Gut 15 Jahre lang hat Waltraud Bauhof, langjährige Vorsitzende des Vereins „Miteinander-Füreinander“, für den Bau einer Pflege-Wohngemeinschaft in Dietramszell gekämpft. Im Februar 2021 wurde das genossenschaftliche Wohnprojekt „Am Kreuzfeld“ schließlich eröffnet. Drei Jahre später steht es als eines der bayernweit 21 Maro-Projekte auf der Kippe: Die Genossenschaft musste Insolvenz anmelden, weil drei Banken ihre Kreditzusage für eine Demenz-Wohnanlage in Landsham im Landkreis Ebersberg zurückgezogen haben. Nun klafft eine Lücke von fünf Millionen Euro in der Finanzplanung. Private Geldgeber haben nach aktuellem Stand 1,7 Millionen Euro für die Rettung der Genossenschaft zugesagt.
Dennoch ließ sich das Insolvenzverfahren nicht abwenden. Ende Mai wurde ein Insolvenzverwalter bestellt, der einen Sanierungsplan erstellen soll. Waltraud Bauhof hofft, dass die Rettung gelingt. Denn das Projekt in Dietramszell, das neben acht barrierefreien Wohnungen im Obergeschoss auch zwei Wohngemeinschaften für je neun Bewohner mit Demenz bietet, sei ein „Leuchtturmprojekt“, sagt sie. Dass 18 Mitarbeitende der Maro, die ihren Sitz in Ohlstadt hat, zum 1. Juni entlassen wurden, ist für Bauhof ein Tiefschlag. Ein kleiner Kreis von etwa fünf Mitarbeitern sei übrig geblieben, die im schlimmsten Fall die Genossenschaft abwickeln müssen. Für die Bewohner der Demenz-WGs würde das vermutlich bedeuten, dass die 1500 Euro Genossenschaftsanteile verloren sind. Bei den Mietern der acht Wohnungen im Obergeschoss wäre der finanzielle Verlust deutlich höher, weil sie zusätzlich noch Wohnungspflichtanteile zeichnen mussten, die je nach Wohnungsgröße bei bis zu 80 000 Euro liegen können.
Falls die Maro zerschlagen und Gebäude verkauft werden müssen, steht auch die soziale Ausrichtung auf dem Spiel. Denn beim Genossenschaftsmodell der Maro geht es nicht allein um bezahlbaren Wohnraum, sondern um die Lebensqualität der Bewohner. „Wir kämpfen darum, dass das so weiter geführt wird, wie bisher“, sagt Bauhof. Das Konzept der Demenz-WGs sieht vor, dass die Bewohner möglichst selbständig und selbstbestimmt leben können. Für jede Wohngruppe gibt es einen Angehörigen-Beirat, der sich um Finanzen, Einkauf oder Reinigungskräfte kümmert. Der Beirat entscheidet auch, wer einziehen darf oder welcher Pflegedienst beauftragt wird. Die Atmosphäre in den beiden Demenz-WGs sei sehr entspannt, „die Leute fühlen sich wohl“, sagt Bauhof. Die Nachfrage nach Plätzen sei hoch, „wir haben eine ellenlange Warteliste“. In jeder der beiden Demenz-Gruppen stehen rund um die Uhr fünf Pflegekräfte für neun Bewohner zur Verfügung.
Falls ein Investor übernehme, wolle der vermutlich „einen Reibach machen“, fürchtet Bauhof. Heißt: Die monatlichen Kosten für die Bewohner könnten steigen. Gleiches sei für die Mehrgenerationen-Wohnungen im Obergeschoss zu befürchten. Außerdem könnten Mietverträge von einem neuen Eigentümer womöglich gekündigt werden. Dass die Gemeinde Dietramszell das Wohnprojekt übernimmt, steht nicht zur Debatte. „Solche Überlegungen gibt es nicht“, betont Bürgermeister Josef Hauser (FW). Denn anders als bei dem Mehrgenerationen-Wohnprojekt an der Sauerlacher Straße in Wolfratshausen wurde das Grundstück in Dietramzell der Maro nicht in Erbpacht überlassen, sondern verkauft. Ein Rückkauf wäre für die Gemeinde „finanziell nicht darstellbar“, so der Bürgermeister. Hauser hofft, dass es weitergeht, denn das Projekt laufe sehr gut. „Und es geht schließlich um Menschen.“
Um die Maro zu retten, hat sich zuletzt auch die Landespolitik eingeschaltet: Nach Florian von Brunn, SPD-Fraktionsvorsitzender im Landtag, hat kürzlich auch der Wahlkreisabgeordnete der Freien Wähler, Florian Streibl, an die bayerische Staatsregierung appelliert, der Genossenschaft finanziell unter die Arme zu greifen. Erfolgversprechend scheinen die Bemühungen nicht: Das zuständige bayerische Bauministerium hat auf SZ-Anfrage mitgeteilt, dass Unterstützungsmaßnahmen, „die zur Überbrückung finanzieller Schwierigkeiten dienen“, nicht angeboten werden könnten. Auch Waltraud Bauhof hat ihre Kontakte zur bayerischen Staatskanzlei genutzt. Große Hoffnung jedoch hat auch sie nicht. Man habe ihr versichert, dass das Maro-Konzept „wunderbar“ sei, aber das Hauptproblem bei den Banken liege. Über die konkreten Gründe, warum die Finanzierungszusage gekündigt wurde, gebe es keine Informationen, sagt Bauhof. Womöglich habe die Maro „zu viel gewollt“ und sich mit ihren Projekten übernommen.