Der Münsinger Verein ist für die Jugendarbeit bekannt:Vom Fußballplatz über den Tennis-Court aufs Boot

Int. deutsche Meisterschaft der Korsar-Segler

Kennzeichen Mini-Leuchtturm: Der Ammerlander Segel-Club liegt malerisch am Starnberger See.

(Foto: Sta Franz Xaver Fuchs)

Vor 125 Jahren wurde der Ammerlander Segel-Club gegründet - weil das Kicken den Eltern zu gefährlich erschien

Von Benjamin Engel

"Beim Ammerlander Segel-Club handelt es sich nicht um einen ganz normalen Verein, sondern eher um einen der etwas anderen Art." So hat Hubert Rank im Vorwort der Chronik zum 100-jährigen Bestehen 1996 geschrieben. Insofern erscheint es passend, dass die Segler zum heurigen 125-jährigen Jubiläum keine weitere historische Abhandlung fortschreiben wollten.

Stattdessen soll eine "Festschrift von Mitgliedern für Mitglieder" entstehen, wie sich Dietlind von Laßberg ausdrückt, die erst im vergangenen März nach 20 Jahren als Vorsitzende des Ammerlander Segel-Clubs aufgehört hat. Mehr als 70 Vereinsmitglieder haben dafür Beiträge verfasst. Im Fokus stehen etwa die Jugendarbeit, für die der Segel-Club regionsweit bekannt ist, oder die im Jahr 2012 rein ehrenamtlich von den Ammerlander Seglern organisierte Internationale Deutsche Meisterschaft der Korsare. Ohne dieses ehrenamtliche Engagement vieler Mitglieder bis hin zu den vier Trainern mit C-Lizenz aus dem eigenen Juniorenbereich wäre der Segel-Club kaum vorstellbar.

Jugendliche einstiger Ammerlander Sommerfrischler sind Teil der ungewöhnlichen und spannenden Gründungsgeschichte. Um das Jahr 1896 sollen einige zuerst den Ammerlander Fußball-Klub gegründet haben. Ein bis zwei Jahre später sollen aber Rektor Lutz und Professor Richard Geigel ihren Söhnen und damals jüngsten sowie kleinsten Spielern den Sport verboten haben. Zu gefährdet sahen sie ihren Nachwuchs durch mögliche Fußtritte der älteren Fußballer. Als Ersatz soll Geigel auf der Staudacher Wiese einen Tennisplatz eingerichtet haben, aus dem sich später der Segel-Club entwickelte. Erste Regatten soll es 1901 oder 1902 gegeben haben. Legt man als Gründungsjahr 1896 zugrunde, ist der Ammerlander Verein sogar der drittälteste Segel-Club in Bayern. Nur der Lindauer Segel-Club und der Bayerische Yacht-Club aus Starnberg sind demnach älter.

Mit Optimisten geht's los

Eines der Aushängeschilder des Vereins ist die Kinder- und Jugendarbeit. Etwa ein Viertel der derzeit 271 Club-Mitglieder ist jünger als 25 Jahre. Mit den kleinen Optimisten - der am weitesten verbreiteten Bootsklasse im Verein - werden die Anfänger an den Segelsport herangeführt. Im Alter von sieben, acht Jahren sind die ersten laut Laßberg bereit, auf den Starnberger See hinauszufahren. "Wer mit dem Segeln anfängt, muss auf jeden Fall richtig schwimmen können und in die Schule gehen", sagt Laßberg. Wichtig sei es vor allem, den Kindern und Jugendlichen die Freude am Segeln zu vermitteln. Das scheint gelungen, wie etwa die junge Sophie Ebbinghaus in der neu erscheinenden Festschrift erklärt: "Wenn ich an den Club denke, fühle ich die Freiheit. Ich liebe den tollen Ausblick vom Gelände auf den See und die Berge. Ich mag die Kinder und die generelle Gemeinschaft im Club."

Ammerlander Segel-Club Jubiläum

Die fußballspielenden Ammerlander Jugendlichen waren einst Gründungsmitglieder des Ammerlander Tennis-Clubs, aus dem dann später der ASC wurde.

(Foto: Ammerlander Segel-Club)

Die ist womöglich auch deshalb so eng, weil der Verein räumlich auf seinem Gelände im südlichen Ammerland maximal 280 Mitglieder aufnehmen kann. Dort hat der Segel-Club erst zu Beginn der 1970er-Jahre nach Anfängen beim Gasthof Sailer sein Zentrum gefunden. Die Lage mit dem denkmalgeschützten Bootshaus und dem Hafen mit kleinem Leuchtturm an der breitesten Stelle des Starnberger Sees macht das Club-Gelände für die frühere Vorsitzende Laßberg besonders charmant, auch ohne Casino-Restaurant wie in so manch anderem größeren und traditionsbewussten Club rund um den See.

Für die 2012 organisierte Deutsche Meisterschaft der Korsare hatte der Ammerlander Verein ein Festzelt, einen Kühlwagen und Sanitäranlagencontainer angemietet und alles ehrenamtlich bewältigt - ein Kraftakt und sehr gelungen. Stimmungsvoll zu feiern versteht der Verein eben, etwa zur jährlichen Ammerlander Sommerregatta. Auch das 125-jährige Bestehen wollte der Verein im größeren Kreis begehen. Doch das macht die Pandemie unmöglich. "Wir haben das auf nächstes Jahr verschoben", sagt Laßberg.

Wenigstens der vom Verein organisierte Euro-Cup der Jugendmannschaften in der Korsar-Klasse vom 13. bis zum 15. August kann stattfinden. 29 Zweier-Teams haben sich dafür gemeldet, darunter Theresa und Maximilian Heilingbrunner, die den Euro-Cup der Korsare schon 2019 für den Ammerlander Segel-Club gewonnen haben. Ihr Vater Michael Heilingbrunner hat mit Ute Rogers schon zweimal die Internationale Deutsche Meisterschaft sowie dreimal die Schweizer Meisterschaft der Korsare gewonnen.

Solche sportlichen Jollen prägen den Verein. Das liegt im wesentlichen an der Größe und Lage des Klubgeländes an der breitesten Stelle des Starnberger Sees. Dort können sich die typischen Weststürme besonders heftig entfalten und so größere, teure Boote gefährden, die nur an Bojen auf dem Wasser liegen können. Im Besitz von Mitgliedern sind gleichwohl historische Traditionsschiffe wie Lugger, Chiemseeplätten oder ein Nationaler Kreuzer.

Wie traditionsbewusst der Ammerlander Segel-Club ist, symbolisiert die bis heute verwendete Flagge. Der rote Stander, das blaue mastseitige Obereck mit dem diagonalen weißen Balken und den zwei Sternen lehnen sich an die US-amerikanische Fahne an. Gründungsmitglied Reinhart Geigel hat das Symbol entworfen. Beeinflusst haben soll ihn der aus den USA stammende erste Vorsitzende in der Historie des Segel-Clubs, Gustav White. Der Jugendliche soll damals wenige Jahre mit seinen Eltern auf Sommerfrische in Ammerland verbracht haben, ehe ihm Geigel im Vorsitz nachfolgte.

Heuer hielt Dietlind von Laßberg nach 20 Jahren als Vorsitzende die Zeit für gekommen, ihr Amt aufzugeben. Thomas Brunner ist ihr nachgefolgt, der bereits der dritte Vorsitzende seiner Familie im Verein ist. Großvater Franz Scheiner hatte dieses Ehrenamt von 1928 bis 1937 inne, Vater Josef Brunner zwischen 1989 und 2000. "Es ist gut, dass frischer Wind kommt", sagt Dietlind von Laßberg. "Ich habe gedacht, dass ist ein guter Übergang. Es ist ja heutzutage nicht so einfach, Nachfolger zu finden."

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