Die SPD-Kandidatin :Der Reiz der Herausforderung

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Beatrice Wagner bleibt Vorsitzende der SPD Icking. (Foto: Hartmut Pöstges)

Beatrice Wagner ist Paar- und Sexualtherapeutin. Sie will sich vor allem für Ökologie und Soziales einsetzen

Von Claudia Koestler, Icking

"Am Anfang war ich sicherlich der bunte Hund in der Gemeinde", sagt Beatrice Wagner und lacht. Eine Paar- und Sexualtherapeutin, die 2010 in die Ortsmitte Ickings zog und dort auch ihre Praxis hat - darauf reagierten manche in Icking mit Getuschel oder gespielter Nonchalance. "Man traute mir allerlei zu", sagt sie. So nach dem Motto: "Was macht die da eigentlich?" Aber inzwischen gebe es auch viele Mitbürger, die ihr gegenüber entspannt seien und ihre Arbeit gut hießen, sagt sie. Sicher auch deshalb, weil sich die 56-Jährige in der Gemeinde in vielfacher Weise ehrenamtlich einbringt, und das nicht erst, seit sie für die SPD als Bürgermeisterkandidatin um Stimmen wirbt. Aus eigener Erfahrung weiß sie schließlich: "Man braucht Charaktere, die Impulse geben."

Beatrice Wagner, alleinerziehende Mutter einer inzwischen erwachsenen Tochter, wurde im Allgäu geboren und wuchs nahe Düsseldorf auf. Für ihre beiden jüngeren Brüder habe sie schon so manches "freigekämpft". Sie stammt aus einer konservativen und streng katholischen Familie und war als Jugendliche Messdienerin. Als sie älter wurde, waren es unter anderem die Widersprüche in der Kirche, die sie zum Nachdenken brachten. Nach der Schule entschied sich Wagner zunächst für eine Ausbildung als Physiotherapeutin.

"Was ich aber eigentlich immer wollte, war Bücher lesen und schreiben." Dass sie sich nach der Ausbildung dazu entschloss, zu studieren, war dann "ein Akt der Befreiung und Selbstentdeckung". Wagner entschied sich für Germanistik und finanzierte sich das Studium in Freiburg und München weitestgehend selbst, unter anderem als freie Journalistin. Sie begann im Lokalen, "aber es hat sich dann schnell ergeben, dass ich in den Medizinjournalismus reingerutscht bin". Die eher ältere Herrenriege in der medizinischen Fachzeitschrift, so kam es ihr zumindest vor, schickte lieber die junge und aufgeschlossene Frau zu Themen der Sexualmedizin, als selbst mal hinzugehen.

Und sie merkte zunehmend, dass sie diese Sparte auch interessierte. "Prägend für mich war zudem, dass ich Oswald Kolle kennenlernen durfte, der locker, aber nie schmierig über die Sachen reden konnte." Als Germanistin unter den Medizinjournalisten bemerkte Wagner jedoch auch Hierarchien - "so à la können Sie auch was Richtiges?" Sie entschied sich deshalb, zu promovieren, und schrieb ihre Doktorarbeit in Theoretischer Medizin. Doch beruflich fühlte sich Wagner noch nicht angekommen. "Als freie Journalistin kann man sich - gerade in dem Bereich - nur über Wasser halten, wenn man auch PR macht. Das aber finde ich gerade in der Medizin höchst bedenklich." Sie wagte den Perspektivwechsel und sattelte die Ausbildung als Heilpraktikerin für Psychotherapie drauf. An der Münchner medizinischen Fakultät lehrt die Therapeutin heute zudem Psychologie in der Medizin, genauer gesagt: das Arzt-Patienten-Verhältnis.

"Ich bin wirklich glücklich mit meinem Beruf", sagt sie. "Aber das mit der Bürgermeisterin, das reizt mich schon auch", fügt sie an. Es sei eben eine Herausforderung, "und da ist vielleicht meine therapeutische Erfahrung hilfreich, dass zerstrittene Paare wieder zusammengebracht werden können - ich möchte das für Icking auch gerne, denn hier liegt Vieles unterschwellig im Argen." Deshalb habe sie ihr Programm unter das Motto "Zammleben" gestellt. Politisch schwankt sie zwischen den Polen Soziales und Ökologie, unter anderem engagiert sie sich beim Bund Naturschutz.

Als sie nach Icking zog, damals noch ohne Parteibuch, und sich um den Baumbestand sorgte, rief sie bei den Grünen an. Doch einen Rückruf erhielt sie nicht, einen Ortsverband gab es damals noch nicht. "Bei der SPD wurde ich hingegen mit offenen Armen empfangen, und die Genossen betonten, dass sie den Naturschutz schon lange verankert hatten", erzählt die Ortsvorsitzende. Grundsätzlich halte sie nichts davon, dass sich Parteien gegenseitig das Leben schwermachen, sagt Wagner. Sie setzt lieber auf Sach- als auf Parteipolitik. Und auf ein Miteinander der besten Ideen: "Ich möchte, dass im Gemeinderat SPD, Grüne und andere was gemeinschaftlich stemmen. Getrennt marschieren, aber zusammen kämpfen." Das Miteinander, die Transparenz, die Bürgerbeteiligung sind weitere Kernpunkte, für die sie antritt.

Sollte es Wagner ins Amt schaffen, will sie ihre Praxis nicht aufgeben, sondern in reduzierter Form weitertherapieren. Das werde sie im Fall der Fälle auch stemmen: "Ich bin ein Arbeitstier", sagt sie von sich. "Und außerdem verlassen sich ja die Menschen auf mich."

Mehr unter www.bwagner2020.de

© SZ vom 06.03.2020 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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