Ende des Theatersommers:"Ein Kefir voller Narren"

Ecco Meineke unterm Apfelbaum

"Das Thema ist gegessen", findet Ecco Meineke.

(Foto: Manfred Neubauer)

Ecco Meineke irrt durchs Labyrinth des Essens und Kochens

Von Christa Gebhardt, Icking

Finale bei der Gesellschaft unterm Apfelbaum: Ecco Meineke bestreitet seit Jahren den Abschluss der idyllischen Reihe in Irschenhausen. Das Publikum, von der feinen Küche des Theaterbetriebs bereits köstlich gesättigt, wartet auf den Künstler mit seinem Programm "Das Thema ist gegessen".

Millionen Deutsche gucken Kochshows, nur die wenigsten kochen selbst, auch Meineke nicht. Er ist ein Food-Analphabet, der durch die Labyrinthe des Lebensmittel-Systems irrt. Und weil er durchaus lernwillig ist, schaut er sich die Essgewohnheiten seiner Mitmenschen genauer an.

Da ist sein Nachbar Roland Gehlenkirch, ein alter Knacker, der nur mit Hilfe der urdeutschen Kartoffel den letzen Krieg überlebt hat. Meineke verwandelt sich mittels einer Karoschiebermütze rasch in den schwafelnden Tattergreis, der die Zuschauer jedes Mal aufstöhnen lässt, wenn er mit schauerlich knirschenden Geräuschen das Gebiss im Mund hin- und her schiebt. Seine lebenslange Kartoffelkur, nach der preußisch-militärischen Rezeptur "Zuckerbrot und Peitsche", verordnet schon von Wilhelm II., hat ihn offensichtlich die Weltkriege überleben lassen, ihn aber nicht vor der Demenz bewahrt.

Der kritische Hinweis, dass 80 Prozent unserer Lebensmittel mit Zucker angereichert sind und unsere Kinder dick und hyperaktiv machen, kommt später etwas unvermittelt, leitet aber über zum Thema gesundes Essen. Sollte man vegan sein wie Petra, die gestrenge Verfechterin des Gemüses? Wenn man aber schon die Namen der Gemüsesorten nicht richtig buchstabieren kann und das alles nur geschrubbt, steril in Zellophan verpackt aus dem Supermarkt kennt, hat man ein Problem, eine Karotte als essbar zu identifizieren, die mit Erdkrümeln bedeckt und schrumpelig als Bio deklariert, noch das ganze grüne Kraut dran hat. Vegan ist anstrengend.

Vielleicht lieber italienisch? Meineke lässt mit Kochmütze auf dem Kopf Küchenshowstar Fabio "von Satt 1" politisch unkorrekte Menüs zaubern: All die Übelkeiten auf der Welt mit "depressione, problemi, corruptione" werden da einfach weggekocht mit Rezepten à la "Gebratene Eier von presidente und Putingeschnetzeltes". Meineke will ja lernen, richtig zu essen und muss dann aber feststellen, dass es auch beim Möchtegern-Gourmet Dr. Kaiser-Schmarrn, der stundenlang an einem Billigwein herummümmelt oder bei der PR-Tante Natascha Hatlischka von der Firma "Feiner essen in Österreich" mit ihrem aalglatten Werbesprech mit Nullaussage nichts wirklich Nahrhaftes zu holen gibt. Natürlich kommt einem da der junge fesche Kanzler in den Sinn, der die rechte Soße übers österreichische Nationalgericht gießt.

Ein letzter Versuch, bevor es ans Eingemachte geht, gilt der WG im Haus, die ein konsumverachtendes Hippieleben pflegt, mit wechselnder Belegschaft und Alkohol-Flatrate. Die farbenfrohen Schimmellandschaften in deren Maxikühlschrank treiben den nach Wahrem hungernden Mann schließlich doch zum Einkaufen: Selber kochen also. Meineke steigert sich mit der Nummer "Lost im Feinkostladen" in eine fulminant absurde Suche nach edlen Lebensmitteln mit unaussprechlichen Namen, wobei er doch im "Kefir voller Narren" letztlich völlig verwirrt Edamer nicht mehr von Erdoğan unterscheiden kann.

Das Tempo kann Meineke nach der Pause nicht mehr halten, und so erfreut sich das Publikum am Ende eines langen Abends an seinen gekonnt musikalischen Einlagen. Ganz frei nach Sinatra: "I koch in my way!"

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