Energiewende:Wasser, Sonne, Biomasse

Klimafrühling Oberland Isarkraftwerk

Das Isarkraftwerk am Tölzer Stausee liefert seit 57 Jahren Strom. Für Landrat Niedermaier ist es eines der "visionären Bauprojekte" der Kurstadt.

(Foto: Manfred Neubauer)

Bad Tölz hat in den vergangenen Jahren zahlreiche Projekte für regenerative Stromversorgung realisiert. Dafür ist die Stadt nun als Energiewende-Kommune 2017 ausgezeichnet worden

Von Klaus Schieder, Bad Tölz

Vor 57 Jahren wurde in Bad Tölz das Isarkraftwerk gebaut. Für das große Gebäude nahe dem Stausee, das einst etwa 5,7 Millionen DM kostete, bekäme die Stadt heutzutage gar keine Genehmigung mehr - daran hegt Bürgermeister Josef Janker (CSU) keinerlei Zweifel. Und wer jetzt ein Biomasseheizkraftwerk von solchen Dimensionen plane, der könne sich sicher sein, dass es dagegen ein Bürgerbegehren gebe, sagt Landrat Josef Niedermaier (Freie Wähler). Für ihn zählt das alte Wasserkraftwerk aber zu den "visionären Bauprojekten" in Tölz, die dazu beitragen, das Ziel der Energiewende 2035 vielleicht doch zu erreichen. Und weil es davon eine ganze Menge gibt, hat die Energiewende Oberland (EWO) die Kurstadt jetzt als "Energiewende-Kommune 2017" ausgezeichnet.

Das Biomasseheizkraftwerk im Lettenholz, die Fernwärmeversorgung über Blockheizkraftwerke, der Solarpark auf der ehemaligen Deponie im Gewerbegebiet Farchet, viele Fotovoltaikanlagen im Stadtgebiet, die solare Trocknungsanlage neben dem Klärwerk, das sanierte Rathaus mit Eisspeicher-Heizung und Wärmerückgewinnung, die Umrüstung auf LED-Beleuchtung in den Straßen: Janker listete bei einer Feierstunde während der jüngsten Stadtratssitzung im Rathaus eine ganze Reihe von Maßnahmen auf, mit denen die Stadt in den vergangenen Jahren von fossilen auf regenerative Energieträger umschwenkte. Ausdrücklich bedauerte er, dass das geplante Biomasseheizwerk im Badeteil am Widerstand der Anlieger gescheitert sei. Das Projekt sei erst einmal zurückgestellt, sagte der Bürgermeister. "Dies war auch ein Grund, einen Energienutzungsplan in Auftrag zu geben, um die Notwendigkeit und das Ziel sehr deutlich darzustellen."

Mit diesem Gesamtkonzept erfüllt Bad Tölz eine wesentliche Voraussetzung für den Preis, der seit 2013 vergeben wird. Bislang wurden damit unter anderen die Städte Geretsried (2014) und Penzberg (2016) von der EWO ausgezeichnet, der mittlerweile 94 Kommunen in vier Landkreisen mit insgesamt 440 000 Einwohnern beigetreten sind. Eine weitere Bedingung ist ein Energiewende-Projekt, das Vorbildcharakter hat, die Bürger einbezieht sowie Unternehmen, Kommune und Bevölkerung vernetzt. In seiner Laudatio hob EWO-Vorsitzender Josef Kellner besonders die Stadtwerke hervor, die schon seit elf Jahren die Tölzer Bevölkerung zu 100 Prozent mit Ökostrom versorgten. Dies sei aber "nur ein überzeugendes und preiswürdiges Beispiel", sagte Kellner. Den Preis in Form eines Schildes, das am Rathaus angebracht werden soll, überreichte er an Bürgermeister Janker.

"Es gab unzählige energetische Sanierungen in den vergangenen Jahrzehnten in Tölz, in einer befinden wir uns gerade", sagte Landrat Niedermaier, bis 2008 selbst Bürgermeister der Kurstadt, im neuen Sitzungssaal des sanierten Rathauses. Neben dem Straßenverkehr zählt für ihn die Wärmeerzeugung zu den großen Herausforderungen bei der Energiewende 2035. Dazu seien auch Eingriffe ins Private nötig, was den Bürgern klargemacht werden müsse, sagte er. In diesem Zusammenhang nannte er den erfolgreichen Bürgerentscheid gegen die Biomasseheizwerk des Roche-Konzerns in Penzberg. "Wenn man einen Kamin vom Garten aus sehen kann, wird die Betroffenheit größer." Umso wichtiger sei es, die Sensibilisierung der Bevölkerung zu verbessern, "es geht nicht ohne öffentliche Diskussion".

Niedermaier forderte, schon bei der Bauleitplanung die Aspekte der Energiewende zu berücksichtigen. Durch die Erschließung von Baugebieten schreite beispielsweise die Zersiedelung immer weiter voran, vor allem auf dem Land. "Je mehr wir zersiedeln, desto größer sind die Wärmeverluste", warnte der Landrat. Außerdem sei zu bedenken, dass neue Wohnviertel, die am Rande liegen, mit dem öffentlichen Nahverkehr zu bedienen seien, so Niedermaier: "Ein Bus braucht dann zwei Mal so lange für einen Weg, als wenn ich den mit dem Auto fahre."

Der Landrat rief in seiner Ansprache dazu auf, auch Nahwärmeprojekte anzugehen. Vor allem in Straßenzügen, wo sich historische Gebäude aneinander drängen, in denen eine energetische Sanierung schwierig sei. "Ein Nahwärmenetz ist dann unbedingt geboten."

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