Süddeutsche Zeitung

"Heimspiel" in Wolfratshausen:Reise durch die Emotionen

Lesezeit: 2 min

Mit dem "Circus of Fantasy" verzaubern Dominik Halamek und seine Truppe das Publikum in der Loisachhalle.

Von Wolfgang Schäl, Wolfratshausen

Der Titel ist zugleich das Konzept: Dominik Halameks "Circus of Fantasy" ist eine Mixtur aus dröhnenden Disco-Elementen, grellem Farben- und Lichtzauber, artistischen Einlagen und tänzerischen Momenten, dazu ein bisschen Magie, leise, poetische Anklänge und dann wieder eine lautstarke Mitmach-Sause mit Vortänzer. Das alles ist zusammengenommen eine Rezeptur, die ihre Wirkung auf das Publikum nicht verfehlt: In der restlos ausverkauften Loisachhalle reagierten die Gäste denn auch immer wieder mit Szenenapplaus, zweimal sogar mit stehenden Ovationen.

Nur kurz erwähnte Halamek in seiner kurzen Vorrede die Probleme der Pandemie-Jahre. "Ohne euch hätte ich das nicht durchgestanden", versicherte der Artist und Choreograf seinem Wolfratshauser Publikum. Für seine Truppe sei hier "immer ein Heimspiel", erklärte der Waldramer Lokalmatador. Der Auftritt in der Loisachhalle war die zweite Veranstaltung auf einer soeben begonnenen anspruchsvollen Tournee, die 15 Stationen vorsieht. Seine Wolfratshauser Gäste forderte Halamek auf, mitzukommen "auf eine gemeinsame Reise", die auch für die zehnköpfige Truppe immer wieder Überraschungen bereithalte. "Es geht um Emotionen und was daraus entstehen kann", sagte er, "und deshalb verläuft jeder Auftritt anders."

Überraschungsmomente garantierte allein schon die Abfolge der Szenen. Der Auftritt in der Loisachhalle fiel diesmal weniger artistisch aus als in anderen Jahren, war dafür aber choreografisch und musikalisch umso anspruchsvoller. Besonders spektakulär: der Auftritt des Geretsrieder Geigen-Virtuosen Chris Schäfer, der eine sechsjährige Gesangsausbildung beim Tölzer Knabenchor absolviert und schon seit seinem vierten Lebensjahr Geigenunterricht erhalten hat. Auf der abgedunkelten Bühne war allein der Geigenbogen seiner E-Violine beleuchtet, der wie irrlichternd durch die Finsternis geisterte.

Schäfer gilt als Ausnahmetalent, ebenso wie die erst 19 Jahre alte Nachwuchskünstlerin Angelina Terlyha, Absolventin der Zirkusschule in Kiew, die erst 2022 nach München gekommen ist und sich auf Pantomime spezialisiert hat. Sie vermag ganze Geschichten zu erzählen, ohne ein Wort zu sprechen. Mit mystischen Lichteffekten spielten dunkle Gestalten, die sich, Zombies oder Marsmännchen gleich, durch den Zuschauerraum bewegten und nur schemenhaft, als sich bewegende farbige Muster zu erkennen waren.

Nicht ganz geheuer sind schließlich die Tricks von Oleksandr Solyanik, ebenfalls aus der Ukraine, der sich darauf versteht, mit stoischer Miene Sachen irgendwohin verschwinden zu lassen um sie alsbald wieder hervor zu holen. Wie er einen Stapel Spielkarten, den er gerade noch in der Hand gehalten hat, plötzlich aus dem Hosenbein hervor ziehen kann? Es bleibt rätselhaft. Weil er kriegsbedingt seine Ausbildung in Kiew unterbrechen musste, ist er nun mit dem "Circus of Fantasy" auf Tour unterwegs durch Deutschland.

Früh angefangen hat auch Halamek selbst. Sein erstes abendfüllendes Programm stellte er mit 20 Jahren auf die Beine, mehr als zehn weitere sind seither auf die Bühne gelangt. Der Wolfratshauser ist ausgebildet als Luftakrobat und Bühnentänzer und ist nach eigenen Angaben an der Dresdener Semperoper und bei Showeinlagen anlässlich der Olympiade 2008 in Peking aufgetreten. Mittlerweile engagiert sich Halamek als Kostümdesigner, Choreograf, Regisseur, Tänzer und Akrobat. Der Urheber des "Circus of Fantasy" hat dem begeisterten Publikum aus seinen eigenen Erfahrungen noch einen Rat auf den Weg mitgegeben: "Vergleiche dich nicht mit anderen - spanne deine Flügel aus, sei du selbst."

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