Süddeutsche Zeitung

Ende einer Legende:Abgerutscht

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Das Alpamare in Bad Tölz sperrt am Sonntag für immer zu. Im Interview erklärt der Betreiber und Jod-AG-Vorstand Anton Hoefter, warum Investitionen alles nur noch schlimmer gemacht hätten und was nun aus den Mitarbeitern und dem Inventar wird

Interview von Alexandra Vecchiato, Bad Tölz

Am kommenden Sonntag schließt das Alpamare. Über Jahrzehnte hat das Spaßbad das Tölzer Kurviertel geprägt. Über die Gründe der Schließung, die Zukunft des Kur-Standorts und besonders der etwa 50 000 Quadratmeter großen Grundstücke der Jodquellen AG sprach Anton Hoefter, Vorstand der Jodquellen AG, im Interview mit der SZ.

SZ: Herr Hoefter, es sind nur noch wenige Tage bis zur Schließung des Alpamare. Überkommt Sie da Wehmut?

Anton Hoefter: Wehmut weniger, weil wir lange an der Schließung arbeiten. Sie ist mit viel Arbeit verbunden. Da bleibt kaum Zeit für Wehmut. Aber natürlich ist jeder Abschied nicht einfach.

Wann waren Sie das letzte Mal beim Baden im Alpamare?

Am Mittwoch.

Und wie ist das Alpamare aus Sicht eines Badegastes?

Wahrscheinlich immer noch eines der attraktivsten Bäder weltweit. Ich kenne sehr viele Bäder, unsere Außenbecken eingebettet in einer Parklandschaft sind in dieser Form einzigartig.

Warum bleiben dann die Besucher aus?

Die Wettbewerbsfähigkeit des Alpamare als Freizeitbad in seiner heutigen Ausprägung ist nicht mehr gegeben. Das Alpamare hat als privates Bad nie Unterstützung der öffentlichen Hand erhalten. Aber der Wettbewerb in der deutschen Bäderlandschaft verzerrt wird durch kommunal finanzierte Bäder. Hier können sich privat betriebene Bäder nur strategisch erfolgreich positionieren über Größe und neue Attraktionen. Der Standort Bad Tölz und die Lage des Alpamare erlauben jedoch kein weiteres Wachstum. Hinzu kommen - aufgrund der Lage - die unbefriedigende Parkplatzsituation und die Immissionsschutz-Problematik im ehemaligen Kur- und heutigen Wohngebiet.

Wer trägt Ihrer Meinung nach die Schuld?

Wir sind ein privates Bad, wir haben keinen Anspruch auf Subvention. Fakt ist, das Alpamare kann nicht in Konkurrenz treten mit all den anderen kommunal finanzierten Bädern. Das ist der Hauptgrund für die Schließung.

Was hat die Jodquellen AG versäumt?

Wir haben schon länger erkannt, dass der Wettbewerb immer schwieriger wird. Das hat sich seit der Jahrtausendwende abgezeichnet, als es einen großen Schub an kommunalen Bäder-Neueröffnungen wie in Bad Reichenhall oder Bad Aibling gab. In diesem Umfeld hätten massive Investitionen nur noch alles schlimmer gemacht. Aber wir haben deshalb 2008/2009 das Thema "Tölzer Quellen" auf Wunsch der Stadt entwickelt. Ziel war ein Wellness-Bereich im Alpamare, der letztlich zu einer Verkleinerung des Bades geführt hätte, zu einer Art "Boutique-Bad". Doch der Tölzer Stadtrat lehnte dies ab. 2012/13 haben wir daraufhin die Schließung des Alpamare angekündigt. Die Stadt kam damals noch einmal auf uns zu. Aber auch aus dem sehr innovativen Projekt "Alpamare Spa" wurde nichts.

Was wird aus den Mitarbeitern?

Wir haben mit dem Betriebsrat in sehr intensiven Verhandlungen einen Sozialplan ausgearbeitet. In Kooperation mit der Arbeitsagentur fanden Workshops für die 40 Festangestellten und etwa 60 Teilzeit-Beschäftigten statt. Wir haben Kontakt zu vielen uns bekannten und befreundeten Firmen wie etwa der Therme Erding aufgenommen, um dort offene Stellen zu finden. Einige unserer Mitarbeiter haben bereits Verträge unterschrieben. Wie viele, kann ich nicht sagen. Die Mitarbeiter im Hotel Jodquellenhof haben nach dessen Schließung fast alle attraktive Jobs gefunden. Leider ist keiner ist in Bad Tölz geblieben.

Hätte es sich nicht gelohnt, wenigstens das Hotel weiter zu betreiben?

70 Prozent unserer Privatgäste sind wegen des Alpamare nach Bad Tölz gekommen. Es gibt kein Hotel ohne das Alpamare.

Hat der Kur-Standort Tölz eine Zukunft?

Die Stadt steht vor einem ziemlich großen Wandel. Das war schon immer so: Früher wurde in Bad Tölz mit Salz gehandelt, dann kamen die Bierbrauer. Wandel bietet große Chancen.

Die da wären?

Die Nähe zu München und den Alpen macht Bad Tölz zu einem sehr guten Lebensort, an dem es gelingen sollte, nicht nur neue Wohnungen zu schaffen, sondern überdies neue Arbeitsplätze. Wir haben zu Firmen Kontakt, die hierher ziehen möchten, um ihren Mitarbeitern ein attraktives Umfeld zu bieten.

Sie sehen im Badeteil einen neuen Mix?

Hier braucht es eine gesunde Mischung aus Wohnen und Arbeiten. Neue Wohnformen für Familien und junge Leute, die in Bad Tölz auch arbeiten.

Was passiert nach der Schließung des Alpamare?

Am Montag wird das Bad gründlich gereinigt. Dann feiern wir mit den Mitarbeitern Abschied. Ein Großteil der Ausstattung wird verkauft, die Rutschen werden an anderen Standorten wieder verwendet.

Ist das Alpamare dann eine Ruine?

Hoffentlich nicht. Wir haben seit Längerem der Stadt einen Vorschlag unterbreitet, wie wir das Areal entwickeln möchten. Entlang der Herderstraße, die eine Spielstraße werden könnte, soll Wohnbebauung in einer Parkanlage entstehen. Dadurch würde sich das derzeitige Bauvolumen um 30 bis 40 Prozent reduzieren. Zurzeit hat die Stadt hat andere Ziele, so wird das Alpamare auf absehbare Zeit wohl leer stehen. Einen Teil werden wir vermieten.

Könnte es eine zweite Szenerie wie im Ortskern von Bad Heilbrunn geben?

Wir haben immer gesagt, dass wir eine solche Situation eigentlich vermeiden möchten. Deshalb haben wir 2012/2013 mit der Stadt mögliche Nutzungen evaluiert, die in einem Rahmenplan festgehalten sind. Klar ist aus unserer Sicht, dass wir auf unseren Grundstücken keine touristische Nutzung verfolgen werden. Es bleibt nun abzuwarten, was der Wandel im Badeteil bringen wird.

Welche Pläne gibt es für die Wandelhalle?

Es hat sehr positive vorbereitende Gespräche mit dem Landesamt für Denkmalpflege und dem Tölzer Landratsamt gegeben wegen einer Nutzungsänderung. Wir könnten uns eine Mischnutzung mit Gewerbe, Gastronomie und Wohnen vorstellen. Die Wandelhalle kann aber nur im Kontext der Gesamtentwicklung des Areals weiter verfolgt werden.

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Quelle:
SZ vom 27.08.2015
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