Umstrittene Bronze:Dietramszeller Hindenburg-Büste soll nach Regensburg

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Aktivisten um den Künstler Wolfram Kastner haben die Hindenburg-Büste 2014 vom Sockel gehoben und ihr ein Hakenkreuz aufs rechte Auge geklebt. (Foto: Manfred Neubauer)

Das Haus der Bayerischen Geschichte hat Interesse an Skulptur des einstigen Reichspräsidenten angemeldet.

Von Petra Schneider, Dietramszell

Vor fast acht Jahren hat der Münchner Aktionskünstler Wolfram Kastner die Hindenburg-Bronze von der Dietramszeller Klostermauer abgeschraubt, die seitdem im Keller der Familie von Schilcher lagert. Was damit geschehen soll, war bislang unklar. Nun gibt es eine konkrete Idee: Das Haus der Bayerischen Geschichte in Regensburg habe Interesse an der Büste angemeldet, erklärte Bürgermeister Josef Hauser (FW) kürzlich im Gemeinderat. Derzeit liefen Gespräche. Die Hindenburg-Bronze soll demnach nicht dauerhaft ausgestellt, sondern in den Bestand des Museums aufgenommen und bei Sonderausstellungen gezeigt werden.

Eine Überstellung der abgeschraubten Büste an das Museum nach Regensburg war in der Gemeinde seit Langem als beste Lösung angesehen worden, darüber war man sich auch mit Florian von Schilcher einig. Auch das Erzbischöfliche Ordinariat in München hatte 2015 mitgeteilt, dass man die Idee sinnvoll finde. Eine Überstellung scheiterte bislang am Museum: Denn im Jahr 2017 erteilte das Haus der Bayerischen Geschichte in Augsburg, das das neue Museum in Regensburg konzipiert hat, der Gemeinde eine Absage. Die Hindenburg-Bronze passe inhaltlich nicht ins Konzept, lautete die Begründung.

Nun ist eine Einigung offenbar möglich, weil man mit einer temporären Präsentation einverstanden sei und eine Dauerausstellung "von keiner Seite mehr gefordert wird", sagt Hauser. Mit einer Überstellung nach Regensburg wäre der Gemeinde ein schwieriges Problem abgenommen: Denn den Hindenburg-Kopf mit einer Infotafel, wieder aufzuhängen, ist keine ernsthafte Option, ein Verbleib im Schilcher-Keller keine Dauerlösung. Und ein Heimatmuseum gibt es in Dietramszell nicht. Die Idee, die Büste kopfunter provisorisch in einer Art Performance an der Klostermauer anzubringen, wie sie Wiener Architekturstudenten im Juli 2021 im Rahmen des Projekts "Baukulturregion Voralpenland" vorgeschlagen hatten, war bei den Zuhörern verhalten aufgenommen worden. Ein Wiederaufhängen der Bronze, in welcher Form auch immer, wäre auch für Bürgermeister Hauser "ein falsches Signal".

Mit seiner Aktion wollte Kastner eine kritische Auseinandersetzung mit der historischen Person Hindenburg, der zehn Jahre seine Jagdurlaube bei der Familie von Schilcher in Dietramszell verbracht hatte, in Gang setzen. Jahrelang ist nichts passiert, aber die Befürchtung Kastners, dass das Thema in der Gemeinde unter den Tisch gekehrt wird, hat sich nicht bestätigt: 2019 gab es ein hochrangig besetztes Hindenburg-Symposium, das in der Bürgerschaft für viel Interesse sorgte. Auch ein Geschichtspfad, der im Rahmen der Dorferneuerung geplant ist, wird auf den Weg gebracht: Nach jahrelanger Vorarbeit durch den historischen Arbeitskreis hat der Gemeinderat im Dezember einstimmig der textlichen und gestalterischen Umsetzung von zehn Infostelen zugestimmt, die auf der Angerwiese gegenüber dem Kloster aufgestellt werden sollen, frühestens allerdings 2023. Wohl auch auf öffentlichen Druck hin wird dem Thema Hindenburg breites Gewicht eingeräumt: Drei der zehn Tafeln widmen sich dem umstrittenen Generalfeldmarschall und Reichspräsidenten.

Korrektur: In einer früheren Version dieses Artikels haben wir im Teaser bzw. in der Unterzeile Reichspräsident Hindenburg fälschlicherweise als Reichskanzler bezeichnet.

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