Dramatische Rettung:Ballonfahrt endet im Starnberger See

Einem Heißluftballon geht über dem Wasser das Gas aus - Großalarm für vier Hubschrauber sowie sieben Stationen von Wasserwacht und DLRG.

Von David Costanzo und Otto Fritscher

Plötzlich ist der Wind weg, der Heißluftballon hängt über dem Starnberger See fest, zunächst 300 Meter vor Ambach, es geht nicht mehr vor und zurück, nur noch auf und ab. Bald ist auch das Gas weg - und dann geht es nur noch abwärts: Die Retter müssen vom Schlimmsten ausgehen, als am Samstag gegen 17.30 Uhr der Ballonfahrer die 110 wählt. Wenn der Korb in das kaum mehr als zehn Grad Celsius kalte Wasser sinkt, besteht für alle neun Insassen nach wenigen Minuten Lebensgefahr - vor allem, wenn der Ballon über den Passagieren im Wasser zusammensackt. Die Leitstelle löst einen Großeinsatz in den Landkreisen Bad Tölz-Wolfratshausen und Starnberg aus: Sieben Wasserwachten und DLRG-Stationen rasen mit ihren Booten unter den Ballon, der schon Richtung Seeshaupt abgetrieben worden ist. Vier Hubschrauber von ADAC, Deutscher Rettungsflugwacht und Bundeswehr steigen auf, mehrere Notärzte und mehr als ein halbes Dutzend Rettungswägen werden an den See beordert - insgesamt sind 70 Mann im Einsatz.

Die Notlandung des Heißluftballons geht gerade noch glimpflich aus: Die meist ehrenamtlichen Retter können sieben Insassen bergen, noch bevor der Korb ins Wasser sackt. Als dies letztlich doch geschieht, verletzt sich der achte Passagier an der Hand. Ihn und den Ballonfahrer fischen die Rettungsschwimmer unterkühlt aus dem Wasser. Der Passagier wird zur ambulanten Behandlung ins Krankenhaus gebracht.

Der Ballon war gegen 16.15 Uhr in Tutzing zur Rundfahrt über den See abgehoben. Die Tour sollte 90 Minuten dauern. Laut Polizei gab der Fahrer an, einen Gasvorrat für 120 Minuten an Bord gehabt zu haben. Entgegen der Wetterprognose herrschte jedoch keine fünf bis acht Knoten Wind - umgerechnet rund zehn bis 15 Kilometer pro Stunde -, sondern Flaute.

Zunächst versuchen die Retter in den Booten, den Ballon an einem Seil ans Ufer zu schleppen. Das scheitert, weil der Ballon immer wieder von rund zehn auf 100 Meter Höhe steigt, wenn der Ballonfahrer heizt, sagt Einsatzleiter Ingo Roeske, Technischer Leiter der Kreiswasserwacht Bad Tölz-Wolfratshausen. "Die Situation ließ sich nicht kontrollieren. Die Boote drohten, mit angehoben zu werden." Die Retter kappen die Leine und entscheiden sich für eine andere Variante: Der Korb muss evakuiert werden.

Fünf bis sechs Mal steigt der Ballon weiter auf und ab. Immer wenn er auf Seehöhe gesunken ist, klettern ein bis zwei Insassen in das Rettungsboot der DLRG Pöcking-Starnberg, das dank seines geöffneten Bugs bis an den Korb heranfahren kann. Sieben Passagiere werden so gerettet, die meisten werden nicht einmal nass - sind aber sichtlich geschockt über die Ereignisse, berichtet Roeske. Bei den letzten beiden Insassen geht tatsächlich das Gas aus, der Korb setzt im Wasser auf. Die Retter fischen sie heraus. Schon gegen 18.30 Uhr sind alle Patienten zum Sammelplatz am Steg in Seeseiten gebracht und versorgt. Das Kriseninterventions-Team des Roten Kreuzes (KIT) wurde nicht hinzugezogen.

Die Ballon-Passagiere stammen nach Angaben der Starnberger Polizei "zum Teil aus der Region, zum Teil waren es Urlauber". Es waren fünf Männer und drei Frauen, im Alter von 14 bis 62 Jahren. Am Sonntag waren alle wohlauf.

"Ja, es ist noch einmal relativ glimpflich ausgegangen", sagt Roland Schwankhart vom Starnberger Rot-Kreuz-Kreisverband, der die Gesamtleitung innehatte. Es ist nicht das erste Mal, dass ein Ballon im See landet. Schwankhart erinnert sich mindestens an zwei derartige Vorfälle. Bei einem schlug der Korb des Ballons sogar gegen ein Boot - ohne eine Person zu treffen.

Die Polizei hat Korb und Ballon sicherstellen lassen. Wasserwachten und DLRG bergen sie aus dem Wasser. Der Fall wurde an die Staatsanwaltschaft München II weitergegeben, die am Montag über das weitere Vorgehen entscheidet.

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