Süddeutsche Zeitung

Energiesparen im Alltag:Sichtbare Verluste

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Die Stadt Geretsried und die Bürgerstiftung Energiewende Oberland zeigen an drei Beispielen, wo zum Fenster hinaus geheizt wird. Der EWO-Experte rät zur Haussanierung beim Generationswechsel

Von Felicitas Amler, Geretsried

Die Schwachstelle ist augenfällig: Das Einfamilienhaus in Gelting sieht auf dem Wärmebild weitgehend gut isoliert aus. Nur mittendrin in all dem kühlen Blau und Grün dieser knallrote Fleck - da wird nach draußen geheizt. Es ist die Eingangstür, die ökologisch gesehen verbesserungswürdig ist. Ob die Hausbesitzer das kleine Problem angehen wollen, bleibt ihnen überlassen. Die Stadt Geretsried und die Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) haben dazu nur die Grundlage geliefert. Drei Geltinger konnten ihre Häuser gratis untersuchen lassen.

Geretsried hat durchaus eigenes Interesse daran, dass mehr Einwohner ihre Häuser dämmen lassen. Denn das erspart nicht nur den Besitzern Ausgaben, sondern hilft einer Stadt im Bemühen um den Klimaschutz weiter. Und hier ist die Stadt an jedem ökologischen Mosaiksteinchen interessiert, umso mehr seit ihr eine Säule weggebrochen ist: Die Geothermie in Gelting hat sich als unrealistisch erwiesen.

Die städtische Geretsrieder Energiemanagerin Roswitha Foißner erklärt, der Brennstoffverbrauch eines Gebäudes könne durch energetische Sanierung um mehr als 30 Prozent gesenkt werden. Zusammen mit einer Erneuerung der Heizung könnten hier im gesamten Stadtgebiet pro Jahr etwa 28 000 Tonnen Kohlendioxid (CO₂) eingespart werden. Der gesamte CO₂-Ausstoß über alle Verbrauchergruppen inklusive Verkehr liege bei 220 000 Tonnen.

Um mit gutem Beispiel voranzugehen, lässt die Stadt bei der Wärmebildaktion auch das eigene Geltinger Feuerwehrhaus ablichten. Die beim Termin anwesenden Feuerwehrleute erkennen auf den Bildern sofort, was Sache ist: Hinter der Wand, die da so rot leuchtet, befindet sich die Heizung, heißt es zum Beispiel. Auch die Privatleute, die ihre Häuser anschauen lassen, entdecken die Problemzonen auf einen Blick: Da heize wohl die Mieterin ein bisschen viel, meint der eine. Der andere stellt fest, dass es sich doch lohnen könnte, dieses Loch in der Mauer zu schließen.

Die Wärmebildkamera, mit der Stefan Lecheler von der Bürgerstiftung Energiewende Oberland fotografiert, ist nach seinen Worten etwa 30 000 Euro wert. Interpretierfähige Bilder kann man nicht sofort an Ort und Stelle auf dem Kameradisplay sehen. Vielmehr wertet Lecheler sie nach dem Außentermin erst im Gasthaus Alter Wirth über seinen Computer aus. Hier kann er genauer sagen, wo ökologisch vertretbare minus drei Grad (dunkelblau), mittlere fünf Grad (gelb) oder - bei den derzeitigen Außentemperaturen alarmierende - neun Grad herrschen. Zur Überraschung der Besitzer des früheren Geltinger Postamts ist es nicht der Altbau aus den Jahren 1947/48, der in grellem Rot erstrahlt, sondern eben die Tür im weitaus jüngeren Anbau.

Energiemanager Andreas Scharli von der EWO sagt, eine energetische Haussanierung biete sich immer bei einem Generationswechsel an. Und: "Das Sinnvollste sind die Dächer." Denn bei Häusern sei es wie bei Menschen: "Nach oben hin haut die meiste Wärme ab." Zimmerer könnten beurteilen, ob dann etwa eine Zwischensparrendämmung ratsam sei oder eine komplette Dämmung. Für Fassaden böten sich bei größeren Wohnblocks Mineralstoffdämmungen an, bei privaten Häusern eher Holzfasern, die ebenfalls schwer entflammbar seien. Ob er die Tür eines Gebäudes auswechseln ließe, wenn sie - siehe Gelting - auf dem Wärmebild knallrot ist? Scharli sagt: "Grundsätzlich lohnt es sich immer, alte Alutüren auszutauschen. Alu ist ein optimaler Wärmeleiter."

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SZ vom 19.02.2019
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