Süddeutsche Zeitung

Erfolgreiches Geschäftsmodell:Taschen mit bairischem Touch

Sun Ja Schwarz aus Penzberg kombiniert in ihren Kreationen modernes Design mit Dialektsprüchen. Ihre Entwürfe sind auch auf der Wiesn gefragt. Inzwischen hat die gebürtige Koreanerin den Laden "mydascherl" eröffnet

Von Alexandra Vecchiato, Penzberg

Manchmal braucht es eine kreative Idee, dazu einen Schuss Chuzpe - und ein Geschäftsmodell ist geboren. So wie bei Sun Ja Schwarz aus Penzberg. Taschen gibt es ja zuhauf in allen Größen und Preislagen. Sie haben typischerweise einen oder zwei Henkel, sind mal ein Beutel, mal haben sie einen Boden - fertig. Die 46-Jährige sieht Taschen jedoch mit anderen Augen. "Sie sind als solche spannend", sagt sie. Sie seien ein Gebrauchsgegenstand und zugleich ein Modeaccessoire. Sie sollen praktisch sein, doch auch schmücken. Beides versucht die Modedesignerin in ihren Modellen mit bayerischem Touch zu vereinen, die sie unter dem Label "myDascherl" verkauft.

Es ist eine dieser Geschichten: Sun Ja Schwarz sucht eine Tasche passend zur Tracht und findet nichts. "Mir hat keine gefallen." Daraufhin entwirft sie ihre erste Tasche und stickt den Spruch "Sackl Zement" darauf. Weil sie nicht nur ihr selbst gefiel, sondern auch anderen, setzt sie sich an die Nähmaschine. Ihre ersten Leinentaschen verkauft sie am Weihnachtsmarkt im Freilichtmuseum Glentleiten. Mit Erfolg. Das war vor etwa fünf Jahren. Bald vertreibt sie ihre Designs nicht nur auf Märkten. Sie richtet einen Online-Shop ein, verkauft ihre Entwürfe deutschlandweit und in Österreich. Der Sackl-Zement-Beutel wird zum Must-Have auf der Münchner Wiesn.

Mit 14 Jahren habe sie bereits Modedesignerin werden wollen, erzählt die 46-Jährige. Nach dem Abitur am Penzberger Gymnasium bewirbt sie sich an der Meisterschule für Mode und Design in München. Viele Jahre arbeitet Sun Ja Schwarz für namhafte Modemarken in der Landeshauptstadt, vornehmlich als Grafikerin und Art Director. Mit der Familienplanung ging eine berufliche Umorientierung einher. 2018 eröffnete sie ihren Laden an der Bahnhofstraße 35 in Penzberg. Wer ihn betritt, findet sich in einem kleinen, feinen Shopping-Paradies wieder. Die Inneneinrichtung hat sie selbst entworfen. Klar und ausdrucksstark, lautet ihr Motto.

Das spiegelt sich auch im Design ihrer Taschen wider. Sun Ja Schwarz verwendet bevorzugt Leinen für ihre Kreationen. Filz und Leinen sind weitere Materialien. Egal ob Shopper, zartes Damentäschchen oder Rucksack - die Stickerei darf nicht fehlen. Alle Stickvorlagen entwirft die Penzbergerin selbst. Die Motive sind bayerisch, besser: bairisch. Dialekt-Sprüche zieren die Modelle. Neben "Sackl Zement" lautet ein weiterer "Zwiefacher", der sowohl Rucksack wie auch Schultertasche ist. Es gibt den "Bocksbeutel" mit kleinem Ziegenbock, Hirsche, Sterne - oder anlässlich des Stadtjubiläums in diesem Jahr eine Leinen-Einkaufstasche mit der Aufschrift "100 Jahre Penzberg" und der Silhouette der Bergarbeiterstadt. Diese Idee schlug ein, binnen vier Tagen lagen 280 Vorbestellungen vor. Inzwischen müssen Sun Ja Schwarz und ihr Team nochmals nachproduzieren. Fünf Euro pro verkaufter Tasche gehen an die Bürgerstiftung Penzberg.

Den Labelnamen "myDascherl" hat im Übrigen der Ehemann von Sun Ja Schwarz erfunden. Aus dem bairischen "mei" für "mein" wurde das englische "my". Sie wolle so Moderne und Tradition verbinden, sagt die 46-Jährige. Tradition und Heimat seien stets für sie ein Thema gewesen, "auch wenn jeder sieht, dass ich nicht von hier bin". Mit dreieinhalb Jahren wurde die gebürtige Koreanerin adoptiert und wuchs in Iffeldorf auf. Vor gut einem Jahr besuchte sie ihr Heimatland, um festzustellen, dass "ich dort nichts weiter als eine Touristin bin". In Oberbayern lägen ihre Wurzeln, sagt sie, hier gehe sie ihren Weg. Auf Facebook hat sie um die 13 500 Follower - eine richtige "myDascherl"-Community. Diese will sie nicht enttäuschen. Im Herbst wird es eine neue Tasche geben.

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Quelle:
SZ vom 02.09.2019
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