Gemeinde Dietramszell:Wege zum Solarpark

Gemeinde Dietramszell: Das ist das Idealbild der Gemeinde Dietramszell: Eine PV-Freiflächenanlage, unter der noch Schafe weiden können.

Das ist das Idealbild der Gemeinde Dietramszell: Eine PV-Freiflächenanlage, unter der noch Schafe weiden können.

(Foto: Claus Schunk)

Der Gemeinderat in Dietramszell hat bei zwei Gegenstimmen einen Leitfaden für Photovoltaik-Freiflächenanlagen beschlossen. Über die Frage der Nichteinsehbarkeit wird nach einer 3-D-Geländemodellierung noch einmal beraten.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Die Gemeinde Dietramszell hat aus den Erfahrungen in Manhartshofen, wo im vergangenen Jahr ein Solarpark am Widerstand von Nachbarn gescheitert war, Schlüsse gezogen: Der Arbeitskreis Energie und Umwelt hat einen detaillierten Kriterienkatalog erarbeitet, der verbindliche Vorgaben für Freiflächen-Photovoltaikanlagen (PV) in Dietramszell macht. Der Vorschlag wurde nicht-öffentlich im Gemeinderat vorberaten und am Dienstag mit zwei Gegenstimmen von Michael Häsch (CSU) und Hubert Prömmer (Grüne) öffentlich gebilligt.

Laut Berechnung des Arbeitskreises sind 14,5 Hektar, also rund 0,15 Prozent der Gemeindefläche, nötig, um mit PV-Freiflächenanlagen den gesamten Strombedarf der Kommune zu decken. Dieser liegt derzeit bei etwa 12 500 Megawattstunden pro Jahr. Mit PV-Anlagen auf Dächern werden in Dietramszell bereits rund sechs Prozent des Strombedarfs erzeugt, einen Beitrag liefern außerdem Biogasanlagen. Das heißt, mit PV-Freiflächenanlagen auf 14,5 Hektar könnte auch ein steigender Bedarf, etwa in den Bereichen E-Mobilität und Wärme, abgedeckt werden.

Wo und wie Solarparks künftig möglich sind, soll der Kriterienkatalog festlegen - als "roter Faden, den sich die Gemeinde gibt", wie Bürgermeister Josef Hauser (FW) erklärte. Und an dem man sich orientiere, wenn es um die Aufstellung eines entsprechenden Bebauungsplans gehe. Außerdem diene er als Grundlage für den Energienutzungsplan, den die Gemeinde voriges Jahr bei der Bürgerstiftung Energiewende Oberland (EWO) in Auftrag gegeben hat und der nach der Sommerpause vorliegen soll. Sollte sich herausstellen, dass durch die strengen Kriterien nicht genügend Flächen für PV-Freiflächenanlagen übrig bleiben, um künftig den Strombedarf ausschließlich aus Erneuerbaren zu decken, müsse der Katalog überarbeitet werden. Spätestens nach vier Jahren oder wenn ein Zubau von 50 Prozent des Eigenbedarfs der Gemeinde erreicht ist, will man aber ohnehin noch einmal beraten.

"Von keinem Wohngebäude aus einsehbar"

Der Kriterienkatalog enthält diverse Vorgaben. So sollen PV-Freiflächenanlagen in der Nähe von denkmalgeschützten oder prägenden Gebäuden nicht erlaubt sein, ebenso, wenn sie das Orts - oder Landschaftsbild "erheblich stören". Außerdem dürfe die Anlage von "keinem Wohngebäude aus einsehbar sein" - außer wenn die betroffenen Anlieger schriftlich ihr Einverständnis erklären. Die Verknappung hochwertiger landwirtschaftlicher Flächen durch Solarparks müsse vermieden, Natur- und Artenschutz müssten berücksichtigt werden, etwa durch Schafbeweidung, Hecken oder den Verzicht auf Düngung. Aufgeständerte Solarmodule müssten genügend Abstand zum Boden haben, damit Tiere durchwandern können.

Die Finanzierung "ausschließlich durch Bürger der Gemeinde" sei Voraussetzung für die Genehmigung. Bürgerbeteiligung sei "mindestens im Rahmen von Nachrangdarlehen" vorzusehen. Gewerbesteuereinnahmen müssten voll der Gemeinde zukommen, weshalb der Sitz von Betreibergesellschaften im Gemeindegebiet liegen müsse. Der Gemeinderat müsse bei jedem Antrag eine Ortsbesichtigung vornehmen.

Für Michael Häsch blieben einige Fragen ungeklärt, etwa der künftige Strombedarf und die davon abhängige Größe der benötigten Flächen. Umstritten war aber vor allem der Passus, dass PV-Freiflächenanlagen "von keinem Wohngebäude aus" einsehbar sein dürften. Aus Sicht von Hubert Prömmer (Grüne) sei dies in einer "relativ zersiedelten Gemeinde" wie Dietramszell nicht umsetzbar. Vor allem aber störte den Grünen-Gemeinderat, dass man damit "ein negatives Zeichen" setze. "Das hat den Anschein, dass wir das maximal verhindern wollen", kritisierte er.

"Das kommt mir vor wie die 10-H-Regel"

Ähnlich äußerte sich Bernhard Fuchs (FW). "Das kommt mir vor wie die 10-H-Regel", sagte er in Anspielung auf die bayerische Windrad-Bestimmung (Mindestabstand zu Wohngebäuden gleich dem Zehnfachen ihrer Höhe). Er schlug eine Ergänzung vor, welcher der Gemeinderat mehrheitlich zustimmte: Demnach solle im Nachgang einer 3-D-Geländemodellierung, die die EWO vornimmt, nochmals im Gemeinderat über diesen Punkt beraten werden.

Nach Ansicht von Bürgermeister Hauser gibt es in Dietramszell genügend Flächen, wo die Nicht-Einsehbarkeit einer PV-Anlage gewährleistet ist. Hauser verwies auf das geplante Großprojekt in Königsdorf. Dort soll auf einer Fläche von 20 Hektar eine PV-Freiflächenanlage entstehen, die zweieinhalb mal so viel Strom erzeugt, wie die Gemeinde braucht. Das riesige Solarfeld ist aber kaum einsehbar, weil es etwa 800 Meter Luftlinie entfernt von der nächsten Wohnbebauung liegt.

Ein weiterer Kritikpunkt bezog sich auf die Vorgabe, dass Anlagen ausschließlich von Gemeindebürgern finanziert werden sollen. Prömmer hält das für "rechtlich nicht haltbar". Außerdem könnten Großprojekte, wie in Königsdorf, nicht alleine von Gemeindebürgern bezahlt werden. Der Bürgermeister hielt dagegen: "Wir wollen keinen Investor von außen." Denn Akzeptanz entstehe am ehesten, "wenn man das in den eigenen Geldbeutel erwirtschaftet". Hauser verwies auf den Greilinger Solarpark, bei dem Bürger 500 000 Euro von insgesamt 1,7 Millionen als Darlehen beigesteuert haben. Diese Darlehen werden von der Betreibergesellschaft über zehn Jahre zurückgezahlt und die jeweils verbleibende Einlage mit sechs Prozent verzinst.

Der Vorschlag von Ludwig Gröbmaier (CSU) eine "Bürgerbeteiligung" etwa in Form von Genossenschaften festzuschreiben, statt im Rahmen von Darlehen, wurde mit knapper Mehrheit abgelehnt.

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