Ehrenamtliches Engagement:Klingeln für den guten Zweck

Elisabeth Scheinost

"Ich mach' das halt gern", sagt Elisabeth Scheinost.

(Foto: Privat)

Elisabeth Scheinost sammelt seit zehn Jahren Spenden für den VdK. In Geretsried kennt man die 73-Jährige in fast jedem Haus

Von Jana Roth

Die dunkelblaue Umhängetasche mit dem weißen Logo des Sozialverbands VdK vor der Brust wartet Elisabeth Scheinost geduldig vor der Tür, bis sich diese öffnet. Seit zehn Jahren sammelt die 73-Jährige einmal im Jahr vier Wochen lang Spendengelder für die VdK-Haussammlung "Helft Wunden heilen" in Geretsried. Die Tür öffnet sich. "Ach, vom VdK. Warten Sie, ich hol' nur schnell meinen Geldbeutel." Die Dame verschwindet im Haus, und Scheinost tritt einen Schritt zurück. "Ich halte immer Abstand zur Tür", erklärt sie. "Die Leute sollen sich ja nicht bedrängt fühlen." Kurz darauf überreicht die Bewohnerin der Ehrenamtlichen das Geld und verabschiedet sich: "Bis nächstes Jahr!"

Scheinost kennt viele ihrer Geretsrieder Mitbürger und viele kennen sie. Vor 50 Jahren ist sie mit ihrem Mann von Kochel am See nach Geretsried gezogen. Dort begann die gelernte Lebensmittelverkäuferin, bei der Bäckerei Schmid zu arbeiten, wo sie 37 Jahre lang blieb. Dass viele Leute sie kennen, sei ein großer Vorteil für das Spendensammeln: "Selten, dass einer mal nichts gibt", sagt sie. Nach so einer langen Zeit des Engagements weiß die Rentnerin aber auch genau, welche Klingel sich zu drücken lohnt. Wohnblöcke und Läden seien nicht so gut, Einfamilienhäuser dabei umso besser. "Kommen Sie doch rein. Es ist doch so kalt", bittet die nächste Spenderin und Bewohnerin eines dieser Häuser. Scheinost lehnt dankend ab. "Ich hab ja noch so viel zu tun, wissen Sie, da muss ich schnell weiter."

Die Rentnerin folgt einem strengen Zeitplan. Der Wecker klingelt um halb sechs Uhr morgens. Nachdem sie mit ihrem Mann gemeinsam Kaffee getrunken hat, startet sie die erste Sammelrunde. Nicht zu lange, denn um zwölf muss sie wieder zu Hause sein, um Mittagessen zu kochen. Um drei beginnt dann die Nachmittagsrunde, die meist bis halb sechs dauert. Jeden zweiten Mittwoch Abend sei sie auch noch mit ihren Freundinnen beim Kegeln. "Ein bisschen Spaß muss ja auch manchmal sein." So schnell, wie sie spricht, sind auch ihre Schritte. Denn ihre Zeit ist knapp, nur noch bis zum 17. November läuft die Spendensammelaktion.

Die Hälfte des Erlös geht an den VdK Bayern, mit der anderen werden Menschen aus Geretsried unterstützt. Wiehilfreich die Arbeit des Verbands sein kann, hat sie selbst erlebt. Nach einem Arbeitsunfall hat der VdK sie dabei unterstützt, die Kosten für die medizinische Behandlung erstattet zu bekommen. Seit 20 Jahren ist die Geretsriederin Mitglied. "Die machen ihre Arbeit", ist sie überzeugt. Mit der Berufsgenossenschaft sei das nicht so einfach gewesen.

Um schneller von einer zur anderen Wohnsiedlung zu kommen, ist Scheinost mit dem Fahrrad unterwegs. "Alles was mit dem Rad geht, mach ich mit dem Rad. Das ganze Jahr über." Zwei Plastiktüten, eine für den Sattel und eine für die VdK-Tasche, machen die Spendentour auch bei Regenwetter möglich. "Wenn's schön ist, ist's eh nicht so gut. Da sind dann alle draußen." An diesem Tag ist der Himmel bewölkt, es ist kalt, und tatsächlich haben sich schon viele Türen großzügiger Spender geöffnet. Ohne Zweifel trägt das bescheidene Auftreten der Klingelnden seinen Teil dazu bei: "Würde um eine Spende bitten, wenn's möglich ist." Der rosa Lippenstift und die vom Fahrtwind geröteten Backen betonen die Vitalität der Frau, die seit dem 18. Oktober schon vor "bestimmt über 150" Haustüren in Geretsried stand.

Dann schiebt die eifrige Spendensammlerin ihr Fahrrad entlang der Wohnhäuser. Bei den meisten in der Straße, war sie schon, aber bei manchen müsse sie noch "nachsammeln". War niemand daheim oder hatte einer gerade kein Bargeld zur Hand, merkt sich das die Rentnerin und kommt ein anders Mal wieder. An einer Tür geht sie vorbei. "Die arbeitet um diese Zeit noch", weiß sie über die Bewohnerin. Bei dem nächsten Gartentürchen klingelt sie. Doch diesmal muss sich Scheinost mit einem dankenden Abwinken begnügen. "Ja, so ist es halt. Das versteh ich ja auch, wenn jemand nicht so viel hat", sagt sie und zuckt die Achseln. "Aber da brauch ich dann auch nicht mehr hingehen."

Scheinost engagiert sich gerne beim Spendensammeln. "Ich mach' das halt gern. Die Leute sind immer so nett", erklärt sie. Es gebe Kollegen, die andere Erfahrungen gemacht hätten, aber sie habe nie Probleme gehabt. Um zu erzählen, bleibt Scheinost manchmal stehen. Das raubt natürlich Zeit. Und an diesem Tag fällt ihre Morgenrunde kürzer aus, weil sie für ihre an Parkinson erkrankte Freundin noch einige Dinge mehr zu erledigen hatte als sonst. "Mei, gekümmert hab ich mich halt schon immer", sagt sie. Aber darüber reden mag sie nicht so gern.

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