Erneuerbare Energien:Geduldsspiele in Sachen Wasserkraft

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Seit drei Jahren verzögert sich der Bau des Kraftwerks bei Farchet. Immerhin ist nun aber der Loisach-Isar-Kanal saniert

Von Konstantin Kaip, Wolfratshausen

Der Loisach-Isar-Kanal strömt wieder in gewohnter Weise vor sich hin. In den vergangenen Monaten war der Kanal, der 1924 gemeinsam mit dem Walchenseekraftwerk errichtet wurde, um Wolfratshausen vom Werkswasser zu entlasten und das Hochwasserrisiko in der Stadt zu vermeiden, eher ein kleines Rinnsaal. Schon im November 2018 hatte man in dem mehr als zehn Kilometer langen Kanal, der in Beuerberg aus der Loisach und in Waldram in die Isar fließt, die Durchlaufmenge von 40 Kubikmetern auf nurmehr fünf Kubikmeter Wasser pro Sekunde reduziert. Grund waren dringend nötige Sanierungsmaßnahmen in dem künstlichen Gewässer, die nun in diesem Sommer erfolgt sind.

"Der Kanal ist so alt wie das Walchenseekraftwerk", sagt Theodoros Reumschüssel, zuständiger Sprecher des Kraftwerkbetreibers Uniper. "Also tief in seinen Neunzigern. Da gibt es gewisse Undichtigkeiten." Das Unternehmen hat deswegen auf einer Länge von 420 Metern bei Eurasburg gut 3000 Tonnen Filter- und Wasserbausteine in den Kanal einbringen lassen, mit teilweise schwerem Gerät. Diese "Sofortmaßnahmen", die laut Uniper rund 500 000 Euro gekostet haben, seien Ende August abgeschlossen worden, sagt Reumschüssel. Seitdem wurde die Wassermenge im Kanal wieder schrittweise erhöht, jeden Tag um etwa fünf Kubikmeter pro Sekunde, bis wieder der höchste zulässige Durchfluss von 40 Kubikmeter pro Sekunde erreicht war. Von der Baustelle ist nichts mehr zu sehen. Einige Kilometer weiter nördlich im Wolfratshauser Ortsteil Farchet wartet man indes seit mehr als drei Jahren auf eine Baustelle im Kanal. Dort soll schließlich an dem bestehenden Wehr zwischen Farchet und Waldram ein Wasserkraftwerk entstehen.

Weil der Loisach-Isar-Kanal stellenweise undicht war, musste er saniert werden. Nun laufen wieder 40 Kubikmeter Wasser pro Sekunde durch. (Foto: Hartmut Pöstges)

Im Frühjahr 2016 hatte der Stadtrat dem Vorhaben grundsätzlich zugestimmt, das die Wasserkraftwerk Farchet GmbH, eine Gesellschaft aus den Versorgern Bayernwerk Natur und den Stadtwerken Bad Tölz, errichten lassen und betreiben will. Etwa 6500 Megawattstunden pro Jahr soll eine sogenannte Kaplan-Turbine dort erzeugen, Strom für rund 2000 Durchschnittshaushalte. Das hatten Vertreter von Bayernwerk und den Tölzer Stadtwerken bei einem Pressetermin vor mehr als drei Jahren am Wehr verkündet. Man hoffe, hieß es damals, dass das Kraftwerk im Kanal schon 2017 in Betrieb gehen könne. Seitdem aber hat man nichts mehr von den Plänen gehört.

Die Frage, ob die gerade erfolgte Kanalsanierung nicht auch für den Bau des Wasserkraftwerks in Farchet oder dessen Vorbereitung genutzt hätte werden können, wird schnell beantwortet, wenn man sich nach dem Sachstand des Projekts erkundigt. Der nämlich unterscheidet sich nur unwesentlich von dem vor drei Jahren. Die GmbH lasse die Antragsunterlagen "in naturschutzfachlicher und rechtlicher Hinsicht ergänzen", heißt es dazu aus dem Landratsamt. Das Projekt befinde sich noch im Genehmigungsverfahren, erklärt der Sprecher von Bayernwerk, Christian Martens. An den Plänen für das Wehr in Farchet aber habe sich nichts geändert, versichert er. "Wir sind weiter zuversichtlich, dass das Kraftwerk dort entsteht."

Die erhebliche Verzögerung des Projekts von bislang mehr als drei Jahren sei "ein Zusammenspiel von Gründen", sagt Martens. Im Sommer habe es ein Gespräch mit allen an der Genehmigung beteiligten Behörden gegeben. "Wir wissen jetzt, an welchen Stellen wir nachbessern müssen." Bis Jahresende werde man verschiedene Punkte in den Antragsunterlagen ergänzen, zum Teil auch umplanen und dann einreichen. Um welche Modifikationen es sich im Detail handelt, könne er erst sagen, wenn die Unterlagen überarbeitet seien. "Es ist unstrittig, dass das Verfahren bei uns Geduld erfordert", räumt Martens ein. Als Unternehmen sei es Bayernwerk schließlich an der Wirtschaftlichkeit gelegen. "Wir wären schon gerne weiter in der Projektumsetzung." Über einen möglichen Zeitpunkt für die Inbetriebnahme will Martens nicht spekulieren.

"Es gibt viele Vorschriften zu beachten", erklärt Cornelia Breiter, die beim Landratsamt für das Genehmigungsverfahren zuständig ist. Dabei gehe es nicht nur um Wasserrecht, sondern auch um Natur- und Landschaftsschutz. Schließlich liegt das geplante Wasserkraftwerk in einem FFH-Gebiet. Im Abstimmungsprozess zwischen den Behörden habe es schon viel Schriftverkehr gegeben, im Sommer habe man geklärt, was noch ergänzt und umgeplant werden müsse, bevor die Fachbehörden ihre Stellungnahmen zu dem Antrag abgeben können. Liegen die vor, werde die Planung noch einmal öffentlich ausgelegt, die Stadt und anerkannte Naturschutzverbände könnten Einwendungen vorbringen.

Der Wolfratshauser Stadtrat hatte bereits 2016 Bedenken zum Ausdruck gebracht. Der Wasserstand der Loisach dürfe durch den Kraftwerksbetrieb nicht sinken und den Flößerbetrieb gefährden, hieß es. Zudem wurde gefordert, dass das FFH-Gebiet geschützt bleiben müsse und dass die Baustellenzufahrt über das südliche Ufer erfolgen solle, damit der Fuß- und Radweg im Norden weiter nutzbar bleibt. Ob der neue Antrag diesen Forderungen Rechnung trägt, wird sich laut Breiter frühestens im Frühjahr 2020 zeigen. Auf den Wasserstand der Loisach aber, das hatten die Planer schon vor drei Jahren erklärt, habe das Wasserkraftwerk in Farchet keinen Einfluss. Der werde vom Beuerberger Wehr gesteuert, für das die Betreiber des Walchenseekraftwerks zuständig seien.

© SZ vom 11.09.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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