Energiewende im Landkreis:Strom von oben

Die Photovoltaik könnte im Landkreis ein Drittel der elektrischen Energie liefern, doch für Gemeinschaftsanlagen werden schon heute die Dächer knapp.

Suse Bucher-Pinell

Sonnenstrom vom Dach ist nach Ansicht des Geschäftsführers der Energiewende Oberland GmbH, Thomas Martin, die regenerative Energie mit dem größten Potential. "Wenn alle geeigneten Dachflächen in den beiden Landkreisen BadTölz-Wolfratshausen und Miesbach nur zur Hälfte mit Photovoltaik bestückt wären, könnten sie 38 Prozent des Strombedarfs liefern", sagt Martin und zitiert damit eine Berechnung der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO).

Energiewende im Landkreis: Zeilenweise Zellen: Alexander Hoffmann (rechts) und sein Vater Heinrich installieren für das jüngste Investitionsprojekt der Energiewende Oberland-GmbH eine Photovoltaik-Anlage auf dem kreiseigenen Ickinger Gymnasium.

Zeilenweise Zellen: Alexander Hoffmann (rechts) und sein Vater Heinrich installieren für das jüngste Investitionsprojekt der Energiewende Oberland-GmbH eine Photovoltaik-Anlage auf dem kreiseigenen Ickinger Gymnasium.

(Foto: Hartmut Pöstges)

Das wäre sogar mehr als nötig, denn im geplanten Energie-Mix für eine bis zum Jahr 2035 energieautarke Region Oberland liegt der Sonnenstrom-Anteil lediglich bei 30Prozent. Bis dahin ist allerdings noch einiges aufzuholen: Aktuell steuert die Photovoltaik zur Stromerzeugung innerhalb des EWO-Gebiets knapp sechs Prozent bei und liegt damit nur leicht über dem Bayernschnitt.

Die Photovoltaik-Anlage auf dem Dach des Ickinger Gymnasiums ist das jüngste Projekt der Energiewende Oberland GmbH. Wenn die Module ans Netz gehen, die Teil des "Solarparks III" der Energiewende sind, dann werden sie Strom für 30 Vier-Personen-Haushalte liefern. Insgesamt wird der Solarpark III rund vier Mal so viele Menschen versorgen können, nämlich fast 500. Solche Solarparks sind für Thomas Martin eine rundum tolle Sache.

"Bürger, die kein eigenes oder kein geeignetes Dach besitzen, können über ihre Beteiligung gemeinsam mit anderen eigenen Strom produzieren." Er selbst macht es vor und ist an mehreren von der EWO initiierten Gemeinschaftsanlagen beteiligt. Rein rechnerisch produziere er so ein Mehrfaches seines Stromverbrauchs, sagt er stolz.

Und er verdient, wie alle anderen Anteilseigner auch, durch die Einspeisung des Stroms ins öffentliche Netz auch noch Geld. Bei vier bis fünf Prozent liege die Rendite beim Solarpark III. Früher konnten durch höhere Vergütungssätze auch sechs Prozent erreicht werden.

Mit dem Fortschritt der Technik und der Erfahrung sind auch die Solarparks größer geworden. Während Einzelprojekte wie die vor drei Jahren eingeweihte Bürgersolaranlage auf dem Tölzer Finanzamt eine Spitzenleistung von 35 Kilowatt haben, ist der Solarpark III bei besten Bedingungen auf maximale 500 Kilowatt ausgelegt.

Investitionssumme von zwei Millionen Euro

Ein Viertel der Investitionssumme von zwei Millionen Euro steuern die in einer Kommanditgesellschaft zusammengeschlossenen Miteigentümer der Anlage in Anteilen zu 2500 Euro als Eigenkapital bei. Den Rest finanzieren sie über Darlehen. Die dazugehörenden Dächer, die für den Solarpark angepachtet werden, liegen weit verstreut: Am Gymnasium Icking, auf der Feuerwehr in Gmund oder der Hauptschule in Miesbach, und weitere sollen dazukommen. Deren Suche gestaltet sich für Martin jedoch schwieriger als gedacht.

Auch die kleine Solargenossenschaft Eurasburg würde gerne neue Mitglieder aufnehmen und neue Projekte angehen, wenn sie denn geeignete Dächer fände. Seit sich 57 Bürger aus der Umgebung vor vier Jahren zusammengeschlossen haben, wird auf dem gemeindlichen Bauhof, der Schule und dem Bürgerhaus Achmühle Strom erzeugt.

"Wir prüfen Schule für Schule"

270 000 Euro haben die Genossen in Module mit einer Gesamt-Spitzenleistung von 65,5 Kilowatt investiert, was ihnen jeweils eine Dividende von fünf Prozent beschert. Vorstand Manfred Dichtl hofft, dass das Tölzer Landratsamt bei der Suche helfen kann. Doch Pressesprecherin Sabine Schmid dämpft die Hoffnungen. "Wir prüfen Schule für Schule", sagt sie auf Nachfrage. Viele potentielle Dächer hätten aber keine ausreichende Statik.

Anders viele Bauernhöfe. Fährt man durchs Oberland, hat man leicht den Eindruck, dass kaum mehr einer ohne Photovoltaikanlage geblieben ist. Wie viel Strom die Landwirte insgesamt erzeugen, ist nirgends erfasst. Thomas Martin jedenfalls ist jedes einzelne Modul recht. Obwohl die im Erneuerbare-Energien-Gesetz auf 20 Jahre garantierte Einspeise-Vergütung seit 2004 von 51 Cent auf mittlerweile 28Cent je Kilowattstunde gesenkt worden sei, rentiere sich die Investition in Photovoltaik noch immer.

Martin zeigt sich fest davon überzeugt, dass in zwei bis drei Jahren die Stromgestehungskosten aus Photovoltaik günstiger sind als der Strompreis. Die Ökobilanz sei ebenfalls positiv. "Die Energierücklaufzeit für große Solaranlagen beträgt entgegen der weit verbreiteten Meinung weniger als zwei bis drei Jahre", sagt er. Bei einer Lebenszeit von mehr als 20 Jahren bleibe damit ein dickes Energieplus. "Pro Kilowatt Spitzenleistung wird der Ausstoß von 600 Kilogramm Kohlendioxid im Jahr verhindert."

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