Süddeutsche Zeitung

Energiewende:Kraftanstrengungen fürs Klima

Die Geretsrieder Energiemanagerin Roswitha Foißner setzt auf alle regenerativen Quellen.

Von Felicitas Amler

Die Stadt Geretsried hat längst auf Öko-Strom umgestellt. Rathaus, Schulen, Kindergärten, Ampeln, Straßenbeleuchtung, Ladesäulen, Feuerwehr, Vereinsheime - alles werde mit regenerativer Energie betrieben, sagt die städtische Energiemanagerin Roswitha Foißner. Derzeit komme der Strom aus norwegischer Windkraft; bei der nächsten Vergabe werde es Wasserkraft sein, die habe die beste Effizienz. Die Stadt hat allerdings den geringsten Anteil am Energieverbrauch in Geretsried. Die Grafik im "Teilenergienutzungsplan" weist ein winziges Tortenstück von 1,41 Prozent dafür aus. Der Rest verteilt sich auf private Haushalte (27,51 Prozent), Gewerbe und Industrie (25,28 Prozent) und - das größte Problem beim Klimaschutz - den Verkehr mit satten 45,80 Prozent.

Für den Verkehr ist Foißner nicht zuständig. In ihr Fachgebiet fallen Gebäude- und Energiemanagement. So hat sie auch Einfluss darauf, wie das Rathaus, das mehr Platz braucht, sein Dachgeschoss ausbaut. Das komplette Dach werde erneuert, erklärt sie. "Ein ungedämmtes Dach ist immer ein großer Verlustfaktor." Foißner schätzt das Einsparpotenzial auf zehn Prozent. Auch der Ersatz alter Beleuchtungskörper durch Leuchtdioden (LED) bringe einiges. Im Rathaus werde zudem der hintere Eingang isoliert, es würden Heizkörper und Fenster erneuert.

Die Energiemanagerin kann aber auch beraten und Impulse geben. Geretsried ist am Energieeffizienz-Netzwerk der Hochschule Landshut beteiligt, einem Forschungsprojekt mit regelmäßigen Informationsveranstaltungen und konkreten Maßnahmen.

Die Stadt selbst hat an der Adalbert-Stifter-Straße ein Hackschnitzel-Heizkraftwerk errichtet, das alle umliegenden Einrichtungen versorgt: Hallenbad, Gymnasium, Mittel-, Real- und Musikschule, Bücherei, Eisstadion und Jugendzentrum "Saftladen".

Zu den Projekten, die in die Stadt hineinwirken, gehört das Solarkataster, mit dessen Hilfe private und gewerbliche Hausbesitzer prüfen können, ob ihr Gebäude für Photovoltaik (PV) und Solarthermie geeignet ist. Die Karte der Dachlandschaft zeigt es mit Farben, Grün heißt gut geeignet, Gelb geeignet, Orange bedingt und Rot nicht geeignet. Wer sich im Internet (www.geretsried.de/840/) in die Karte hineinklickt, kann individuelle Ergebnisse erstellen.

Das Thema wollen Foißner und ihre Wolfratshauser Kollegin Vivian Horngacher noch weiter angehen, mit einem Kurs "Wie plane ich meine PV-Anlage?" Wie viel der Einbau bringen kann, zeigt sich an der Karl-Lederer-Grundschule. Die Aufstockung dort wurde mit der Installation einer PV-Anlage verbunden, die Grund- und Mittelschule versorgt. Der Stromverbrauch sei monatlich um 1000 Euro billiger, sagt Foißner.

Die Frage nach dem wirksamsten Klimaschutz beantwortet die studierte Umwelt- und Energiemanagerin so: "Wir brauchen alles, Windkraft, Photovoltaik, Geothermie." Als Foißner ihre Stelle im Geretsrieder Rathaus vor vier Jahren antrat, lag ihre größte Hoffnung für Geretsried auf der Geothermie aus Tiefenwasser, die Enex in Gelting plante. Auf diesem Projekt basierte schließlich das ehrgeizige Klimaziel der Stadt, die 2011 beschlossen hatte, den Ausstoß des Treibhausgases Kohlendioxid (CO₂) bis zum Jahr 2020 um rund 40 Prozent zu senken.

Das ursprüngliche Geothermie-Vorhaben aber scheiterte bald nach Foißners Beginn im Rathaus. Erst jetzt hat sich mit dem sogenannten Eavor-Loop eine neue Hoffnung aufgetan. Sollte es den Unternehmen Enex und Eavor gelingen, am Geltinger Bohrplatz durch eine Art riesige Fußbodenheizung Energie zu gewinnen, könnten ganz Geretsried und weite Teile von Wolfratshausen mit Fernwärme versorgt werden.

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SZ vom 11.09.2021/aip
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