Süddeutsche Zeitung

Erinnerungsort:500. Mitglied im Badehaus

Der Tölzer Stadtpfarrer Peter Demmelmair tritt dem Verein bei

Von Felix Haselsteiner, Wolfratshausen

Ein paar Meter nur trennen das erste Mitglied des Vereins Bürger fürs Badehaus Waldram-Föhrendwald vom neuesten. Das Bild des verstorbenen Max Mannheimer, Shoah-Überlebender, Zeitzeuge und stolzes erstes Mitglied des Wolfratshauser Vereins, hängt im Hauptraum der Ausstellung. Mit Mannheimer habe alles begonnen, es sei ihm "ein besonderes Anliegen" gewesen, damals das erste Mitglied zu werden und ein bedeutendes Zeichen zu setzen, sagt die Vereinsvorsitzende Sybille Krafft. Wenige Meter vor dem Bild Mannheimers sitzt am Freitagnachmittag der Tölzer Stadtpfarrer Peter Demmelmair, das stolze 500. Mitglied.

"Eine Vielzahl von Beweggründen" habe es für ihn gegeben, dem Verein beizutreten, sagt Demmelmair: die Geschichte der Gegend aktiv aufzuarbeiten, die Nähe zur Geschichte der Juden zu suchen, zu denen er aufgrund vieler Israel-Reisen eine Verbundenheit verspüre und, nicht zuletzt, die "menschlichen Begegnungen", die eine Mitgliedschaft in so einem Verein ermögliche. Zudem sei es ihm ein besonderes Anliegen gewesen, in der aktuellen Zeit, in der spendenfinanzierte Vereine besonders unter Druck geraten, ein Zeichen zu setzen.

Das Gemeinschaftsgefühl im Verein, der sich seit 2012 der Aufarbeitung der Geschichte der jüdischen "Displaced Persons" widmet, die nach dem Zweiten Weltkrieg im Lager Föhrenwald unterkamen, ist weiterhin ausgeprägt - auch wenn die Corona-Zeit eine spezielle Herausforderung ist. Das Museum musste bereits im Frühjahr schließen und nun erneut, die Einnahmen fielen weg. Die 25 Euro Mitgliedsbeitrag pro Jahr sind daher umso wichtiger.

Eine weitere Einnahmequelle, die für das Badehaus in den kommenden Wochen und Monaten eine wichtige Rolle spielen soll, lagert ebenfalls in dem Raum - in zahlreichen Paketen mit einem Gesamtgewicht von 2,63 Tonnen. "LebensBilder" heißt das Buch, das Krafft gemeinsam mit der Fotografin Justine Bittner vorstellt. Bittner hat seit 2018 - damals anlässlich der Museumseröffnung - begonnen, Porträtfotografien der Zeitzeugen aus dem Lager anzufertigen, die nun eigentlich in einer Ausstellung in Waldram zu sehen wären. Da dies nicht möglich ist, tröstet das Buch, in dem Bittners Fotografien von biografischen Texten begleitet werden.

Erst mit dem Beginn der Pandemie-Krise sei auch die Idee zum Buch geboren worden, berichtet Krafft: "Wir haben bemerkt, dass unsere Arbeit sich ja trotzdem fortsetzen muss", sagt sie. Ein bunt gemischtes Autorenteam habe das "Mammutprojekt" in den vergangenen Monaten bewältigt, von Montag an ist es für 24,90 Euro in lokalen Buchhandlungen, im Erinnerungsort oder auf der Website des Badehauses erhältlich. Eine Ausgabe wanderte jedoch bereits am Freitag aus dem Museum - in den Händen des 500. Vereinsmitglieds Peter Demmelmair.

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Quelle:
SZ vom 07.12.2020
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