Egling:Umsiedlung im Mischwald

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In Neufahrn lernen Waldbesitzer, wie man mit jungen, wild gewachsenen Bäumen Artenvielfalt schafft

Von Sophia Joos, Egling

Junge Bäume aus dem eigenen Wald umpflanzen ist eine sehr kostengünstige Methode, um das Gleichgewicht zwischen den Baumarten im Wald aufrecht zu erhalten. 55 Waldbesitzer wollten das genauer wissen und haben deshalb am vergangenen Freitag im Wald zwischen Neufahrn und Ascholding eine Fortbildung besucht. Geladen hatten das Amt für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten (AELF) Holzkirchen und die Waldbesitzervereinigung Wolfratshausen. Revierförster Robert Nörr, der für Wolfratshausen zuständig ist, erklärte, wie man so genannte Wildlinge gewinnt und demonstrierte auch gleich das Erklärte.

Wildlinge sind junge Bäume, die durch Naturverjüngung an einer Stelle gewachsen sind und dann ausgepflanzt werden - um sie an anderer Stelle, wo die Baumart noch nicht vorkommt, wieder eingepflanzt werden. Nörr steht den Waldbesitzern auch im Alltag bei Themen wie Waldpflege, Wegebau und standortgerechte Baumarten beratend zur Seite. Anlass für diese Veranstaltung waren unter anderem die Schäden, die der Sturm Niklas im vergangenen Jahr angerichtet hat. Die waren oft auch auf falsche Bepflanzung zurückzuführen. Wenn man einen Baum wieder einpflanzt muss man besonders darauf achten, dass es nicht zu Wurzeldeformationen kommt. Ungefähr 80 Prozent aller eingepflanzten Bäume, sagte Nörr, hätten deformierte Wurzeln. Die seien verbogen und wüchsen eventuell nur einseitig. Bei der Hälfte dieser Bäume wüchsen die Wuzeln nicht mehr in die Tiefe, dadurch werde der Baum instabil und bei starken Stürmen leicht umgeweht.

Im Neufahrner Wald lernen die Interessierten unter anderem Neues über Wurzeldeformationen. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Bei der Naturverjüngung hingegen komme eine Deformierung nur bei etwa 4 Prozent der Pflanzen vor, erklärte Nörr. Diese werde dann meist durch Steine im Boden ausgelöst. Eine Missbildung der Wurzeln könne nicht mehr rückgängig gemacht werden, sagte der Förster. Wenn der Baum einmal eingepflanzt sei, könne man die ja nicht mehr erkennen. Auch lasse sich der Baum nicht von einem mit gesunden Wurzeln unterscheiden. Denn durch die oberflächlichen Wurzeln könnten die Gehölze immer noch gut auf Nährstoffe zugreifen.

Um Deformationen zu vermeiden muss man während der Pflanzung auf mehrere Dinge achten, wie Nörr den Teilnehmern zeigte: erstens die Größe der Wildlinge. Je größer die Pflanze, desto höher ist das Risiko der Deformation. Das Verhältnis von Wurzel zu Spross sollte mindestens eins zu drei sein. Eine 50 Zentimeter hohe Fichte wäre demnach zum Beispiel schon zu hoch, um sie zu verpflanzen. Außerdem betonte Nörr, dass die Wildlinge ein gesundes Gesamtbild haben sollten: "Die Qualität der Pflanzen muss euch was Wert sein." Schließlich sei es für die Waldbesitzer mittelfristig günstiger, wenn der Baum nicht innerhalb der nächsten 20 Jahre umfalle, weil er nicht richtig wachsen konnte.

Vor den Teilnehmern der Fortbildung zeigt Förster Robert Nörr, worauf man beim Umpflanzen der jungen Bäume achten muss. (Foto: Harry Wolfsbauer)

Eine gute Qualität erkennt man laut Nörr an einer frischen und gesunden Nadel und einer gleichmäßigen Form des Sprosses. Um die während des Umpflanzens zu erhalten geht es vor allem darum, die Wurzeln vor dem Wind zu schützen und feucht zu halten. Man sollte also die Erde, die man mit den Wurzeln aus dem Boden holt, nicht abschütteln, sondern an den Feinwurzeln haften lassen. Wenn man den Baum aus der Erde geholt hat, sollte man ihn so schnell wie möglich wieder einpflanzen. Beim Auspflanzen sollte der Boden feucht und vorher aufgelockert worden sein. Wer all das beachtet, kann den jungen Baum, der nicht mehr als zehn Zentimeter hoch sein sollte, problemlos am Wurzelhals aus dem Boden ziehen. Dann ist eine Qualitätskontrolle wichtig, denn laut Nörr sind 15 bis 25 Prozent der Bäumchen Ausschuss. Beim Einpflanzen muss man darauf achten, dass man die Wurzeln wieder gerade in den Boden setzt und das Loch groß genug ist.

Wichtig ist auch, dass man den jungen Baum in ein seiner Herkunft sehr ähnlichen Gebiet setzt und einen Wildling etwa nicht vom Waldesinneren auf eine Freifläche setzt. Befolgt man diese Regeln, können Wildlinge den Mischwald erhalten, auch an komplizierten Stellen. Besonders geeignet für die Verpflanzung sind Buchen, Fichten, Edellaubbäume und Tannen, die sehr gerne von Rehen verbissen werden. Innerhalb des eigenen Waldes kann man problemlos Wildlinge versetzen. Will man sie jedoch aus einem fremden Wald einführen, muss man dies beim AELF anmelden. Die Einführung von neuem genetischen Material in einem Wald ist wichtig, damit seine Vielfalt weiterhin bestehen bleibt.

© SZ vom 05.04.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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