Süddeutsche Zeitung

Eine malerische Einladung:"In meinen Bildern kann man spazieren gehen"

Nelly Weissenberger stellt im Kreuzgang des Klosters Benediktbeuern aus

Von Franziska Ulrich, Benediktbeuern

Zunächst sind da nur die Farben. Rote, blaue, gelbe und grüne Lichtflecken in all ihren Abstufungen. Sie leuchten von dem Weiß der Leinwand. Ein Sommertag, der die Natur zum Leben erweckt. Der Spaziergang geht weiter, das Bild ändert sich. Großstadt - graue Hochhäuser ragen in den Himmel auf, unten auf den Straßen herrscht Chaos. Eine bunte Menschenmenge, hupende Taxis und flirrende Rücklichter vermischen sich. Der einzelne Mensch wird unwichtig. Die beschriebenen Bilder der Münchner Künstlerin Nelly Weissenberger sind zurzeit in Benediktbeuern zu sehen. Dort präsentiert Weissenberger im Kreuzgang des Klosters ihre neuen Gemälde. In denselben Räumlichkeiten stellt gerade der Maler und Bildhauer Herb Schwarz aus.

Schwarz beschreibt seinen Malstil als "kubisch-kristallin". In seinen Gemälden kommen die Motive Kristalle, Augen, verschleierte Frauen, Religionen und der Weltraum vor. Durch die Überlagerung von Flächen und Formen schafft der Künstler surreale Scheinwelten. Bei seinen Skulpturen aus Edelstahl versuche er die einfachste Form anzustreben, sagt er.

Die 73-jährige Malerin Nelly Weissenberger ist in Paris geboren, der Vater Deutscher, die Mutter Französin. Sie wohnt abwechselnd in München und Andalusien, ihre Bilder sind in Paris, Genf, London, New York und Shanghai ausgestellt worden. Sie sei viel gereist, sagt sie, und halte ihre Urlaubseindrücke auf der Leinwand fest. Davor sei sie 20 Jahre lang im Modedesign tätig gewesen, da habe sie viele Eindrücke gesammelt, das mache weltoffen. Die Ausstellung im Kloster sei über ihren Kontakt zu Pater Leo Weber zustande gekommen. Schon im Rahmen einer Haiti-Kinderhilfe habe sie hier Arbeiten gezeigt; vergangenes Jahr dann wieder bei der Gedenkausstellung für Franz Marc.

Die Künstlerin sagt, sie versuche mit ihren Bildern gute Laune auszudrücken, da "die Zeiten so schwierig sind und die Menschen viele negative Nachrichten hören". Ihre Arbeiten sollen die Betrachter positiv beeinflussen: "In all meinen Bildern kann man spazieren gehen und etwas entdecken."

Eine Reihe ihrer Großstadtbilder ist in New York entstanden. Sie habe eine Zeit lang immer ein halbes Jahr dort verbracht. In dem Gemälde "Rush Hour" habe sie die Lichter und die Bewegung darstellen wollen. "Das Überdimensionale und Lebendige." Weitere Eindrücke seien die unendlich langen Straßen, die Hochhäuser, die enorm vielen Taxis. Weissenberger grundiert ihre Leinwände mit Asche, damit Struktur entsteht und die Farben nicht so knallig wirken, sondern natürlicher aussehen. Zuerst wird die Asche angemischt und dann auf die Leinwand aufgetragen. Sobald sie getrocknet ist, kann man darauf malen. Die Leinwand fühlt sich wie eine verputzte Wand an, uneben und bröckelig. Meistens verwendet Weissenberger Acryl-, manchmal auch Ölfarben. Der beste Maler ist für sie die Natur: "Ich male nur in der Natur, immer vor Ort. Vor allem reise ich in sonnige Länder, daher die warmen und hellen Farben."

In ihrer Werkschau gibt es unterschiedliche Themen, die sie in den beiden Kreuzgängen zeigt. "Die Städte New York und Shanghai, die Natur und die bunten Bilder mit den Modesilhouetten." Die Künstlerin sagt über die Gemeinsamkeiten: "Auf allen Gemälden ist Weiß dominierend, alle sind beruhigend."

Nelly Weissenberger: "Jeu de couleur - un rendezvous"; Vernissage am Samstag, 17. Juni, 16 Uhr, Herb Schwarz: "Schwarz-Arbeiten" ist bereits eröffnet, Kloster Benediktbeuern.

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Quelle:
SZ vom 14.06.2017
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