Süddeutsche Zeitung

Dorf mit "Tiny Houses" geplant:Kleine Schritte, winzige Häuser

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Vier Frauen präsentieren beim SPD-Stadtgespräch in Geretsried alternative Wohnmodelle

Von Felicitas Amler, Geretsried

Auf Geretsrieder Grund könnte eine neue Wohnform erprobt werden - falls die Lokalpolitik es baurechtlich ermöglicht: Eine Gruppe von Menschen möchte ein Dorf aus sogenannten "Tiny Houses" (winzigen Häusern) schaffen. Die Leute um Thorsten Thane und Natascha Haase wollen dazu am 21. Oktober einen Verein gründen, zuvor haben sie bereits einen Termin bei Bürgermeister Michael Müller (CSU). Am Sonntag stellte Haase das Projekt beim SPD-Stadtgespräch im Café Waldmann vor. Außerdem dabei: Drei Seniorenbeirätinnen des Landkreises, die hier das in Großstädten bereits erprobte Modell "Wohnen für Hilfe" realisieren möchten.

Der SPD-Ortsverein hatte zum Stadtgespräch über "Wohnen in Geretsried 2018 - was tun?" eingeladen. Außer den Referentinnen und dem SPD-Vorsitzenden Martin Bruckner nahmen fünf Gäste teil. Sie waren sich weitgehend einig darüber, dass zur Lösung der Wohnungsprobleme politisch Größeres nötig, gleichzeitig aber jeder noch so kleine Schritt wünschenswert sei. Bruckner sagte, die Preise seien längst auch in Geretsried "durch die Decke gegangen". Wenn man die Faustregel anwende, dass man nicht mehr als ein Drittel des Einkommens fürs Wohnen aufbringen sollte, müssten Menschen in Geretsried 5000 Euro verdienen.

Die Seniorenbeirätinnen Ute Reuter aus Bad Tölz, Helga Lehner aus Münsing und Ursula Fiechtner aus Wackersberg werben bei möglichen Unterstützern im Landkreis für das "Wohnen für Hilfe". Ursprünglich sieht dieses Modell vor, dass Studierende ein Zimmer bei Senioren bewohnen, denen sie dafür in Haus, Garten oder bei der Betreuung von Tieren helfen. Die drei Seniorenbeirätinnen würden dies gern im Landkreis etablieren, wo auch Auszubildende, Alleinerziehende oder andere Wohnungssuchende eine Chance bekämen, die sie auf dem freien Markt nicht haben. Reuter sagte: "Es gibt hier im Landkreis sehr viel ungenutzten Wohnraum." Das sehe auch Landrat Josef Niedermaier so. Lehner erklärte, in einem Wohnraum-Überlassungsvertrag würden jeweils die Bedingungen geregelt. Es sei üblich, für einen Quadratmeter Wohnfläche eine Stunde Mithilfe pro Monat zu berechnen. Geld fließe nur für Nebenkosten; in München seien dies 60 Euro. "Man muss natürlich offen sein für vieles Neue", sagte Reuter, aber die Erfahrung zeige, dass beide Seiten etwas davon hätten. Alte Menschen sagten oft, sie wollten keine Fremden in ihrer Wohnung haben: "Aber wenn man ins Heim muss, hat man weniger Privatsphäre denn je."

Die Initiative wartet noch auf die Zustimmung des Kreistags, der im Dezember darüber beraten werde, ob er "Wohnen für Hilfe" finanziell fördert. Dann könnte eine Koordinierungsstelle geschaffen werden.

Natascha Haase erklärte, sie habe als Alleinerziehende mit zwei Kindern enorme Probleme gehabt, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Die habe sie zwar inzwischen, aber sie habe sich nun für ein "Tiny House" entschieden, um mit anderen eine Art Dorfgemeinschaft zu gründen. Auf Geretsrieder Flur hätten sie ein Grundstück gefunden. Nun gehe es darum, ob sie dort das Recht auf Erstwohnsitze erhielten. Der Verein würde das Grundstück pachten, jeder Nutzer für seine Parzelle bezahlen. Ihr eigenes Tiny House - zehn Meter lang und 2,5 Meter breit - stehe derzeit unbewohnt auf dem Grundstück ihres Nachbarn. Die Häuser seien ab 40 000 Euro zu haben. Ob Grundsteuer fällig werde, wisse sie nicht. All dies solle bis zur Vereinsgründung geklärt werden.

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Quelle:
SZ vom 08.10.2018
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