Ein Dach für sechs Millionen:"Historische Entscheidung"

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Nachdem das Eisstadion in Geretsried viele Jahre oben offen war, bekommt es nun ein Dach. Bürgermeister Müller begrüßt das Projekt, doch Kritiker sprechen von fehlerhafter und nicht ausgegorener Planung.

Von Thekla Krausseneck, Geretsried

Das Heinz-Schneider-Eisstadion bekommt ein Dach: In einer "historischen Entscheidung", wie Bürgermeister Michael Müller (CSU) es nannte, hat der Geretsrieder Stadtrat in seiner Sitzung am Dienstag beschlossen, die Halle zu bauen. Dabei wird das Projekt mit sechs Millionen Euro deutlich teurer als erwartet. Die Grünen-Fraktion und die Freie-Wähler-Stadträte Robert Lug und Vera Kraus stimmten gegen das Vorhaben - alle fünf aus ökologischen oder ökonomischen Bedenken. Lug warf dem Planungsbüro Kiessler Architekten vor, im Januar eine "fehlerhafte und nicht ausgegorene Planung" vorgestellt zu haben. Damals hat der Stadtrat einer abgespeckten Version für 3,8 Millionen Euro zugestimmt. Das neue Stadion soll zur Saison 2020 fertig sein.

In der Simulation des Architekturbüros sieht das eingehauste Eisstadion ein wenig wie ein Maulwurfhügel aus: Ein langes Bogendach wölbt sich über eine dunkle Fassade, die Giebelseite ist zum Teil in Glas aufgelöst. Das Innere soll generalüberholt werden, das alte Stüberl weicht dann einem neuen Restaurant und einem Kiosk. Eine rollstuhlgerechte WC-Anlage und eine neue Ausgabe für Schlittschuhe werden installiert und von der verschachtelten Dachkonstruktion leuchten künftig LED-Lampen. Derzeit liegen die Umkleidekabinen der Eishockeyspieler unter einem Erdwall, ständig dringt Wasser ein, die Heizkosten sind enorm - deshalb soll der Erdwall nun weg, der Trakt wird freigelegt und mit einem Flachdach versehen. Außerdem ist die Sanierung des Trinkwassernetzes und der Sicherheitstechnik geplant. Das Ergebnis wird nach Einschätzung des Zweiten Bürgermeisters Hans Hopfner (SPD) ein Eisstadion sein, das zur Sportstadt Geretsried passt: "Da machen wir etwas Vernünftiges und Gescheites, und das steht Geretsried sehr gut zu Gesicht."

Martina Freytag, Mitarbeiterin der Ingenieurgesellschaft Müller-BBM, gab darüber hinaus Entwarnung bei den Schallemissionen. Drei Faktoren hätten die Anwohner mit Lärm belästigen können, die Schall abstrahlenden Bauteilflächen des Dachs selbst, die Autos auf dem Parkplatz und die haustechnischen Anlagen im Freien, etwa das Lüftungsgerät und der Rückkühler. Doch solange die Halle nach außen hin schallgedämmt wird, liegen nach Berechnungen der Ingenieurin alle Geräuschpegel im Rahmen der Richtwerte - selbst beim Training nach 22 Uhr oder bei einem Rockkonzert, das bis spät in die Nacht andauert. Bei einem Ereignis wie einem Konzert - nur eine der Sondernutzungen, die der Stadtrat für das neue Eisstadion vorsieht - wären nur zwei Häuser in der Isar-austraße von höheren Werten betroffen. An 18 Tagen im Jahr sei dies aber gesetzlich erlaubt, sagte Freytag.

Die Nachricht, dass die Einhausung nach neuen Berechnungen nun doch sechs statt 3,8 Millionen Euro kosten wird, nahm der Stadtrat sorgenvoll auf. Die Defizite bei der Technik, die Mängel beim Brandschutz, die Kosten für die Sanierung der Trinkwasserleitungen und der Bau des neuen WC-Blocks hätten die Kosten nach oben getrieben, sagte Architekt Daniel Hock. Lug reagierte darauf mit Vorwürfen: "Meine schlimmsten Befürchtungen stellen sich ein." Lorenz Weidinger (Freie Wähler) nannte die Planung indes "schlüssig und gut durchdacht", ein Neubau mit dem Hallenbad wäre seiner Meinung nach aber günstiger gekommen. Einig waren sich die meisten Stadträte darin, dass der Eissportclub ESC nun lange genug gezwungen war, das Stadion ohne Dach zu betreiben. "Es hilft ja nichts, sonst sind wir in zwei Jahren so weit, dass wir zusperren müssen", sagte Sabine Lorenz (CSU).

"Meine schlimmsten Befürchtungen stellen sich ein", sagt Robert Lug von den Freien Wählern. (Foto: Manfred Neubauer)

Der Eissport ist für die Stadt von besonderer Bedeutung: 1994 etwa spielten die Geretsrieder in der ersten Eishockey-Liga. Nach dem Unglück von Reichenhall im Jahr 2006 verlor auch das 1973 eröffnete Heinz-Schneider-Stadion sein Dach, weil es als einsturzgefährdet galt. Seither kämpft der ESC mit einer kurzen Saison und knappen Trainingszeiten.

Die Grünen-Stadträte Volker Witte, Beate Paulerberg und Detlev Ringer stimmten geschlossen gegen das Bauvorhaben. Zu Zeiten des Klimawandels sei der Betrieb eines Eisstadions "aus ökologischen und ökonomischen Gesichtspunkten nicht gerechtfertigt", gab Sprecher Witte zu bedenken. Der Stadtrat nahm diese Einwände ohne Diskussion zur Kenntnis.

© SZ vom 30.11.2017 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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