Drohendes Ende:Tölzer Hebammen kämpfen für ihre Geburtenstation

Lesezeit: 2 min

Die neun Mitarbeiterinnen fordern die Gründung einer eigenen Abteilung. Genug Ärzte seien da - die Klinik widerspricht.

Von Claudia Koestler, Bad Tölz

Die Online-Petition zur Rettung der Geburtsabteilung in der Tölzer Stadtklinik bekommt viel Unterstützung. Am Montag, keine zwei Tage nach ihrem Start, kratzte die Zahl der Unterzeichner aus dem Landkreis bereits an der 1400er-Marke, die für das Quorum erreicht werden muss. Doch nicht nur Bürger setzen mit der Petition ein klares Signal. Auch die neun Hebammen der Klinik kämpfen für die Geburtenstation. In einer Stellungnahme fordern sie die Umwandlung der Belegabteilung in eine Hauptabteilung, also mit fest angestellten Hebammen und Ärzten.

"Nach vielen Bemühungen und Engagement des Asklepios-Konzerns", wie sie schreiben, wurden 2016 zwei Gynäkologen zur Unterstützung der beiden Belegärzte eingestellt. Zusätzlich unterstützt ein weiterer Facharzt das Team mit der Übernahme eines Wochenenddienstes. "Wir Hebammen waren erfreut, nun mit dieser personellen Situation arbeiten zu dürfen. Dieses Team ist für uns eine ideale Voraussetzung, um die Geburtshilfe in Bad Tölz weiterhin zu erhalten", betonen sie in ihrer Stellungnahme.

Petition
:Tölzer wollen ihre Geburtenstation retten

Vielleicht gibt's bald keine kleinen Tölzer mehr? Diese Vorstellung schockiert die Menschen. Zu Hunderten fordern sie mit einer Petition den Erhalt der Geburtshilfe an der Stadtklinik. Der Landtagsabgeordnete Florian Streibl fordert Sofort-Programm der Staatsregierung.

Von Claudia Koestler

Umso mehr "überraschte und entsetzte" sie die Mitteilung "aus heiterem Himmel", dass die geburtshilfliche Abteilung schließen solle. Nach Angaben der Klinikleitung sei es aufgrund des Antikorruptionsgesetzes nicht möglich, die Geburtshilfe als gemischte Abteilung weiter zu betreiben. Doch wenn Verträge offen gelegt und Gelder nachvollziehbar und nicht heimlich gezahlt werden - "was ist daran korrupt?", fragen sich die Hebammen. Doch die Übernahme der Personalkosten für die festangestellten Ärzte in der Geburtshilfe der Stadtklinik sowie der Kosten für den auf Honorarbasis bezahlten Arzt und auch die Übernahme eines Teils der jährlichen Prämie für die Haftpflichtversicherung des einen Belegarztes stellten "eine rechtliche unzulässige Subvention der Ärzte" dar, erwiderte Klinik-Geschäftsführer Joachim Ramming auf Nachfrage.

Alternativ könnte aus Sicht der Hebammen die Tölzer Geburtshilfe aber in eine Hauptabteilung mit den fünf Gynäkologen umgewandelt werden. Schließlich müsse der Asklepios-Konzern den Versorgungsauftrag erfüllen, den er bei der Übernahme der Klinik vertraglich zugesichert hatte - und das beinhalte den Erhalt der Geburtshilfe. "Wir haben uns bereits in der Vergangenheit bemüht, eine eigene Hauptabteilung aufzubauen", sagt Ramming. Entscheidend sei hier vor allem eine ausreichende Zahl an gynäkologischen Fachärzten, mit denen eine Versorgung rund um die Uhr sichergestellt werden könne. Doch bislang sei es eben aufgrund des Fachärztemangels nicht gelungen, "die für den Betrieb einer eigenen Hauptabteilung notwendige Personalstärke zu erreichen".

Stadtklinik
:Keine kleinen Tölzer mehr

Landrat und Bürgermeister nennen das drohende Aus der Geburtenstation "schrecklich" und "fatal" - die Verantwortung dafür sehen sie in Berlin.

Von Klaus Schieder

Die Hebammen fragen sich derweil, wie umliegende Kliniken, die teilweise jetzt schon an der Kapazitätsgrenze arbeiten, zusätzlich 550 Geburten adäquat versorgen sollen. Mehr Sorgen gar bereiten ihnen werdende Mütter, "die während der Schwangerschaft und der beginnenden Geburt Komplikationen erleben, die schnelles Handeln erfordern um Schlimmeres abzuwenden." Eine weite Autofahrt könne in Notsituationen "unabsehbare Folgen für Mutter und Kind haben", betonen sie. Auch deshalb versprechen sie, weiterhin "dafür zu kämpfen, dass es noch viele Tölzer Kindl gibt".

© SZ vom 29.11.2016 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

Stadtklinik
:Warum trotz Babyboom die Geburtenstation in Bad Tölz schließen soll

Niemand will mehr Geburtshelfer in der Kurstadt sein. Dabei wächst die Geburtenrate in allen Städten und Gemeinden - eine Übersicht.

Von Klaus Schieder

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: