Süddeutsche Zeitung

Ehe für alle:Die Hochzeitsstadt

Bad Tölz ist nicht nur bei heterosexuellen Paaren für Trauungen beliebt

Von Ingrid Hügenell, Bad Tölz-Wolfratshausen

In Bad Tölz wird noch in diesem Jahr das erste gleichgeschlechtliche Paar heiraten, das zuvor nicht in einer eingetragenen Lebenspartnerschaft gelebt hat. Außerdem haben in der Kurstadt schon zwei Paare ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umwandeln lassen, die Anfrage eines dritten Paares laufe, berichtet der Tölzer Standesbeamte Wolfgang Steger. 20 Paare sind seit 2009 im Standesamtsbezirk Bad Tölz eine Lebenspartnerschaft eingegangen. Zum Bezirk gehören die Stadt selbst und die Gemeinden Wackersberg, Bad Heilbrunn, Bichl und Benediktbeuern.

Der Großteil der Paare seien Einheimische, sagt Steger, und es seien ungefähr gleich viele Frauen- und Männerpaare. Dass sich in Bad Tölz so viele gleichgeschlechtliche Paare haben trauen lassen, liegt daran, dass bei Menschen, die heiraten wollen, Bad Tölz ohnehin sehr gefragt ist. Mit 220 bis 250 Trauungen im Jahr habe die Stadt mehr Hochzeiten als Geretsried und Wolfratshausen zusammen, sagt Steger stolz.

Im Standesamtsbezirk Geretsried haben sich, seit es 2009 möglich wurde, 15 Paare verpartnern lassen, zum Bezirk gehören auch Dietramszell, Icking, Königsdorf und Münsing. In Lenggries, der viertgrößten Kommune im Landkreis, haben sich seit 2009 etwa fünf Paare verpartnern lassen, Umwandlungen und "richtige" Hochzeiten gab es noch nicht, ebenso wenig in Kochel, wo auch nur drei Lebenspartnerschaften eingegangen wurden - allesamt von Auswärtigen. Von Wolfratshausen waren am Freitag keine Zahlen zu erhalten.

Für die Tölzer Standesbeamten sei die Trauung eines gleichgeschlechtlichen Paares nicht anders als die von Mann und Frau, sagt Steger - abgesehen von einigen formalen und rechtlichen Unterschieden. "Man muss ein bisserl was beachten", sagt er. So seien die Computer-Programme noch nicht vollständig angepasst, und auch in den Formularen ist noch von je einem Ehemann mit einer Ehefrau die Rede - künftig soll es Ehegatte heißen. Um die Unterschiede in den Griff zu bekommen, werden noch im Herbst alle bayerischen Standesbeamten geschult.

Ein wichtiger rechtlicher Unterschied ist der, dass gleichgeschlechtliche Paare, bei denen ein oder beide Partner eine ausländische Staatsangehörigkeit haben, kein Ehefähigkeitszeugnis brauchen. Dieses Dokument beizubringen ist schon für Hetero-Paare oft mühsam, wenn ein Partner aus einem Land kommt, in dem es ein "unsicheres Urkundenwesen" gibt, wie Steger es formuliert. Für Homo-Paare wäre das in vielen Fällen unmöglich und sogar gefährlich. Dann nämlich, wenn einer der Partner aus einem Land kommt, in dem Homosexualität verboten ist und verfolgt wird.

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SZ vom 28.10.2017
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