Bildung und Unterricht:„Mathematik geht ohne Sprache nicht“

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Katharina Bolzmacher war Rektorin der Eurasburger Grundschule und ist nun beim Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung München (ISB) tätig. (Foto: Privat/oh)

Katharina Bolzmacher hatte schon immer Spaß an Naturwissenschaften, auch als Lehrerin und Rektorin. Nach 17 Jahren an der Grundschule Eurasburg-Beuerberg ist sie nun an das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung gewechselt.

Von Benjamin Engel, Eurasburg

Wie praxisnah herausfordernd Schule sein kann, hat Katharina Bolzmacher in den vergangenen vier Jahren intensiv erfahren. Als die inzwischen 41-jährige Lehrerin zum Unterrichtsjahr 2020/2021 Rektorin der Grundschule Eurasburg-Beuerberg wurde, lag die erste Hochphase der Corona-Pandemie gerade hinter ihr und den Kindern. „Es ging darum, damals und in den darauffolgenden Jahren ein gutes Miteinander als Schulfamilie zu finden“, sagt sie. Der soziale Austausch habe den Kindern gefehlt. Nach einer Phase zwischen sich mit Home-Schooling abwechselnden Präsenzunterrichts sei es zentral gewesen, das Selbstwertgefühl und den Zusammenhalt unter den Schülern zu stärken. Ein Prozess, der mit einer Zirkusprojektwoche begann.

Für die Interessen von Schule und Kindern hat sich Bolzmacher leidenschaftlich eingesetzt. Das konnte erleben, wer ihr im Eurasburger Gemeinderat zuhörte. Etwa als es darum ging, die Schule mit ihren zwei Gebäuden künftig in Beuerberg zu konzentrieren oder den offenen Ganztag als Zukunftsmodell für die Betreuung einzuführen. Zu organisieren hätte es in den kommenden Jahren also viel gegeben.

Und doch hat sich Bolzmacher kurzfristig für einen anderen Karriereweg entschieden. Zum Unterrichtsjahr 2024/2025 ist sie an das Staatsinstitut für Schulqualität und Bildungsforschung (ISB) mit Sitz in München gewechselt. Im Referat für Grundschulen ist sie für das Fach Mathematik im gesamten Freistaat verantwortlich. Ihre Aufgaben: Lehrkonzepte so zu gestalten, dass möglichst alle Schüler profitieren; daran mitzuarbeiten, wie sich neue wissenschaftliche Erkenntnisse in die Unterrichtspraxis integrieren lassen; und die Lehrer für den Bildungsalltag mit einer heterogenen Schülerschaft fortzubilden.

„Ein Lehrer muss die Angst nehmen, einen Fehler zu machen“

Dabei versteht Bolzmacher ihre neue Tätigkeit keineswegs als reine Verwaltungsstelle. „Der Leitgedanke ist, eine gute Grundlage für die Bildung an den Schulen zu schaffen“, sagt sie. Insbesondere im Fach Mathematik sei der Anteil der Kinder mit besonderem Unterstützungsbedarf größer geworden. Vordergründig wirke der Unterrichtsgegenstand mit seinen Zahlen und Symbolen abstrakt. Daher sei es essenziell, die Kommunikation darüber zu fördern. „Mathematik geht ohne Sprache nicht“, sagt Bolzmacher. „Wenn jemand nicht versteht, worüber gesprochen wird, funktioniert der Unterricht nicht.“ Dafür steht auch die bundesländerübergreifende Fortbildungsinitiative „QuaMath“ (Unterrichts- und Forbildungs-Qualität in Mathematik entwickeln), die Bolzmacher in ihrer neuen Funktion regional koordiniert. Insofern kann es kaum schaden, dass sie aus der Bildungspraxis kommt – und von sich selbst sagt, immer mit Begeisterung unterrichtet zu haben.

„Mathematisch-naturwissenschaftliche Themen haben mich schon immer begeistert“, sagt die 41-Jährige. In der Schule kam es darauf an, das authentisch zu vermitteln. Kinder seien grundsätzlich offen und interessiert an allen Lerninhalten, sagt Bolzmacher. Es reiche aber nicht, alles nur eins zu eins auswendig zu lernen, um etwa die Multiplikation zu verstehen. Erst durch konkrete Vorstellungsbilder gelinge anschlussfähiges Lernen. Was bei dreimal vier herauskomme, könnten die Schüler etwa ganz praktisch begreifen, wenn sie im Klassenzimmer dreimal vier Äpfel aus einem Eimer holten. Um Wissen zu vermitteln, sei das wichtigste, mit den Kindern ins Gespräch zu kommen. „Ein Lehrer muss die Angst nehmen, einen Fehler zu machen“, sagt Bolzmacher. „Denn Fehler gehören zum Lernprozess einfach dazu.“

Die Grundschule in Beuerberg zählt mit circa 160 Schülern zu den kleineren im Landkreis. (Foto: Manfred Neubauer)

Das ist allerdings zeit- und personalintensiv. Und daher in Zeiten des Fachkräftemangels und sinkender Budgets herausfordernd. Das ist Bolzmacher bewusst. Andererseits gebe es Initiativen, die sozial benachteiligten Schülern gute Bildungschancen bieten sollen, wie etwa im Projekt „SchuMaS“ (für „Schule macht stark“), bei dem Bildungseinrichtungen gemeinsam mit Wissenschaftlern Unterrichtsstrategien und -konzepte entwickeln.

Auch das zählt zu Bolzmachers Aufgaben am ISB. Die Behörde ist dem bayerischen Kultusministerium unterstellt. Für jede Schulart von den Grund- bis zu den beruflichen Schulen gibt es Abteilungen, in denen die einzelnen Fächer jeweils ihren eigenen Ansprechpartner haben – in Bolzmachers Fall für Mathematik an den Grundschulen.

Seit dem Referendariat war Bolzmacher in Beuerberg tätig

Weit hat es die studierte Lehrerin nicht an ihren neuen Arbeitsplatz. Sie wohnt schon länger in Pullach im Landkreis München. Bolzmachers Heimatlandkreis ist allerdings Bad Tölz-Wolfratshausen. Sie ist im Wolfratshauser Stadtteil Waldram aufgewachsen. Nach dem Studium an der Ludwigs-Maximilians-Universität (LMU) München kam sie als Referendarin an die Grundschule Eurasburg-Beuerberg, die mit circa 160 Schülern zu den kleinen Schulen zählt. Dort bewarb sie sich auch als fertig ausgebildete Lehrerin und wurde vor 17 Jahren genommen. Die Mischung aus ländlicher Prägung und dem städtischen Einfluss im Einzugsgebiet der Landeshauptstadt habe ihr immer gefallen, sagt sie.

Die Schulleitung aufzugeben, sei ihr nicht leicht gefallen. Doch am ISB könne sie darauf aufbauen, dass sie sich schon während ihrer Lehrtätigkeit für die Lehrerfortbildung engagiert habe. „Das Tolle am ISB ist, dass jeder eine hohe Kompetenz hat und wir uns gegenseitig bereichern“, sagt Bolzmacher.

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