Egling:Hilfe für Arme, Alte und Angehörige

Das Soziale Netzwerk springt in Notsituationen ehrenamtlich ein. Von Egling aus hat sich das Angebot längst stark erweitert. Jetzt fehlt ein Wagen, in den Rollstühle passen

Von Claudia Koestler, Egling

Wenn eine Krankheit oder ein Unfall das Leben plötzlich radikal ändert, ist oftmals eine dauerhafte Hilfsbedürftigkeit des Betroffenen die Folge. Das kann ein schleichender Prozess sein, wenn etwa alleine durch das Alter der Alltag beschwerlicher wird. Oder die Rente oder das Ersparte auch nach einem langen Arbeitsleben nicht mehr reicht, weil gerade hier im Süden die Lebenshaltung immer teurer wird und die Altersarmut rasant steigt. Oft stehen Betroffene und Angehörige dann alleine da mit ihren brennenden Fragen und der Herausforderung, den Umgang mit der neuen Situation zu lernen, genauso wie den Stolz zu überwinden, Hilfsmittel und Hilfsangebote anzunehmen.

Vor vier Jahren hat sich deshalb im Landkreis eine Gruppierung gebildet, die ehrenamtlich und unbürokratisch in solchen Situationen hilft: das "Soziale Netzwerk". Initiiert hat die heute gemeinnützige Unternehmergesellschaft Elfi Blank-Böckl aus Neufahrn in der Gemeinde Egling. Die 46-Jährige ist beruflich Betreuerin und wird vom Amtsgericht bestellt, wenn eine Person ihre Angelegenheiten nicht mehr selbst regeln kann. "Doch das Soziale Netzwerk ist eine andere Schiene, das muss man unterscheiden", betont Blank-Böckl. Ihr ist zudem wichtig: "Es gibt keine Vermischungen der beiden Felder." Dennoch fußt ihr Engagement im Netzwerk auf ihren Erfahrungen als Berufsbetreuerin. "Denn das ist ein sehr vielschichtiger Job. Und immer wieder wurde ich deshalb privat gefragt, ob ich Tipps zu Anträgen oder sozialen Fragen geben könnte, da ich doch wüsste, wie etwas geht." Folglich entstand die Idee, ihr Wissen und ihre Erfahrungen weiterzugeben - in einem Netzwerk für Senioren, pflegende Angehörige und Behinderte.

Ziel ist es dabei immer, im Falle einer Krankheit, einer Berufsunfähigkeit oder einer anderen Notsituation Fachkräfte wie Pflegedienste, Ärzte, Haushaltshilfen, soziale Einrichtungen, Therapeuten, das Landratsamt oder den Bezirk zusammenzubringen.

Blank-Böckl steht mit Tipps genauso parat wie mit ausführlichen Beratungen über die Möglichkeiten von Angeboten und Hilfe bei den komplizierten Renten- oder Pflegeanträgen. Denn es passiere häufig, dass Leute mit Problemen von einer Stelle zur nächsten geschickt würden, weil viele Anlaufstellen nur ihre eigenen Zuständigkeit sähen, eine Vernetzung oder umfassendes Wissen aber fehle. Sie selbst sieht sich indes als "Problemlöserin": Auch wenn es nicht immer den goldenen Weg gebe, eröffneten sich oft mehr Möglichkeiten als anfangs gedacht, wenn erst einmal der Stolz überwunden sei, Hilfe anzunehmen, sagt sie.

Solche Hilfestellungen des Sozialen Netzwerks sind kostenfrei. "Unser Anspruch ist: Die Menschen brauchen Informationen. Der Mensch steht im Mittelpunkt, er muss gut versorgt sein, und das müssen auch nicht immer wir sein", sagt die Neufahrnerin. Ihr erster Schritt bei Pflegefällen ist beispielsweise immer die Familienkonferenz: "Wir setzen uns mit den Angehörigen zusammen und sehen, was die Familie leisten kann. Wo diese nicht mehr helfen, springen wir ein", erklärt sie das System des Netzwerks. Erst die eigentliche Pflege ist dann abzurechnen, wobei Blank-Böckl auch an andere Pflegedienste vermittelt.

Doch ein solches Netzwerk besteht natürlich nicht aus einer Person alleine: Inzwischen hat das Soziale Netzwerk 30 Mitarbeiter und weitere Demenzhelfer, die jedem mit Rat und Tat zur Seite stehen. Was einst in Egling begann, führt die Netzwerker inzwischen sogar bis nach München. Doch die steigende Nachfrage und die Anforderungen machen auch dem Netzwerk zu schaffen: "Weil immer mehr ältere Menschen dabei sind, um die wir uns kümmern, bräuchten wir dringend ein Fahrzeug, in dem Rollstühle Platz haben", sagt Blank-Böckl. "Da hoffen wir gerade auf ein Weihnachtswunder", fügt sie augenzwinkernd an.

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