Süddeutsche Zeitung

Einsatz für Bad Tölz:Bürgerstiftung schmiedet neue Pläne

Wegen Geldmangels war es zuletzt ruhig geworden um die Stiftung. Jetzt nimmt sie ein Augsburger Projekt zum Vorbild um Jugendliche ans Ehrenamt heranzuführen

Von Suse Bucher-Pinell

Etwa 20 Stifter, 70 000 Euro Stifterkapital, kaum Spenden und wegen der niedrigen Zinsen auch nur magere Zinserträge - die Bürgerstiftung Tölz bräuchte mehr Geld. Seit dem Tod der äußerst rührigen Gründungsvorsitzenden Christine Lenk vor zweieinhalb Jahren ist es insgesamt ruhig geworden um sie. Keine neuen großen Projekte gibt es, keine öffentlichkeitswirksamen Aktivitäten. Das soll sich ändern. Die Stiftung hat sich ein Projekt aus Augsburg zum Vorbild genommen, das Jugendliche ans Ehrenamt heranführt und dabei mit Schulen und Lehrern zusammenarbeitet. Auch das Tölzer Mehrgenerationenhaus im Franziskuszentrum soll eingebunden werden.

Mittendrin steht Gerhard Grasberger, der ehemalige Büroleiter des Tölzer Bürgermeisters. Der Ruheständler ist seit Mai als Nachfolger von Rupert Wiedenhofer Mitglied im Stiftungsvorstand und gilt als eine ideale Besetzung, wenn es darum geht, die unterschiedlichen Protagonisten in dem Projekt zusammenzuführen. Als gebürtiger Tölzer kennt er sich bestens aus in seiner Heimatstadt, kennt Leute und Strukturen - und hat vor allem eines: tagsüber Zeit.

Daran fehlte es bislang den Vorstandsmitgliedern, die zudem außerhalb der Stadt ihrem Beruf nachgehen. Grasberger sieht die Bürgerstiftung innerhalb des Projekts in der Rolle eines Koordinators, der junge Menschen, ausgebildete Mentoren und soziale Einrichtungen zusammenbringt und sie auch finanziell unterstützt. Als Mentoren stellen sich Bürger zur Verfügung, deren Schulung könnte das Mehrgenerationenhaus übernehmen.

"Change it", so heißt das Projekt in Augsburg, läuft dort seit 2003. Schüler der achten Klassen aller Schultypen engagieren sich zweimal im Jahr freiwillig in unterschiedlichsten Einsatzstellen. Mittlerweile beteiligen sich mehr als hundert Institutionen und Einrichtungen aus den Bereichen Kultur, Soziales, Ökonomie und Sport. Auch in Tölz möchte Grasberger Schüler aller Schulen ansprechen. Parallel dazu soll ein Projekt "service-learning" laufen, das Lehrer leiten.

Noch sind die Projekte in den Anfängen. doch Grasberger hofft, dass bis zu den Sommerferien geklärt ist, "wo was in Tölz gemacht werden kann". Dabei hält er auch die Zusammenarbeit mit dem neuen Sozialkümmerer der Stadt, Armin Ebersberger, für sinnvoll. " Die Bürgerstiftung allein kann nicht erfolgreich sein", sagt Grasberger. "Es müssen alle an einem Strang ziehen." Alle müssten zusammenhelfen und etwas anschieben.

Dass er selbst Teil dieser Bewegung wird, ist für ihn selbstverständlich: "Tölz ist meine Heimatstadt, für die will ich etwas tun", sagt er. Dies ist ein Gedanke, der ganz im Sinne von Johannes Bolz ist, dem Vorsitzenden des Stiftungsvorstands. "In unserer Gesellschaft ist der Ruf nach mehr zivilgesellschaftlichem Engagement bei gleichzeitig weniger Staat immer laute zu vernehmen", sagt er. Deshalb bemühe sich die Bürgerstiftung Jung und Alt, Schüler und Ruheständler zusammenzubringen.

Die Tölzer Bürgerstiftung, die einzige derartige Vereinigung im Landkreis, besteht seit acht Jahren. Ihr bisher größtes Projekt ist der Bewegungspark im städtischen Alten- und Pflegeheim Josefistift. Dort sind im Garten fünf moderne Trimm-dich-Geräte aufgestellt, an denen sich die Bewohner fit halten können. Eigentlich hätte der Bewegungspark im Franziskanergarten im Kurviertel aufgebaut werden sollen. Doch in der Zeit der Finanzkrise gingen die Spenden zurück und der Parcours musste kleiner ausfallen. Für Heimleiterin Bettina Emmrich ist es dennoch ein bayernweit einmaliges Projekt.

Darüber hinaus engagiert sich die Bürgerstiftung auch im kulturellen Bereich bei der Überführung und Restauration des Keltischen Mädchens, eines Skeletts, das bei Bauarbeiten in Ascholding entdeckt wurde und nun im Stadtmuseum Tölz ausgestellt ist. Die Tölzer Coaches, die Mittelschul-Absolventen auf dem Weg zu einer Lehrstelle helfen, bekamen auch schon Geld. Zuletzt initiierte die Bürgerstiftung die Aktion Notinsel, bei der Geschäftsleute in der Stadt als Anlaufstelle für Kinder in Not zur Verfügung stehen.

Doch für all das braucht es nicht nur Ideen und Zeit für die Organisation, sondern eben auch das nötige Geld. Neben den Zinserträgen dürfen lediglich Spenden verwendet werden, so schreibt es das Stiftungsrecht vor. Das Stiftungskapital selbst muss unangetastet bleiben. Etwas mehr Spender und Stifter täten also gut. Damit "Ideenstifter mit Zeitstiftern und Geldstiftern zusammengeführt werden können". So ist es dem Vorsitzenden Bolz am allerliebsten.

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SZ vom 30.12.2013
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