Energiewende im Landkreis:Stromfressern auf der Spur

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Energiesparlampen, alter Kühlschrank, Durchlauferhitzer: Ein Gebäudeenergieberater überprüft Wohnungen nach Einsparmöglichkeiten.

Ingrid Hügenell

Manche Leute haben Hüftspeck. Die Familie Köpf hat eine ganz andere Problemzone. Sie steht in der Küche und hält Lebensmittel frisch. SZ-Mitarbeiter Matthias Köpf fürchtet, sein Kühlschrank verbrauche viel mehr Strom als nötig, schon weil die Tür des Drei-Sterne-Gefrierfach nur notdürftig mit Isolierband abgedichtet ist. Sebastian Brauß aus Wolfratshausen, der im August seine Zusatzausbildung zum "Gebäudenergieberater 24" abschließen wird, soll die Wolfratshauser Wohnung des Ehepaars mit zwei kleinen Kindern unter die Lupe nehmen und Einsparmöglichkeiten aufzeigen.

Wer Sebastian Brauß oder einen anderen Energieberater ins Haus holt, muss damit rechnen, dass er drei bis vier Stunden bleibt und alles durchcheckt. (Foto: Hartmut Pöstges)

Wenn es darum geht, von Erdöl, Kohle und Kernenergie unabhängig zu werden, hat die Energieeinsparung das größte Potential, darin sind sich die Experten einig. Privatleute können vor allem bei der Mobilität und im Haushalt sparen. Die privaten Haushalte verbrauchen laut Umweltbundesamt in Deutschland rund ein Viertel der Energie. Da lässt sich also einiges machen, und das tut auch dem eigenen Geldbeutel gut.

Beim Köpf'schen Kühlschrank zum Beispiel. "Die besten neuen Geräte brauchen 70 Prozent weniger Energie als Altgeräte", sagt Brauß. Wenn der Verbrauch des alten Kühlgeräts über einen ganzen Tag hin durchschnittlich 500 Watt über dem eines neuen liege, rechne sich die Anschaffung finanziell auf alle Fälle, sagt er. Ob das bei Köpfs auch so ist, könnte Brauß mit dem Energy Logger feststellen - wenn er an die Steckdose käme. Doch die ist hinter dem Einbaugerät versteckt. Das kleine Messgerät kann man zwischen Steckdose und Gerät stöpseln. Es zeigt, wie viel Strom ein Gerät aus dem Netz holt. Jeder kann sich für 20 oder 30 Euro einen solchen Logger anschaffen. Wichtig sei, erklärt Brauß, dass es auch kleine Leistungen anzeige.

Neben dem Kühlen verbraucht das Zureiten von heißem Wasser im Haushalt die meiste Energie. Die Familie Köpf hat keine elektrischen Wasserboiler oder Durchlauferhitzer. Gäbe es sie, würde Brauß dazu raten, die Stromfresser nicht zu nutzen oder ganz rauszuwerfen. Was warmes Wasser aus der Leitung angeht, ist das Zweifamilienhaus gut ausgestattet: Der Vermieter hat auf dem Dach eine Solaranlage angebracht.

Im Sommer wärmt sie das Wasser für das ganze Haus, "manchmal ist es schon fast zu heiß", sagt Astrid Köpf. Und im Winter unterstützt die Anlage die Heizung. Energetisch wäre es sehr günstig, wenn Spülmaschine und Waschmaschine einen Warmwasseranschluss hätten, erklärt Brauß. Dazu brauche man die entsprechenden Geräte und einen Installateur, der sie anschließt.

Schließlich kommt der Energy Logger doch noch zum Einsatz. Brauß spürt damit Geräte auf, die Strom verbrauchen, obwohl sie ausgeschaltet sind. Der Drucker der Köpfs beispielsweise zieht ständig 0,3 Watt. Die Nähmaschine hingegen ist wirklich ausgeschaltet. Der Router hängt immer an der Steckdose, man braucht ihn, damit das Telefon funktioniert. Sechs Watt verbraucht er für Telefon und DSL-Leitung. Schaltet man die WLAN-Funktion dazu, steigt der Verbrauch um ein Watt. Standby-Schaltungen machen etwa zehn Prozent des Stromverbrauchs im Haushalt aus, weiß Brauß. Bei einer Stromrechnung von 1500 Euro im Jahr sind das 150 Euro.

Handlungsbedarf habe die Familie noch bei den Lampen, findet Brauß: "Das ist das Allerwichtigste." Fast überall leuchten noch Glühbirnen. Er rechnet vor: Eine 60-Watt-Glühlampe kann man durch eine Elf-Watt-Energiesparlampe ersetzen. Das spart bei zwei Stunden Brenndauer täglich gut neun Euro im Jahr pro Lampe. Matthias Köpf war mit Energiesparlampen bisher trotzdem nicht glücklich: Manche sirren, das stört ihn, und sie geben kein schönes Licht, sind einfach funzlig. Brauß verweist auf neuere Modelle ohne Sirren, die warmes Licht spenden und heller leuchten.

Auf andere Stromverbraucher haben vor allem Hausbesitzer Einfluss, etwa auf Umwälzpumpen für Heizung und Warmwasser. Falsch eingestellt laufen die Heizungspumpen auch im Sommer, obwohl die Heizung gar nicht gebraucht wird. Völlig unnötig werde so Strom verbraucht, sagt Brauß. Wie man ein Haus so gut abdichten kann, so dass man viel weniger heizen muss, weiß der studierte Holzstatiker ziemlich gut.

Wer ihn oder einen anderen Energieberater ins Haus holt, muss damit rechnen, dass er drei bis vier Stunden dableibt und alles durchcheckt. Aus welchem Material das Haus gebaut wurde, wo besser gedämmt werden müsste, wie gut die Heizungsanlage ist, ob eine Lüftungsanlage oder neue Fenster nötig wären. Manchmal sind radikale Lösungen geboten: "Wenn ein Haus hochenergetisch gedämmt werden soll, damit es ein Niedrigenergiehaus wird, dann muss auch mal der Balkon weg", sagt Brauß. Denn Stahlträger, die in die Wand hineinreichen, sind erstklassige Wärmebrücken, über die das Haus ständig Heizenergie verliert. Neue Balkone kann man vor das Haus stellen oder von oben abhängen.

Hat der Energieberater alles geprüft und durchgerechnet, schreibt er einen Bericht, den der Hausbesitzer braucht, um Darlehen für die energetische Sanierung zu beantragen. Wie und wo das geht, zum Beispiel bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau, auch das weiß Brauß. Und er kann ausrechnen, wann sich eine Investition amortisiert.

Mit einfachen Energiespartipps gibt er sich indes nicht ab. Er hält es für selbstverständlich, dass man die Kühlschranktür schnell wieder zu- und die des Backofens besser gar nicht aufmacht, den Topf mit einem guten Deckel verschließt, wenn man Wasser zum Kochen bringen will. Tipps gibt es im Internet reichlich. So wird geraten, statt zu saugen auf glatten Flächen lieber zu kehren und zu wischen. Vor allem moderne Staubsauger mit bis zu 2500 Watt Leistung sind wahre Stromfresser.

Unter www.umweltinstitut.org. ist nachzulesen, wie man richtig heizt und lüftet, und dass ein Wasserkocher und eine Spülmaschine nützliche Stromsparer sind. Man erfährt auch, wie man Trockner und Kühlschrank effizienter nutzen kann, etwa durch simples Abstauben der Geräterückseite und regelmäßiges Säubern des Flusensiebs.

© SZ vom 18.06.2011 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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