Süddeutsche Zeitung

Die Grünen:Martina Raschke

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1. Sozialgerechte Bodennutzung: Mit welchem konkreten Modell wollen Sie sozialgerechte Bodennutzung erreichen? Ab welcher Größenordnung eines Bauvorhabens sollen Investoren in welchem Maß für die soziale Infrastruktur mitbezahlen?

Die derzeitige Geretsrieder Lösung halte ich für eine Möglichkeit. Es gibt jedoch, je nach Bauprojekt, verschiedene Lösungen (Sonderwohnformen, Sondernutzungsflächen). Bürgerbeteiligung bei der Entwicklung der "Lebensräume" ist mir sehr wichtig. Wir brauchen ein städtebauliches Leitbild, das den roten Faden für Entscheidungen des Stadtrats bildet. Sozialgerechte Nutzung des Raums setzt eine breite Basis voraus. Wir brauchen Wohnraum für alle, um dem Siedlungsdruck gerecht zu werden.

2. Handel und Wandel

2.1 Das neue Stadtzentrum wird von einem Edeka-Verbrauchermarkt und einem Aldi geprägt sein. Wie können kleine Geschäfte angesiedelt werden, die zum Bummeln einladen?

Das ist eine schwierige Frage, da der rechtliche Rahmen sehr eng ist und auch argumentiert wird, dass diese Beteiligung durch gezahlte Steuern beglichen wird. Der Stadtrat sollte solche Beteiligungen durch Absprachen einfordern. Denkbar wäre es z.B. ab 1400 Wohneinheiten. Auch hier braucht es ein Beteiligungsbündnis, z.B. mit privaten Trägern und ggf. Unternehmen. Zunächst ist der Bevölkerung nicht erklärt worden, warum ein großer Vollsortimenter und ein Discounter im Zentrum von Gartenberg sinnvoll sind und keine Überversorgung und kein Verkehrsproblem darstellen. Beim Edeka-Mark wurde ein sogenanntes Markthallenkonzept mit kleinen Läden versprochen und im EG des Centrum 20 sollten auch kleine Läden entstehen. Ergebnis: fraglich. Ich fände einen Runden Tisch "Einkaufen&Bummeln Stadtmitte" unter Federführung der Wirtschaftsförderung toll, um herauszufinden, was noch angeschoben werden kann.

2.2 Wie kann die Infrastruktur im Stadtteil Stein verbessert werden?

Das geplante Bürgerhaus muss schnellstens verwirklicht und mit Leben gefüllt werden. Eine Bedarfserhebung, was die Bürger*innen zukünftig brauchen, wäre ein erster Schritt. Als Eigentümer der Immobilien ist primär die Baugenossenschaft am Zug, ihrer sozialen Verantwortung gerecht zu werden - aber mit Unterstützung durch die Wirtschaftsförderung. Bezüglich Verbesserung des ÖPNV sind Gespräche mit dem Landratsamt, MVV und Regionalverkehr Oberbayern erforderlich.

2.3 Sehen Sie eine Möglichkeit, den Geltinger Dorfladen langfristig abzusichern?

Wichtig wäre, allen Einwohnern von Gelting bewusst zu machen, dass dies ihr Dorfladen ist und daher das Wohlergehen des Ladens vom Engagement aller Geltinger abhängt. Außerdem möchte ich die "alte" Idee nochmals in Spiel bringen einen Unverpackt-Laden als Zusatzgeschäft zu implementieren.

3. Klimaschutz: Wie kann Geretsried das Ziel der Energiewende Oberland noch erreichen, sich bis 2035 vollständig mit erneuerbaren Energien zu versorgen?

Wichtig wäre, dass die Stadt deutliche Signale sendet, dass auf allen öffentlichen Gebäuden Photovoltaik-Anlagen installiert werden (z.B. auf dem riesigen Dach des neuen Eisstadions oder auf dem Dach des geplanten Parkhauses neben dem neuen Hallenbad). Für private Investoren sollte die Stadt Anreize bieten und die Zusammenarbeit mit den Stadtwerken und der Baugenossenschaft nutzen, damit diese mehr zur Energiewende beitragen.

4. Kunst und Kultur: Die Stadt hat in den vergangenen neun Jahren fast vierzig Millionen Euro für den Sport ausgegeben. Wie viel soll sie in der kommenden Amtszeit in Kunst und Kultur investieren? Was steht auf Ihrer Prioritätenliste ganz oben: Eine kommunale Kunst- galerie; ein Konzertraum für Musik von Klassik bis Rock, eine Tagungsstätte für Vortrag und Diskurs? Etwas ganz anderes?

Die Stadt trägt seit Jahren das Defizit des Kulturherbstes und sollte dies weiterhin tun. Begegnungsräume für Jung und Alt, die für alle offen sind, stehen in unserem Programm. Dort könnte nach und nach ein kulturelles Leben und Wirken entstehen.

5. Das Herz der Stadt: Als Geretsried vor mehr als vier Jahren mit der Planung des neuen Stadtzentrums begann, sagte Gestaltungsbeirat Winfried Nerdinger, die Stadt müsse dort etwas ansiedeln, "was unsere Gesellschaft zusammenbringt". Stadträte und Planer sollten überlegen, wie "das Herz dieser Stadt ausschauen" könnte. Haben Sie eine Idee?

Zunächst möchte ich hier anmerken, dass Geretsried vier Stadtteile hat und es daher nicht ein "Herz" der Stadt gibt. Es gilt, Konzepte zu entwickeln, die sowohl für die vier Stadtteile als auch für die Stadt als Ganzes wirksam sind. Da sind kleine und große Veranstaltungen besser geeignet als pompöse Bauwerke. Das Herz der Stadt ist ihr Zusammenhalt - der muss gefördert werden. Gleiches gilt für Bürgerbeteiligung und die Entwicklung einer Geretsrieder DNA, die von Vielfalt geprägt ist.

6. Das Beste zum Schluss: Wenn Sie die Bürgermeisterwahl gewinnen würden, was würden Sie als erstes ändern, neu einführen, verbessern?

Eine öffentliche Bürgerfragestunde vor jeder Stadtratssitzung, in der Bürger*innen ihre Fragen direkt an jede Stadträt*in stellen können.

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Quelle:
SZ vom 04.02.2020
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