Lieferketten im Einzelhandel:"Auf Vorrat braucht niemand etwas zu kaufen"

Lieferketten im Einzelhandel: Der Gebietsverantwortliche der DM-Drogeriemärkte Ulrich Brenner.

Der Gebietsverantwortliche der DM-Drogeriemärkte Ulrich Brenner.

(Foto: Privat/oh)

Ulrich Brenner ist Gebietsverantwortlicher der Drogeriemarktkette DM. Er erklärt, wie Kunden trotz Herausforderungen auf dem Weltmarkt zuverlässig Waren erhalten.

Interview von Sophia Coper, Bad Tölz-Wolfratshausen

Erst kam die Pandemie und in der Folge die Hamsterkäufe in Sachen Toilettenpapier und Desinfektionsmitteln, dann der Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und damit einhergehende Lücken in den Lieferketten. Ulrich Brenner ist Gebietsverantwortliche der DM-Drogeriemärkte in Oberbayern, Oberschwaben und Allgäu und Oberbayern und somit zuständig für die Filialen in Wolfratshausen und Gaißach. Im Gespräch mit der SZ spricht er über die aktuelle Situation und warum ein leeres Regal kein längerfristiges Problem sein muss.

SZ: Herr Brenner, welches Produkt haben Sie selbst immer auf Vorrat?

Ulrich Brenner (lacht): Persönlich? Das müsste die Pflegedusche Bio-Minze Bio-Bergamotte von unserer Eigenmarke Alverde sein. Auf Vorrat habe ich sie aber nicht, da sie so gefragt ist, dass es einen höheren Sicherheitsbestand in den Lagern gibt. Sagen wir's so: Meine Dusche gehört zu den Artikeln, die viele andere auch haben wollen.

In den vergangenen Jahren gab es immer wieder Wellen an Hamsterkäufen. Wurde in Wolfratshausen anders gehortet als in Gaißach?

Bei den beiden Filialen fällt mir so direkt keinen Unterschied ein, aber es gibt definitiv einen zwischen städtischen und ländlichen Standorten. Bei ersteren gehen zumeist Trendprodukte wie Kosmetik über die Theke, wohingegen letztere häufig von Familien frequentiert werden, die mit dem Auto anfahren und dann für den alltäglichen Gebrauch Windeln, Pflegeprodukte, Wasch- und Putzartikel einkaufen. Dementsprechend sahen auch die Hamstereinkäufe anders aus.

Wie ist es aktuell bei Ihnen um die Lieferketten bestellt?

Lieferkettenprobleme haben unterschiedlichste Gründe. Es gibt immer mal wieder Schwierigkeiten mit Containern, die noch in chinesischen Häfen festhängen, aber auch der russische Angriffskrieg auf die Ukraine hat Auswirkungen auf die Logistik gehabt. Viele LKW-Fahrer stammen aus der Ukraine, die werden jetzt woanders nötiger gebraucht. Zudem bemerken wir den Einfluss des Klimawandels. Im Ahrtal sitzt einer unser Damenbinden-Hersteller, das Hochwasser im Sommer 2021 hat uns schlagartig vor ein Problem gestellt. Die DM-Drogeriemärkte haben bestimmte Qualitätsstandards, die auch unsere Kunden und Kundinnen von uns erwarten. Falls ein Hersteller ausfällt, können wir daher schlecht auf einen x-beliebigen ausweichen. Um Ausfällen vorzubeugen, haben wir an mehreren Stellen geschraubt. Wir haben für einige Artikel Sicherheitsbestände und arbeiten mit mehreren Herstellern und Lieferanten für Produkte zusammen. Zudem dezentralisieren wir unsere Logistik und lagern nicht nur an einem Standort, sondern an mehreren, die nah an den Filialen liegen.

Die explodierenden Energiekosten und die Inflation haben überall die Preise ansteigen lassen. Wo war das bei Ihnen spürbar, und hat sich die Lage mittlerweile wieder entspannt?

Unsere Auftrag ist der eines zuverlässigen Versorgers im alltäglichen Bedarf, daher investieren wir bewusst und mit langfristiger Betrachtung in unsere Preise. Die Kunden und Kundinnen bekommen die gestiegenen Kosten nicht vollkommen durchgeschlagen, wir subventionieren teilweise auch. Momentan merkt man deutlich: Es wird aufs Geld geschaut. Eine Wanderung von Markenartikel hin zu unseren Eigenmarken ist deutlich spürbar. Die sind günstiger und haben eine genauso gute Qualität.

Die DM-Filialen bilden auch selber aus. Macht sich der Arbeitskräftemangel auch bei Ihnen in den Filialen bemerkbar?

Ja, bei den Auszubildenden macht sich der demografische Wandel bemerkbar. Früher haben sie uns die Tür eingerannt, jetzt müssen wir uns aktiv darum kümmern, dass neue Leute kommen. Aber wir haben es einfacher als andere Branchen - bei uns ist es schon schöner. Viele Menschen kommen aus der Kurzarbeit oder von der Ungewissheit, ob ihr Projekt noch fortgeführt wird, zu DM. Unser Arbeitsplatz ist sicher. "Der Mensch putzt seine Zähne auch in der Krise", hat bei uns mal jemand gesagt, und das ist vollkommen richtig.

Gibt es Produkte, die immer noch schwer zu bekommen sind oder die man immer auf Vorrat kaufen sollte?

Da bin ich und da sind auch die Kunden mittlerweile relativ entspannt, ganz anders als zu Beginn des russischen Angriffskrieges oder zu Beginn der Pandemie. Sie wissen, wenn einmal nichts da ist, nehmen sie eben das Duschgel daneben oder kommen nächste Woche wieder. Auf Vorrat braucht niemand etwas zu kaufen, denn als zuverlässiger Versorger kümmern wir uns darum.

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