtung, könnte man meinen. Seit über drei Jahrzehnten verbindet man in der Region schließlich den Begriff "Bio" mit der Familie Urban, die den Packlhof betreibt. Doch nichts ist wie immer hinter der grün-gläsernen Fassade. Denn wie nun bekannt wurde, ist Josef Urban, Gründer und Betreiber der Metzgerei Packlhof und damit Bio-Pionier der ersten Stunde, vor Kurzem gestorben. Er wurde nur 59 Jahre alt.

Im vergangenen Jahr hatte der Landwirt und Unternehmer einen Schlaganfall erlitten, seither war er gesundheitlich angeschlagen. Die mutigen Entscheidungen des Visionärs und Vordenkers werden allerdings weiterhin über den Landkreis hinaus ausstrahlen: Die Familie will nach seinem Verlust eng zusammenrücken und gemeinsam den Packlhof ganz in seinem Sinne fortführen.

"Wir haben das 25, 30 Jahre lang miteinander aufgebaut. Es wäre ewig schade und er hätte es auch nicht gewollt, dass wir jetzt aufgeben", sagt seine Frau Regina Urban. Als Familienmensch, Ehemann, Vater und Opa hinterlässt Josef Urban eine genauso große Lücke wie als Firmenchef und Bio-Pionier. Für seine Tochter Kathrin Holzmayr war er "einfach der beste Papa, den man sich vorstellen kann - und als Chef und als Großvater einzigartig". Josef Urban sei zudem "ein sehr mutiger Mensch mit enorm viel Energie" gewesen, beschreibt ihn seine Frau. Stets ruhig, feinfühlig und empathisch, aber auch einer, der sich traute, klare Entscheidungen zu fällen.

So wie am Anfang: 1981 hatten Regina und Josef geheiratet und seinen elterlichen Hof in Oberherrnhausen übernommen. Mit der Deininger Landwirtsfamilie Köglsperger bildete er eine Stiergemeinschaft, immer wieder drehten sich die Gespräche um die Zukunft der Agrarwirtschaft. "Es war für meinen Mann irgendwann die logische Konsequenz, dass biologisch besser wäre", erinnert sich Regina Urban. Zwischen 1982 und 1983 reifte dann endgültig die Entscheidung, keinen Kunstdünger mehr zu verwenden. "Wir haben einfach gesagt, das trauen wir uns jetzt".

Heute sei "Bio ja in der Mitte der Gesellschaft angekommen", weiß seine Frau. Doch damals, als sie als erste umstellten, wurden sie noch von vielen belächelt. Etwa, wenn Josef Urban nur ein einzelnes Tier in den Tölzer Schlachthof brachte - und sich deshalb dort dem Hohn und Spott der anderen aussetzen musste. "Was machst Du da, kann man das auch essen?", hätten sie gelacht. Doch es sei eben auch ein Wesenszug von Josef Urban gewesen, "dass er sich nie hat hängen lassen", sagt seine Frau. "Er war immer ein Kämpfer im positiven Sinne." Auch dann, als die erste Wurst ohne Phosphat noch zu trocken geriet. Ein befreundeter Metzger aus dem damals noch existierenden Klosterladen Beuerberg gab ihnen daraufhin Rezepte seines Großvaters - für eine schmackhafte Wurst wie früher, ohne jede Chemie und andere Zusätze.

Schon bald fand Urban mit seinen biologisch erzeugten Waren auch Anerkennung. Ein entscheidender Schritt dazu war die Zusammenarbeit mit der Andechser Molkerei Scheitz und Alnatura. 1987 eröffneten die Urbans dann einen eigenen Hofladen mit einem kleinen Naturkost-Sortiment. Parallel belieferte Josef Urban persönlich die ersten Naturkostläden. 2005 sei man aber einfach an Grenzen gestoßen, erinnert sich Regina Urban. Ein Jahr später übersiedelte der Betrieb deshalb mit Produktionsräumen und einem Biomarkt ins Eurasburger Gewerbegebiet. Auf 250 Quadratmetern bietet er dort heute ein vollständiges Naturkostsortiment und ein Bistro an. Ein großer Schritt. Doch weil Sohn Hans die Landwirtschaft übernehmen und Sohn Tobias in die Metzgerei einsteigen wollte, "wussten wir, wir haben Zukunftsperspektiven", sagt sie. "Und mit der Vergrößerung war auch klar, es gibt nur den Blick nach vorne."

Doch dann traf sie ein Schicksalsschlag: Sohn Tobias starb. Tochter Kathrin, eigentlich Arzthelferin, unterstützt seither den Familienbetrieb. Inzwischen ist die 30-Jährige mit dem Betriebsleiter Florian Holzmayr verheiratet. Und auch die nächste Generation ist am Start: Neben Frau und Kindern hinterlässt Josef Urban vier Enkel, ein fünftes ist unterwegs. Die Zukunft des Packlhofs ist somit nicht in Gefahr - "auch wenn er uns extrem fehlt", sagt seine Tochter. Die Familie ist in dieser schweren Zeit aber froh um die Arbeit, die im Betrieb weiter auf sie wartet. "Das gibt einem einen Rahmen und Halt", sagen sie. Auch um den Zusammenhalt in der Familie sind alle dankbar - und um so manchen Trost aus Kindermund. "Wo ist denn der Opa?", habe der jüngste Enkel kürzlich seinen Bruder gefragt. "Beim Onkel Tobi", habe dieser geantwortet. Und auf die Nachfrage des Kleinen, was die beiden denn machten, erklärte der Bruder ohne zu zögern: "Die machen bestimmt Weißwürscht."

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