Die Sonne scheint auf die Theke, frische Luft strömt durch die geöffneten Türen, Mirko Sonego hat schon die Eismaschine angeworfen, im Hintergrund spielt leichter Techno. Seinen Arbeitstag beginnt der 46-Jährige aus Venetien heute um 7 Uhr, an Tagen, an denen er besonders viel Kundschaft erwartet, sogar noch früher. Seine Eismanufaktur an der Johannisgasse hat sich zu einem Publikumsmagneten entwickelt – und das liegt nicht nur an den originellen Sorten.
Zuerst müssen Warenlieferungen in den Laden gebracht werden. Sie kommen aus Sizilien oder Pottenstein, wo Sonego ein zweites Eiscafé betreibt und in einem Kräutergarten Minze und Lavendel, Rosmarin und Löwenzahn anbaut. Seine Kollegen aus Sizilien packen mit an, tauschen sich aus – natürlich auf Italienisch. In den Kisten sind Honigmelonen, Zitronen und Pistazien aus Sizilien. „Es ist alles Handarbeit, was hier stattfindet“, verkündet Sonego stolz. Die Plantagen, von denen er seine Früchte bezieht, hat er selbst besucht. „Die Leute dort leben von dieser Handarbeit“, sagt er. „Und das ist, was ich so schätze.“ Die Milch hingegen stammt aus der Umgebung. „Man kann und sollte immer in der Region suchen, so kommt man an bessere Qualität.“
Vorgefertigte Pasten, Emulgatoren oder Pulver kommen Sonego nicht in den Topf. Auch lässt er sich bei der Arbeit nicht von einem festen Schema leiten. Eis zu machen, sei eine Session wie beim Jazz, sagt er und strahlt: „Man fängt an und weiß nicht, wo man endet.“ So entstehen im Paletti um die 300 verschiedene Sorten pro Jahr. Erstes Wissen hat sich Sonego im Zuge seiner Ausbildung zum Hotelfachmann angeeignet. Seit 26 Jahren verdient er sein Geld als selbständiger Eismacher. In der Wintersaison bildet er sich auf Seminaren weiter. „Jeden Tag kann man besser werden“, sagt er.
Diese Melone – einfach „Wahnsinn“
Heute lässt ihn sein Bauchgefühl zu einer Honigmelone greifen. Sie kommt aus Pachino, nahe Syrakus, ist rund und prall und so groß, dass Sonego sie nur mit dem Wort „Wahnsinn“ beschreiben kann. Kaum ist sie geschält, entkernt und zerteilt, breitet sich ihr süßer Geruch im Küchenlabor aus. Die Melonenstücke werden püriert und über einem Sieb neu abgefüllt. Im Fall von Milcheis müsste der Masse nun Struktur gegeben werden, erklärt Sonego, zum Beispiel mit Sahne. Fruchteis mache er lieber, weil es „individueller“ sei und der Kundschaft daher länger im Gedächtnis bleibe.
Auch beim Süßen setzt er auf Naturzucker: „Dann wird der Geschmack der Früchte nicht verändert.“ Er wiegt eine Portion ab, 870 Gramm. Dann fügt er noch Glucose hinzu und eine Prise Puderzucker. Nebenbei entsaftet er die Melonenreste – „Alles wird rausgeholt!“ – und gibt die Flüssigkeit zur Fruchtmasse. Dann ruft die Intuition: Das Eis braucht Minze! Sekunden später durchzieht eine frische Würze die Luft. Der Chef ist zufrieden: „Der Duft markiert den richtigen Weg.“
Sonegos Eismaschine begleitet ihn bereits seit 20 Jahren. Sie sei kein Hightech-Gerät, aber er habe nun einmal eine Bindung zu ihr, sagt er, während er die Kombimaschine befüllt. In ihr wird die Melonenmasse zuerst zu einer Paste verarbeitet, dabei auf 80 Grad erhitzt und dann wieder eingefroren. Nach etwa 15 Minuten ist das Eis fertig und Sonego dreht an einem Hebel. Eine weiße Paste kommt aus der Maschine, die letzten Reste werden per Hand ausgespachtelt. Das Eis ist gut geworden, das kann man schon riechen. „Je intensiver Eis riecht, desto besser schmeckt es“, sagt Sonego. Nun aber müsse es noch bei kühlen Temperaturen reifen.
Dieser Reifeprozess sei ein wichtiger Bestandteil des Eismachens, erklärt er. „Nicht nur Früchte müssen reifen, Eis muss es auch.“ Das könne Stunden dauern, aber „Lebewesen“ müsse man Zeit lassen. Dieses Wissen habe er sich über die Jahre aneignet.
Den Laden an der Johannisgasse hat er schon 2019 gemietet. Weil sich die Sanierung während der Corona-Pandemie verzögerte, eröffnete er zunächst ein Eiscafé in Pottenstein (Landkreis Bayreuth). Dort arbeitet er nun immer dienstags, wenn das Paletti in Wolfratshausen Ruhetag hat. Als „Mensch, der gern im Süden lebt“, habe der Standort Wolfratshausen ihn überzeugt, sagt er. „Ich mag die Seen und die Berge. Ich fühle mich wohl, und das Publikum hier ist einfach schön.“ Auch das sanierte Gebäude lebe wieder: „Es hat eine positive Energie.“
Wie genießt man Eis am besten? Er muss nicht lange überlegen. Mit Freunden oder der Familie. Eisessen sei „ein besonderer Moment, der bindet“. Es werde gespielt und gelacht. Eis schaffe eine lockere Atmosphäre, helfe einem, mal runterzukommen. Diese Art von Freude wünsche er seinen Kunden. „Dafür lohnt es sich zu arbeiten.“