Der Landgasthof Vogelbauer liegt abseits von Durchgangsstraßen in einem jahrhundertealten, denkmalgeschützten einstigen Bauernhaus: ein besonderer Rückzugsort. Ferner ist das Restaurant im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen seit mehr als 50 Jahren eine bekannte Adresse für gehobene Küche. Ein Hinweisschild an der einzigen Autozufahrt von der Staatsstraße zwischen Wolfratshausen und Egling suchen die Gäste allerdings vergeblich. Womöglich zog es gerade daher viele Menschen mit prominenten Namen aus dem Leistungssport, der Wirtschaft, der Politik oder Filmbusiness dorthin. Sie konnten sich ungestört Meeresfrüchte, Austern oder Wildgerichte schmecken lassen.
Von Haute Cuisine spricht auch der neue Pächter Christian Spörl, der seit Anfang September den Landgasthof Vogelbauer mit seiner Ehefrau Kerstin Feldmeier übernommen hat. „Wir wollen unseren Gästen ein unvergleichliches kulinarisches Erlebnis bieten“, sagt der 34-jährige Koch, der aus Murnau am Staffelsee stammt. Ziel sei es, die Küche mediterran auszurichten, sie modern zu interpretieren und trotzdem traditionelle Gerichte weiter zu pflegen. Die Basis dafür sei hohe Qualität.
Das scheint Spörl bei einem Besuch Mitte Oktober direkt beweisen zu wollen. Durch die Eingangstür und die Gaststube führt er als Erstes in die Küche, in der er die Zutaten für einen Kaiserschmarrn schon bereitgestellt hat. Damit die Süßspeise perfekt gelingt, darf der Teig, den er aus Mehl, Eigelb und Milch mit einem Schneebesen verrührt, keine Blasen bilden. Der später untergehobene Mix aus Eiweiß und geschlagenem Schnee muss fluffig und trotzdem in der umgedrehten Schüssel haften bleiben. Ein kleiner Exkurs ins Kochhandwerk, das Spörl offensichtlich beherrscht, so flink wie er hantiert.
Kaiserschmarrn hatte Matthias Quehenberger auch auf der Karte, ebenso wie Hummer oder gebratene Blutwurst mit Apfel, Trüffelsauce und Weinkraut. So prägte der Koch und Pächter den Landgasthof Vogelbauer knapp drei Jahrzehnte lang zwischen den 1990er-Jahren und Frühjahr 2019 als Adresse für Feinschmecker. Ein Ort der gehobenen Küche ist das Haus allerdings schon seit mehr als einem halben Jahrhundert. Bernd Vogel hatte das Bauernhofanwesen 1969 gekauft und den Stall zum Restaurant ausgebaut. So entstand der Vogelbauer, dessen erster Pächter aus Frankreich stammte und die Gerichte seines Heimatlandes pflegte. Die Familie Eimer erwarb das Haus schließlich Anfang der 1990er-Jahre und ließ es 2019 nochmals umfassend sanieren.
Mit der Geschichte des Vogelbauer hat sich der aktuelle Pächter Spörl intensiv auseinandergesetzt. Der Mittdreißiger hat als Koch im Restaurant des Vier-Sterne-Hotels Eibsee gelernt. In Nürnberg arbeitete Spörl unter anderem bei den Dinner-Shows im Palazzo von Alexander Herrmann. In Franken lernte er als 22-Jähriger auch seine Frau kennen, die damals das Betriebsrestaurant eines Sportartikelherstellers in Herzogenaurach leitete.
Im Jahr 2014 machten sich Spörl und Feldmeier schließlich mit einer Event-Gastronomie in München selbständig. Am Viktualienmarkt übernahm das Paar die Filiale des Franchise „vom Fass“, das auf hochwertige Weine, Öle und Essig-Sorten spezialisiert ist. „Wir haben etwa einen Essig-Öl-Dinnerabend oder Whiskey-Tastings organisiert“, sagt Spörl. Das sei das Sprungbrett für den Vogelbauer gewesen. Weil eine Mitarbeiterin mit der Eigentümerfamilie Eimer befreundet war, seien erste Kontakte entstanden.
Als der Vorpächter im Landgasthof Vogelbauer im Sommer nach vier Jahren aufhörte, habe er seine Gelegenheit gesehen, erzählt Spörl. „Ich habe zu meiner Frau gesagt, das müssen wir jetzt machen. So eine Chance kriegen wir nicht noch mal.“ Er habe nur die verzierte Eingangstür aus Holz öffnen müssen, schon sei er „schockverliebt“ gewesen in den liebevoll restaurierten Gastraum mit der Holzbalkendecke.
Hoher Anspruch
Betrieb ist derzeit nur an vier Tagen in der Woche: von Donnerstag bis Samstag jeweils abends von 17 Uhr an sowie an Sonntagen von 12 Uhr mittags an. Er und seine Ehefrau wollten langsam starten, sagt Spörl. Schließlich hätten sie auch drei kleine Kinder, für die auch noch etwas Zeit übrig bleiben sollte. Je nachdem, wie sich alles einspielt, wollen sie die Öffnungszeiten allerdings erweitern.
Der hohe Anspruch für Qualität bedeutet für das Küchenteam viel Vorarbeit und hat für die Gäste seinen Preis. 34 Euro kosten etwa die Ochsenbäckchen im Schmorjus aus einer Rotweinreduktion. Wenn Spörl schildert, wie dafür acht Liter Rotwein stundenlang bis auf 200 Milliliter eingekocht werden, kann man nachvollziehen, dass er für den Aufwand entsprechend kalkulieren muss. Für die Küche setzt Spörl zudem auf Öl aus handgeernteten Oliven, aber auch auf regionale Fleisch- und Fischprodukte. Als „Mushroom Heaven“ hatte er auch mal einen Salat mit Maronen und verschiedenen unterschiedlich zubereiteten Pilzen – von gebacken bis gebraten – auf der Karte. Und als kleine Reminiszenz an Franken gibt es nur sonntags ofenfrisch zubereitetes Schäuferle mit Knusper-Kruste, Biersauce, Kartoffelknödel und Spitzkohl-Salat.
„Wir wollen unseren Gästen ein schönes Erlebnis bieten, auch auf der Zunge“, sagt Spörl. Sie sollten für ihr Geld etwas geboten bekommen. Dazu gehört für den Gastronomen auch der Service und das Ambiente, im Sommer ist zudem der Gastgarten geöffnet. Ferner seien Events geplant, etwa Winzer-Abende, bei denen ein Weinbauer auf das Menü abgestimmte Weine vorstellen werde. Nach dem Restaurantbesuch solle der Gast glücklich seines Weges gehen, sagt Spörl. Vor Kurzem habe der Landgasthof Vogelbauer sein 50-jähriges Bestehen gefeiert. „Wir wollen, dass auch die zweite Jahrhunderthälfte schön weitergeht.“