Doppelmord von Höfen:Einzige Überlebende sagt erstmals vor Gericht aus

Prozess um Doppelmord in Höfen

Das Haus, in dem der Doppelmord verübt worden ist. Die Hausbesitzerin hat den Überfall überlebt. Nun hat sie erstmals vor Gericht ausgesagt.

(Foto: Andreas Gebert/dpa)
  • Drei Männer und eine Frau sollen aus Geldgier eine Witwe in Höfen im Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen überfallen haben.
  • Zwei Rentner starben, die Hausbesitzerin überlebte schwer verletzt.
  • Nun sagte die 77-Jährige erstmals vor Gericht aus.

Von Andreas Salch

Wird sie das jetzt durchstehen? Nach all dem, was ihr widerfahren ist - die Schläge und Tritte der Täter auf ihren Kopf, die Schreie ihrer beiden Bekannten, Inge B. und Johannes S. Die zwei Senioren wurden bei dem Einbruch in das Haus von Veronika F. (Name von der Redaktion geändert) in Höfen bei Königsdorf im Februar vergangenen Jahres auf unvorstellbar brutale Weise getötet.

An diesem Dienstagnachmittag sitzt Veronika F. in einem Sitzungssaal im Strafjustizzentrum an der Nymphenburger Straße in München. Sie trägt ein buntes Sommerkleid mit roten, weißen und schwarzen Tupfern und wirkt gefasst. Zumindest rein äußerlich. Neben ihr hat eine psychosoziale Prozessbegleiterin Platz genommen.

Das Gericht erspart es Veronika F., den mutmaßlichen Tätern, die in ihr Haus eingedrungen sind, in die Augen sehen zu müssen. Ihre Vernehmung wird per Videoschaltung in den Schwurgerichtssaal A 101 übertragen, wo Robert P., seine Schwester Malgorzata L., deren Sohn Michal sowie Jakub G. auf der Anklagebank sitzen. Veronika F. kann keinen der Vier sehen. Die Angeklagten sie aber schon. Robert P., der als Haupttäter gilt, blickt während der Vernehmung von Veronika F. kein einziges Mal auf die beiden etwa zweieinhalb mal eineinhalb Meter großen Leinwände, links und rechts vom Richtertisch, auf denen die Rentnerin zu sehen ist. Die meiste Zeit spielt der 44-Jährige mit einem Stift oder redet mit seinen Verteidigern, während der Vorsitzende, Richter Thomas Bott, Veronika F. befragt.

Die 77-Jährige hat keinerlei Erinnerung an das, was in jener Nacht des 22. Februar 2017 geschah, als Robert P., Michal N. und Jakub G. in ihr Haus einstiegen, sie und ihre Bekannten brutal niederschlugen und ausraubten. Veronika F. war nur durch einen Zufall drei Tage nach der Tat im Heizungskeller ihres Hauses entdeckt worden. Neben ihr lag die Leiche ihres Bekannten Johannes S. Die 77-Jährige wurde per Rettungshubschrauber ins Klinikum Großhadern gebracht und in ein künstliches Koma versetzt.

Bis heute leide sie an den Folgen der Tat, berichtet sie Richter Bott. Alles gehe langsamer. Besonders ihr rechter Fuß schmerze ständig. In der Reha habe sie das Laufen erst wieder gelernt. Ob sie in ihrem Haus bleiben werde, wisse sie noch nicht. Sie müsse sich erst wieder "in allen Sachen zurechtfinden", sagt Veronika F. Als ihr Richter Bott Fotos der Schmuckstücke zeigt, die ihr die Täter stahlen, erkennt sie die meisten davon wieder.

Veronika F. sagt, dass sie seit der Tat mehr Angst habe. Bei der Videovernehmung lässt sie sich nichts anmerken. Nur einmal scheint sie etwas die Contenance zu verlieren, als die Sprache auf einen Brief kommt, den ihr Robert P. aus der Untersuchungshaft geschrieben hat. Falls sie einmal ein Organ brauche, stehe er zur Verfügung, versicherte der 44-Jährige darin. Das sei schon ein starkes Stück, erklärt Veronika F. fassungslos.

Schließlich verliest Richter Bott den Brief. Seine Hände zitterten und sein Herz krampfe sich vor Schmerz zusammen, schrieb Robert P. der 77-Jährigen. Er kniee vor ihr nieder und bitte sie um Verzeihung. Was passiert sei, sei eine Tragödie. Er sei nicht für alles verantwortlich, was geschehen sei, versichert er seinem Opfer und behauptet, es "nicht mal mit einem Finger berührt" zu haben. Im Gefängnis habe er sein Leben verflucht und Suizid begehen wollen. Doch dafür habe ihm die Kraft gefehlt. Nun, so der 44-Jährige, bete er täglich für Veronika F. und ihre Bekannten.

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