Süddeutsche Zeitung

Eröffnung in Nantesbuch:"Die Klatten, die passt scho"

Landrat Josef Niedermaier überbringt der Kulturstifterin augenzwinkernd höchstmögliches Lob

Von Alexandra Vecchiato, Bad Heilbrunn

Klare Formen, viel Holz und ansprechende Details - unaufdringlich kommt es daher, das sogenannte Lange Haus. Es ist das prägende Gebäude der Hofstelle Karpfsee, weithin sichtbar auf einem Hügel gelegen. Dieses Unaufgeregte in Architektur und Ausstattung bedeutet nicht, dass hier gespart wurde. Im Gegenteil. Man spürt, wie viel Gedanken sich die Verantwortlichen gemacht haben über Materialien, über die Situierung von Möbeln und nicht zuletzt Kunstobjekten. Dieses Haus, das mit 130 Metern Länge seinem Namen gerecht wird, ist zweigeteilt: Der südliche Trakt wird künftig landwirtschaftlich genutzt, der nördliche als Seminarhaus. Die Hofstelle Karpfsee gehört wie das Gut Nantesbuch zur Stiftung Nantesbuch, die von BMW-Erbin Susanne Klatten gegründet wurde. Am Samstag wurden die ersten Gebäude eingeweiht.

Eine Augenweide war die Hofstelle Karpfsee lange Jahre nicht, nachdem der landwirtschaftliche Betrieb eingestellt worden war. "Deshalb ein großes Dankeschön für das, was Sie geschaffen haben", richtete Landrat Josef Niedermaier (FW) sein Grußwort an Susanne Klatten. Die Großaktionärin hatte das Gut Nantesbuch mit der Hofstelle Karpfsee von der Landeshauptstadt München gekauft und 2012 die Stiftung Nantesbuch gegründet. Über Summen spricht sie nicht, vielmehr von diesem "besonderen Flecken Erde", auf dem die Stiftung Nantesbuch Kultur, Kunst und Natur für Menschen erfahr- und erlebbar machen soll. Landwirtschaft, der sorgsame Umgang mit Feldern, Mooren und Wäldern, aber auch die Auseinandersetzung mit Philosophie, Wissenschaft und allen Arten künstlerischen Schaffens von Musik, Tanz, Literatur bis zur bildenden Kunst haben dort eine neue Heimstatt. Geplant sind Führungen, Seminare, Tagungen, Lesungen und vieles mehr.

Später einmal soll auf dem 320 Hektar großen Areal Klattens Kunstsammlung "An die Natur" unterkommen. Unter den rund 600 Werken, die sich mit "Mikrokosmos und Makrokosmos, Pflanze, Tier und Mensch" befassen, sind Arbeiten von Michael Beutler, Olaf Holzapfel, Kaarina Kaikkonen, Alex Katz, Anselm Kiefer, Karin Kneffel und Robert Longo. Wie alles bei der Stiftung Nantesbuch sei auch dies ein Prozess, sagt Klatten. Daneben betreibt die Stiftung naturnahe Landwirtschaft und setzt sich etwa für die Rekultivierung der zugehörigen Moorflächen ein.

Nicht nur seinen Dank drückte Landrat Niedermaier bei der Einweihungsfeier mit mehreren Hundert Gästen aus. Wenn jemand aus München ins Oberland komme und von Kunst und Natur spreche, dann müsse er mit Skepsis rechnen. "Davon war schon viel da", sagte Niedermaier. Dieses Mal sei es jedoch anders gewesen im Vergleich zu den Projekten für das Areal in den Jahren zuvor. Unter anderem sollte dort ein Technologiegewerbegebiet entstehen. Der Vertrauensvorschuss sei letztlich gerechtfertigt gewesen, betonte der Landrat. "Die Klatten, die passt scho", habe er gehört. "Mehr an Lob können Sie bei uns nicht erwarten", so Niedermaier. Das Projekt Stiftung Nantesbuch, so sei er sich sicher, werde große Strahlkraft haben.

Neben dem Langen Haus besteht die Hofstelle Karpfsee aus zwei sanierten Nebengebäuden, in denen die Verwaltung und Wohnungen untergebracht sind. Ein Blockheizkraftwerk versorgt die Hofstelle. Der Münchner Architekt Florian Nagler, Sohn von Altlandrat Manfred Nagler, hat es auf den Grundrissen zweier Vorgängerbauten errichtet. Vier Jahre habe man konstruktiv zusammengearbeitet, sagte Nagler. Bei den kleineren Gebäude sei es darum gegangen, die "schönen Strukturen" freizulegen und damit die Qualitäten dieser Häuser zu stärken. Beim Neubau des Langen Hauses setzte Nagler darauf, Tradition mit Moderne zu verbinden. Teile des Mauerwerks der beiden einstigen Kuhställe blieben erhalten. Neu ist die Holzkonstruktion im Obergeschoss. Eine lichte Eingangshalle verbindet die Gebäudeteile.

Die Verbundenheit mit der Welt sei eine Grundsehnsucht, sagte Klatten. Nantesbuch sei der Ort, wo sie diese Sehnsucht mit anderen erleben, denken und teilen könne.

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SZ vom 26.06.2017
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