Wie sehr die lange Trockenheit der Natur im Landkreis zusetzt, macht sich an stark gesunkenen Wasserpegeln bemerkbar. Kleine Bachläufe sind teils trocken gefallen, so wie die durch das Königsdorfer Filz führende Rottach. Wie die Moore im Landkreis auf solche extremen Witterungsbedingungen reagieren oder sogar Schaden nehmen können, beantwortet Elisabeth Pleyl im Gespräch. Sie ist die zuständige Fachkraft für Moorrenaturierung am Landratsamt Bad Tölz-Wolfratshausen.
SZ: Frau Pleyl, in unserer Region ist es schon wochenlang ungewöhnlich trocken. Es hat kaum geregnet. Manche Moorflächen wirken schon regelrecht ausgeblichen. Ist das ökologisch bedenklich?
Elisabeth Pleyl: Sorgen muss sich niemand machen. Naturnahe Moore, die nicht entwässert werden, können praktisch nicht austrocknen. Wirklich trocken sind nur die obersten Zentimeter. Die bilden aber auch eine Schutzschicht vor den Witterungsbedingungen und schränken die weitere Verdunstung ein. Die naturnahen Moore sind regenerationsfähig. Trockenperioden wie derzeit können sie überdauern. Wenn es regnet, füllen sie sich wieder mit Wasser auf und die Torfmoose nehmen wieder Farbe an.
Oft regnet es nach Trockenperioden dann besonders stark. Solche Niederschläge gelten allgemein als problematisch, weil das viele Wasser gar nicht im Boden versickern kann. Trifft das nicht auf Moore genauso zu?
Im ersten Moment mag das widersprüchlich erscheinen, dass naturnahe Moore mehr Wasser aufnehmen, als für Kultivierungszwecke trocken gelegter Moorboden. Aber die ausschließlich im naturnahen Moor wachsenden Torfmoose können das 20- bis 30-fache ihres Eigengewichts an Wasser aufnehmen. Ein naturnahes Hochmoor kann dadurch bis zu 1200 Kubikmeter Wasser pro Hektar speichern. Es kann sehr hohe Niederschlagsmengen komplett aufnehmen und dann langsam über Wochen und Tage abgeben. Die Natur stellt uns hier einen reversiblen, wartungsfreien Schutz vor Hochwasser kostenlos zur Verfügung.
Also schützen naturnahe Moore unmittelbar vor extremen Wetterbedingungen?
Ja, intakte Moore helfen mit, dass das regionale Klima in heißen Sommern etwas feuchter und kühler bleibt. Darüber hinaus reinigen sie das Wasser und spielen eine wichtige Rolle für die Grundwasserversorgung. Unterm Strich schaffen wir durch die Renaturierungen, dass die Moore in ihrer Funktionsfähigkeit bestehen bleiben. Das betrifft neben der Wasserrückhaltefähigkeit vor allem den Lebensraum Moor für viele besonders seltene Tier- und Pflanzenarten und das Moor als Senke für Treibhausgase. Nasse Moore sind vor Torfzersetzung und damit vor Abgabe großer Mengen an Kohlendioxid und Lachgas geschützt.
Muss dann nicht alles daran gesetzt werden, möglichst viele Moorflächen schnell wieder zu vernässen?
In unserer Region sind wir sehr begünstigt. Im Landkreis sind von rund 6000 Hektar Hochmoor etwa 2000 Hektar relativ naturnah. 560 Hektar davon haben wir schon wieder vernässt. Bei weiteren rund 1500 Hektar wäre das prinzipiell relativ leicht zu schaffen, weil die Flächen schwer erreichbar sind und nicht bewirtschaftet werden. Allerdings gibt es dort oft recht viele Eigentümer von relativ kleinen Parzellen. Nicht jeder will sofort verkaufen. Dafür gibt es auch weitere Möglichkeiten, sich zu beteiligen, zum Beispiel durch Verpachten von Moorgrund. Einige Eigentümer stellen ihren Moorgrund auch gerne unentgeltlich zur Verfügung, damit das Niederschlagswasser durch die Torfmoose auf der Fläche bestmöglich zurückgehalten wird.
Sollte die Politik nicht mehr Druck machen?
Es gibt ja das Klimaschutzprogramm Bayern 2050. Darin bekennt sich die Staatsregierung dazu, Moore entsprechend zu renaturieren oder in einem günstigen Zustand zu erhalten. Es ist derzeit sehr gut mit Fördermitteln ausgestattet. Der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen stellt seit 2010 jährlich eigens Mittel zur Verfügung, um zu ermöglichen, dass Moorgrundstücke für die Wasserrückhaltung im Moor bereitgestellt werden. Eigentümer von Moorgrundstücken, die sich beteiligen wollen, können sich für Verkauf, Verpachtung, Eintragung einer Dienstbarkeit oder unentgeltliche Bereitstellung entscheiden.